Rocker-Krieg in Köln„Als wären wir im Wilden Westen wird hier rumgeballert“

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Polizeipräsident Uwe Jacob bei der Pressekonferenz

Köln – Den ersten Nadelstich im neuen Kampf gegen die Rockerkriminalität setzten die Ermittler am Mittwochvormittag. Polizisten durchsuchten die Wohnung des Bandido-Anführers – im Rheinauhafen. Mitgeteilt wurde die Aktion während der Pressekonferenz im Polizeipräsidium, bei der die Behördenleitung über ihre Maßnahmen berichtete. Auf einer großen Leinwand zeigten die Ermittler, wie mehrere Streifenwagen vor der edlen Wohnung des Rockers vorgefahren waren. Festgenommen wurde der Bandidos-Anführer nicht, bei der Polizeiaktion trafen die Ermittler den Mann nicht an. Ein Haftbefehl gegen Rocker bestehe nicht, hieß es von der Polizei.

In einer seit Jahren noch nie dagewesenen Offenheit berichteten Kripochef Stephan Becker und Polizeipräsident Uwe Jacob über die aufkeimende Rockerkriminalität in Köln und die erschreckenden Auswirkungen. Es sei nur ein „glücklicher Zufall, dass bisher noch niemand zu Tode gekommen“ sei, stellte Becker klar. Die Situation sei „äußerst brisant“. Kölns Kripochef gilt eher als ein Mann weniger Worte und leiser Töne, nicht als einer der markigen Sprüche.

Beim Thema „Organisierte Kriminalität“ wird unter anderem wegen der verdeckten Ermittlungen naturgemäß nicht viel preisgegeben. Hintergrund der Schießereien in Köln ist laut Becker ein sich immer weiter hochschaukelnder Konflikt zwischen den Rockerbanden Bandidos und Hells Angels. Die Bandidos dominieren in Nordrhein-Westfalen seit langem das Ruhrgebiet, im Rheinland hatten eher die Hells Angels das Sagen. Besonders die Vergnügungsmeile am Ring war das Gebiet der Hells Angels, dort hatten sie in mehreren angesagten Clubs das Sagen. In letzter Zeit aber, so erläutert Becker, hätten die Hells Angels in Köln zunehmend ihre Durchsetzungskraft und Reputation in der Szene eingebüßt. In dieses Machtvakuum wolle jetzt der Bandidos-Chef mehr und mehr vorstoßen. Die Hells Angels wehren sich allerdings mit Macht gegen ihre zunehmende Bedeutungslosigkeit und greifen ihrerseits zu Waffen. Auf Außenstehende wird dabei keine Rücksicht genommen. „Hier ist ein offener Konflikt auf der Straße entstanden, wo Unbeteiligte extrem gefährdet werden“, stellte Polizeipräsident Jacob klar. „Mitten auf Kölner Straßen wird mit großkalibrigen Waffen geschossen“, sagte er weiter.

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Die Ermittler präsentierten einen Magnum-Revolver, Kaliber 357. Diese Waffe trug der Hells-Angels-Rocker bei sich, der nach einer Schießerei am vergangenen Freitag am Breslauer Platz festgenommen wurde. Mittlerweile sitzt der Mann in Untersuchungshaft.

Vorwiegend Migranten

Mit den klassischen Rockern von früher haben diese Gruppen nach Einschätzung der Polizei aber nicht mehr viel zu tun. „Das sind ganz überwiegend Migranten unterschiedlicher Nationalitäten im Alter von etwa 40 Jahren“, erläutert Becker. Männer aus der Türkei seien darunter, aus dem Kosovo und aus Nordafrika. Die Polizei zeigt Fotos, die die Bandidos und die Hells Angels bei Treffen vor der Lanxess-Arena jeweils von sich gemacht haben. Man sieht junge dunkelhaarige, muskelbepackte Männer. Die Fotos sind vor einer großen Kick-Box-Veranstaltung gemacht worden.

Jacob beschrieb diesen Personenkreis als „Berufskriminelle“ und Männer, die unter der Flagge der Rocker ihren Geschäften nachgehen würden. Es gehe um die Türsteher-Szene, um Shisha-Bars, Drogenhandel. Manche hätten noch nicht mal ein Motorrad, oder einen Führerschein. Der Bandido-Chef, so erzählt Becker weiter, macht sich über die „Kuttenträger“-Rocker eher lustig. Für ihn seien es Männer, die „Bier trinken und Moped fahren“. Die Ermittler betonen, dass die Schießereien nicht auf eine bundesweite Zunahme der Gewaltbereitschaft in der Szene hindeuten – es handelt sich laut Jacob um einen „regionalen Kölner Konflikt“. Die Bandidos wollten die in der Domstadt geschwächten Hells Angels beerben.

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