„Denkmal hohen Ranges“Denkmalpfleger kämpft für Erhalt der Rodenkirchener Brücke

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Seit 1994 ist die Rodenkirchener Brücke sechsspurig. Nun soll sie erweitert werden oder einem Neubau weichen.

Seit 1994 ist die Rodenkirchener Brücke sechsspurig. Nun soll sie erweitert werden oder einem Neubau weichen.

  • Die Autobahn 4 im Kölner Süden soll auf acht Spuren ausgebaut werden. Ein Knackpunkt ist die Statik der denkmalgeschützten Rodenkirchener Brücke.
  • Kann sie erweitert werden? Wenn nicht, ist ein Abriss möglich?
  • Darüber sprach Klaus Müller mit dem Diplom-Ingenieur und Architekten Rasmus Radach, wissenschaftlicher Referent im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland.

Rodenkirchen – Seit wann steht die Rodenkirchener Brücke unter Denkmalschutz, und was waren damals die Beweggründe, das Bauwerk unter Schutz zu stellen?

Laut einem Schreiben der Kölner Stadtkonservatorin Hiltrud Kier wurde die Brücke im Jahr 1980 in das Denkmälerverzeichnis der Stadt Köln aufgenommen. Die Denkmaleigenschaft wurde damit begründet, dass die Brücke in Konstruktion und Form ein typischer und unverzichtbarer Zeuge für das Bauschaffen der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg darstelle und als technisches Denkmal hohen Ranges zu bewerten sei. Damit war das Bauwerk zwar als potenzielles Baudenkmal erkannt, aber noch nicht rechtskräftig geschützt.

Was bedeutet das?

Die formale Eröffnung eines Eintragungsverfahrens erfolgte unseren Akten nach am 20. Januar 1983, wurde aber offenbar durch die geplanten Maßnahmen zum sechsspurigen Ausbau der Autobahn A 4 um mehrere Jahre verzögert und erst nach der baulichen Erweiterung des Bauwerks zum Abschluss gebracht. Die rechtskräftige Unterschutzstellung erfolgte nämlich erst am 18. April 1996 durch die Bezirksregierung Köln auf Grundlage einer vertieften Bewertung.

Zur Person

Rasmus Radach ist im LVR-Amt für Denkmalpflege im Bereich der Industriedenkmalpflege tätig. Er erfasst und prüft Objekte auf ihren Denkmalwert und berät bei Instandsetzung- und Umnutzungsmaßnahmen.

Wie sah die aus?

Demnach ist die Rodenkirchener Rheinbrücke als Anschluss der westrheinischen Gebiete an das Autobahnnetz und als wichtiges Zeugnis für die Geschichte des Brückenbaus im 20. Jahrhundert von Bedeutung für die Geschichte des Menschen und für die Stadt Köln. An einer Erhaltung und Nutzung des stadtbildprägenden Brückenbauwerks besteht aus wissenschaftlichen – technik- und architekturgeschichtlichen – sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Ist die Rodenkirchener Brücke die einzige geschützte Autobahnbrücke im Rheinland? Gibt es andere, eher kuriose Beispiele?

Im Rheinland stehen neben der Rodenkirchener Brücke fünf weitere Autobahnbrücken rechtskräftig unter Denkmalschutz: die Höllenbachtalbrücke auf der A 1 bei Wermelskirchen, die Autobahnbrücke Diepmannsbach ebenfalls auf der A 1 bei Remscheid, die A 3-Autobahnbrücke bei Hilden, die A 3-Autobahnbrücke zwischen Erkrath und Hochdahl sowie die A 3- Autobahnbrücke bei Siegburg-Wolsdorf. Alle diese Bauten sind bedeutende Geschichtszeugnisse des Rheinlandes. Als Kuriosität kann keine dieser Brücken bezeichnet werden.

Markante Brücke mit düsterer Vergangenheit

Bei ihrer Einweihung am 20. September 1941 war sie die erste echte Hängebrücke Deutschlands und mit 567 Meter Länge die größte Hängebrücke Europas. Schon damals getragen von zwei portalartigen Pylonen. Ihr Name damals: „Adolf-Hitler-Brücke“. Erbaut wurde sie zwischen 1938 und 1941 nach Plänen von Paul Bonatz, Prof. Dr. Karl Schae-chterle und Dr. Fritz Leonhard, einem der bekanntesten und einflussreichsten Brückenbauer des 20. Jahrhunderts, der auch an Bau und Planung der Deutzer Brücke, Zoobrücke, Severinsbrücke und Mülheimer Brücke beteiligt war.

Im Januar 1945 besiegelte ein Fliegerangriff das Schicksal der ersten vierspurigen Rodenkirchener Autobahnbrücke. 14 Tage nach dem Bombentreffer stürzte das Bauwerk am 28. Januar 1945 ein. Der Wiederaufbau fand nach einem Sonderentwurf von Hellmut Homberg zwischen 1952 und 1954 statt und berücksichtigte die erhalten gebliebenen Pylone; die Baukosten beliefen sich auf 17,2 Millionen DM. Der neu konstruierte Fahrbahnüberbau bestand nur noch aus 3350 Tonnen Stahl, im Gegensatz zum ersten Überbau mit 6100 Tonnen.

Von 1990 bis 1994 wurde die Brücke durch einen Zwillingsbau auf der Nordseite auf sechs Spuren verbreitert und im Dezember 1994 freigegeben. Die nördlichen Pylone der vorhandenen Brücke wurden durch die Erweiterung zu Mittelpylonen.

Bis 2030 soll nun die A 4 auf acht Spuren ausgebaut werden. Ob die Rodenkirchener Brücke nochmal Mal verbreitert werden kann, wird bis Jahresende in einem Gutachten untersucht. Die Bürgervereinigung Rodenkirchen hat schon einen möglichen Abriss abgelehnt. (kmü)

Zurzeit läuft eine statische Untersuchung, ob die Rodenkirchener Brücke um zwei Fahrspuren erweitert werden kann? Wie stehen Sie zu dem Verfahren?

Für den geplanten achtstreifigen Ausbau der A 4 vom Autobahnkreuz Köln-Süd bis zum Autobahnkreuz Köln-Gremberg wird ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, um alle öffentlichen Belange in der Planung angemessen zu berücksichtigen. Dazu gehören auch e Denkmalschutz und Denkmalpflege, die in diesem Fall von der Bezirksregierung Köln als zuständige Unterer Denkmalbehörde und dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland als zuständigem Denkmalpflegeamt wahrgenommen werden. Beide Ämter sind als Träger öffentlicher Belange in das Verfahren eingebunden.

Welche Position vertreten Sie?

Im Planfeststellungsverfahren ist zu prüfen, wie die geplante Baumaßnahme mit der gesetzlichen Verpflichtung zur Erhaltung und Nutzung des Baudenkmals gemäß den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes NRW in Einklang gebracht werden kann. Grundsätzlich muss Ziel sein, die Rodenkirchener Brücke als bedeutendes Geschichtszeugnis in ihrer materiellen Substanz, Konstruktion und ihrem Erscheinungsbild authentisch für zukünftige Generationen zu bewahren.

Und wenn es die Statik nicht erlaubt?

Generell gilt, dass in diesem Fall bedarfsbezogene planerische Alternativen zu entwickeln und darzustellen sind, die auch mögliche Ertüchtigungen, Umbauten oder Ergänzungen des Baudenkmals in Betracht ziehen. Ein Abbruch ist nur dann möglich, wenn die Erhaltung des Bauwerks im Sinne des Denkmalschutzgesetzes NRW – gegebenenfalls auch unter hinzunehmenden Beeinträchtigungen – erwiesenermaßen technisch unmöglich ist; zudem fließen Fragen der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit in die Gesamtbetrachtung und Abwägung ein.

Die denkmalfachliche Bewertung der vorgelegten Planungen und Nachweise obliegt den Trägern des öffentlichen Belangs „Denkmalschutz und Denkmalpflege“ und wird in schriftlichen Stellungnahmen dargelegt. Diese sind bei der abschließenden Abwägung aller öffentlichen Belange durch die verfahrenstragende Behörde angemessen zu berücksichtigen.

Gibt es Beispiele im Rheinland oder auch bundesweit, wo der Denkmalschutz eines Verkehrsinfrastrukturobjektes aufgehoben wurde, um einen Neubau zu errichten?

Als Beispiel für den Abbruch einer denkmalgeschützten Autobahnbrücke im Bundesgebiet kann die Fechinger Talbrücke an der A 6 im Saarland genannt werden, die trotz rechtskräftiger Eintragung in die Denkmalliste nicht erhalten werden kann und in naher Zukunft einem Ersatzneubau weichen muss.

Ist es denkbar, dass die Brücke stehen bleibt und daneben eine neue errichtet wird?

Das ist ja bereits beim sechsspurigen Ausbau der Brücke durch den Zwillingsbau auf der Nordseite erfolgreich ausgeführt worden und könnte im Prinzip auch bei einem erneuten Ausbau eine mögliche Lösung darstellen. Entsprechende Planungen wären aus denkmalfachlicher Sicht dahingehend zu überprüfen, ob das Denkmal in seiner Substanz, seinem Erscheinungsbild und seinem Wirkungsraum durch einen Brückenneubau erheblich beeinträchtigt und der Zeugniswert des Baudenkmals gemindert werden würde.

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