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Rizin-Bomber vor GerichtChat-Mitteilung an Mitwisser – „Bruder, ich bin am Ziel“

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Brandgefährlich: Noch am Tatort untersuchten Spezialisten die in der Wohnung in Chorweiler gefundenen Substanzen.

Brandgefährlich: Noch am Tatort untersuchten Spezialisten die in der Wohnung in Chorweiler gefundenen Substanzen.

Köln – Diese Aussage macht Angst: „Bruder. Ich bin am Ziel“. Den Satz schrieb der Rizin-Bomber in einer Chat-Mitteilung an einen Mitwisser nach dem Bau von biologischem Kampfstoff. Dies erklärte am Donnerstag ein Beamter des Bundeskriminalamtes (BKA) am dritten Prozesstag um den vereitelten Terroranschlag. In der Wohnung in Chorweiler seien sehr große Mengen gefährlichen Materials gefunden worden, die für eine verheerende Tat mit vielen Opfern gereicht hätten. Eine verlässliche Zahl über mögliche Opfer konnte der Beamte nicht nennen. Außerdem teilte er mit, dass der Angeklagte in Tunesien mit einem Haftbefehl gesucht wurde.

In dem Verfahren ging es am Donnerstag auch um die tragische Situation einiger Kinder der mitangeklagten Ehefrau Yasmin H. Detailliert sprach der Mitarbeiter des Jugendamtes der Zweigstelle Chorweiler über das oftmals traurige Leben der Söhne und einer Tochter. Es ging dabei um Verwahrlosung, Aufenthalte in der Kinder-Psychiatrie, mehrere Heimbesuche, häusliche Gewalt und Teenagerschwangerschaften. Als fast am Ende der Aussage der städtische Mitarbeiter über einen Sohn redet, der in der Förderschule gemobbt wird und darunter leidet, kämpft Yasmin H. (43) mit den Tränen.

Besonders gelitten hat offensichtlich auch die älteste minderjährige Tochter. Der Sozialarbeiter berichtete, dass das Mädchen sehr zurückgezogen in der Wohnung an der Osloer Straße lebte und es nicht möglich war, sie in die Schule zu schicken. Den ersten Kontakt hatte der Sozialarbeiter, als Yasmin H. im Jahr 2013 vor ihrem gewalttätigen Mann von Düren nach Köln flüchtete. Weil die älteste Tochter immer wieder den Unterricht schwänzte, meldete sich die Schule bei ihm. Das Mädchen wurde daraufhin jahrelang in verschiedensten Einrichtungen im Rheinland intensiv betreut und lebt mittlerweile bei der Schwester in Delmenhorst. Im Jahr 2018 wurde sie schwanger und war „maßlos überfordert“, wie der Sozialarbeiter sagte. Das Baby kam in Obhut des Amtes.

Der Sozialarbeiter berichtete, dass Yasmin H. am Tag der großen Razzia und Festnahme ihres Mannes am 13. Juni 2018 in Chorweiler hochschwanger war, mit dem Rettungswagen in die Klinik kam und zwei Tage später ihr sechstes Kind zur Welt brachte. Der Sozialarbeiter kümmerte sich um die zurückgebliebenen Kinder und brachte sie unter. „Da war ich ziemlich im Stress“, erklärte der Zeuge. Zu ihm sagte die Mitangeklagte: „Wie schrecklich. Jetzt weiß ganz Deutschland, dass mein Mann ein Terrorist ist.“ In welchem Umfang die Frau von den Terrorplänen und der Herstellung der Rizin-Bombe wusste, soll der Prozess zeigen. Zu dem Tatvorwurf schweigt die Frau bisher.

Im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichtes trat auch eine Mitarbeiterin der Kölner Ausländerbehörde auf. Das Amt hatte ein Visa für den Angeklagten Sief Allah H. abgelehnt. Die Sachbearbeiterin sagte, sie hatten den Eindruck, dass Yasmin H. die angebahnte Ehe ernst nehme, der Mann die Heirat aber nur nutzen wollte, um nach Deutschland zu kommen. Als Yasmin schwanger war, sahen die Ämter keine rechtlichen Möglichkeiten mehr, den Visa-Antrag abzulehnen. „Es gab gravierende Unstimmigkeiten bei den Angaben über die gemeinsamen Lebensverhältnisse“, sagte die Zeugin. So gab der Mann beispielsweise in einem Fragebogen der Ämter an, dass seine Frau keine Narben hat. Aber die 43-Jährige hat am Hals eine Narbe von einer Schilddrüsen-Operation.

Der Prozess im „Terror-Bunker“ wird am heutigen Freitag mit der Vernehmung von BKA-Beamten fortgesetzt.

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