„Zu schade zum Wegwerfen“Kölnerin rettet Lebensmittel und „fairteilt“ sie

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Eva Lotter hat Gemüse abgeholt. 

Köln-Zollstock – Eva Lotter kommt gerade von einem Supermarkt in Zollstock. Dort hat sie Lebensmittelmittel abgeholt, die noch gut, aber nicht mehr verkaufbar sind. Die bringt sie mit dem Rad zum nahe gelegenen „Fair-Teiler“ an der Türnicher Straße. Während sie ihre Taschen auspackt und Möhren, Salat, Äpfel, Champignons, Brot, Bohnen, Paprika und Kartoffeln in die zwei großen, grauen Boxen auf einem Fahrrad – das ist der Fair-Teiler – legt, kommen schon die ersten Interessenten und schauen, ob etwas dabei ist, das sie gebrauchen können.

Eine Fair-Teiler in Köln-Rodenkirchen

Die 56-Jährige engagiert sich als Foodsaverin bei der Bewegung „Foodsharing“. „Das ist der Sinn von Foodsharing. Dass Lebensmittel, die noch verzehrbar sind, nicht im Müll landen, sondern noch gegessen werden“, sagt Lotter.

Der Fair-Teiler an der Türnicher Straße – der einzige im Stadtbezirk Rodenkirchen – steht seit 2019 hier und werde sehr gut frequentiert, berichtet sie. In Köln gibt es 35 „Fair-Teiler“, einige sind wegen Corona noch geschlossen. Jeder kann sich an diesen Stellen kostenlos bedienen. Jeder kann sie auch bestücken, wobei allerdings ein paar Regeln zu beachten sind. So sollen etwa keine Kühlprodukte und keine losen Backwaren hineingegeben werden.

Virtuelle Essenskörbe im Internet

Lotter ist seit über drei Jahren als Foodsaverin unterwegs. „Als ich vor einigen Jahren von Wien nach Köln zurückfahren wollte, hatte ich noch viele Lebensmittel in der Wohnung. Über eine Nachbarschaftsplattform bekam ich mit, dass man virtuell Essenskörbe einstellen kann, die andere dann abholen“, erzählt sie. Die Idee fand sie großartig und zurück in Köln, informierte sie sich über Lebensmittelrettung und landete bei Foodsharing Köln. Sie wollte nicht nur als Foodsharer Essenskörbe ins Netz stellen, sondern sich als Foodsaverin engagieren. Dafür muss man eine Art Prüfung in Quizform ablegen und wird von bereits aktiven Foodsavern eingearbeitet. Täglich ein bis zwei Stunden ist Lotter im Einsatz, um aussortierte Ware bei diversen Supermärkten, Einzelhändlern oder Bäckereien abzuholen und zu verschiedenen Fair-Teilern zu bringen.

„Ich finde, es ist eine Schande, verwertbares, verzehrbares, gutes Essen wegzuwerfen. Zum einen bin ich so aufgewachsen, bei uns zu Hause wurde nie Essen weggeworfen. Aber auch, wenn man überlegt, wie viel Energie und Zeit hingesteckt wird, um Lebensmittel zu produzieren, ist es schlimm, wenn sie achtlos im Müll landen, obwohl sie noch gut sind“, beschreibt die studierte Archäologin ihre Motivation.

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Die Bewegung „Foodsharing“, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und ein nachhaltiges Ernährungssystem einsetzt, wurde 2012 in Berlin gegründet. Allein in Deutschland werden jedes Jahr laut Foodsharing bis zu 20 Millionen Tonnen essbare Lebensmittel weggeworfen.

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Die Organisation läuft über die Website der Bewegung. „Jeder bestimmt selbst, wie viel Zeit er einbringen will, ob er mit dem Rad fährt oder mit dem Auto“, erläutert Lotter. Bei Foodsharing Köln sind knapp 6000 Menschen angemeldet, als Foodsaver sind zwischen 1000 und 15000 aktiv, schätzt sie. Foodsharing vereinbart mit Betrieben – vor allem Supermärkten und Bäckereien – Verträge über feste Abholtage. 

Lebensmittel retten in Köln

Weitere Infos zu Foodsharing Köln, den Verteilerstellen und Möglichkeiten, mitzumachen gibt es auf der Website. www.foodsharing.koeln

Nicht von Foodsharing organisiert, aber mit dem gleichen Ziel, gibt es die App „Too Good To Go“. Hier bieten Hotels, Restaurants und Bäckereien günstig ihre Essensreste des Tages an. In Köln gibt es zudem den Laden „The Good Food“ in Ehrenfeld und in Sülz, der vor dem Müll gerettete Lebensmittel anbietet. Jeder zahlt, was er möchte.

Lotter ist nicht nur Foodsaverin, sondern auch Foodsharing-Botschafterin. „Das bedeutet, dass ich die Einarbeitungen von Neuen koordiniere und Lebensmittelhändler anspreche, ob sie bei der Bewegung mitmachen wollen“, erklärt sie. Die Bedürftigkeit der Empfänger spielt keine Rolle. „Es ist natürlich schön, wenn Menschen geholfen werden kann, aber an erster Stelle geht es bei uns um Nachhaltigkeit und Umweltschutz“, betont Lotter. Die Fair-Teiler werden täglich von Foodsavern gereinigt und falls etwas während des Liegens verdorben sein sollte, wird es aussortiert. „Diese Lebensmittel bringe ich zum Tierheim in Zollstock oder zum Lindenthaler Tierpark. Die können vieles noch verwerten“, sagt Lotter.

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