Schießerei auf dem SudermanplatzProzess beendet – Polizist kann im Dienst bleiben

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Der Tatort am Sudermannplatz

Der Tatort am Sudermanplatz 

Köln – Das Gericht hatte den Saal bereits verlassen, als es plötzlich zu einem Gänsehaut-Moment auf Saal 210 des Landgerichts kommt: Der Nebenkläger (22) und der gerade wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilte Polizist (46) stehen einen Moment beisammen, wechseln ein paar Worte und reichen sich versöhnlich lächelnd die Hände. Ein Resultat, das nicht ohne Weiteres zu erwarten war, hatte der Nebenkläger doch während des Verfahrens eine Entschuldigung des Angeklagten demonstrativ ausgeschlagen, weil sie nicht „von Herzen“ gekommen sei. Am Prozessende herrschte also doch Rechtsfrieden, eine beachtliche Leistung, zu der die 10. Große Strafkammer unter Vorsitz von Dr. Peter Sommer mit einer sachlichen und ruhigen Verhandlungsführung maßgeblich beigetragen hatte.

Schüsse waren laut Gericht nicht gerechtfertigt

Nach acht Verhandlungstagen kam das Landgericht am Freitag zu dem Ergebnis, dass die Schüsse des Angeklagten auf den Geschädigten in einem Getränkemarkt am Sudermanplatz im Juli 2019 nicht gerechtfertigt waren. Der angeklagte Zivilfahnder hatte den damals wegen Raubes per Haftbefehl gesuchten 19-Jährigen nach einem fehlgeschlagenen Festnahmeversuch auf der Krefelder Straße verfolgt und schließlich im Hinterhof des Getränkemarktes mit gezückter Waffe gestellt. Trotz der Bedrohung versuchte der junge Mann aber erneut Reißaus zu nehmen, woraufhin der Angeklagte fünf Mal schoss, drei Kugeln trafen den jungen Mann und verletzten ihn schwer. Aus Sicht des Gerichts waren die Schüsse nicht gerechtfertigt, weil der Angeklagte den Gebrauch der Schusswaffe nicht „nochmal gesondert verbal angekündigt“ hatte. „Aber wir können gut reden nach acht Verhandlungstagen. Sie hatten nur einige Sekunden für Ihre Entscheidung“, in seiner Situation „voller Druck und Adrenalin“, sagte der Vorsitzende weiter.

„Sekundenversagen“ mit schwerwiegenden Folgen

Es habe sich um ein „Sekundenversagen“ gehandelt, das beim Nebenkläger „einen ziemlich schweren Schaden hinterlassen“ habe. Ein Steckschuss zertrümmerte den Oberschenkelknochen des Nebenklägers. Das hat zur Folge, dass das Bein nun anderthalb Zentimeter verkürzt ist. Dass die beiden Durchschüsse an Nacken und Rückenflanke den Nebenkläger nicht getötet hatten, bezeichnete Sommer als „glückliche Fügung“.

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Mit der Strafe ist der 46-Jährige, sollte das Urteil rechtskräftig werden, zwar vorbestraft, hat aber keine Entfernung nach Beamtenrecht aus dem Dienst zu befürchten. Dennoch könnte die Polizeibehörde disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen den 46-Jährigen ergreifen. Dazu gehören beispielsweise eine Versetzung oder eine Degradierung.

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