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Schulstart in KölnKomplizierte Leitsysteme und getrennte Klassen

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Schüler müssen auf Pausenhöfen und im Gebäude Abstand halten.

Schüler müssen auf Pausenhöfen und im Gebäude Abstand halten.

  • Der erste Präsenztag nach dem Shutdown startete verpflichtend für viele Absolventen der Berufskollegs
  • Die Wiedereröffnung wurde am Gutenberg-Kolleg die Wiedereröffnung geplant.
  • Martina Windrath berichtet, wie das gelaufen ist.

Köln – „Schön, dass Sie wieder da sind!“, steht auf einem Schild am Eingang des Erich-Gutenberg-Kollegs. Der erste Schultag nach dem Zwangsstopp wegen der Corona-Pandemie fühlt sich jedoch an der eigentlich vertrauten Schule „irgendwie surreal an“, sagt ein Schüler mit gedämpfter Stimme. „Wie im falschen Film.“ Jugendliche begegnen sich auf Distanz statt mit fröhlicher Umarmung, Ellbogen-Check und Wuhan-Begrüßung, mit Füßen. Freunde stehen auf getrennten Pausenhöfen an rot-weißen Flatterbändern wie an einer geschlossenen Grenze, findet Politiklehrerin Alexandra Ehlers, die gerade Aufsicht hat. „Die Schule ist ja ein Ort der Begegnung, mit warmherzigen Menschen.“ Zwei Meter Abstand halten, das fällt dabei vielen schwer.

Für zigtausende Schüler von Abschlussklassen an weiterführenden Schulen startete am gestrigen Donnerstag wieder der Unterricht vor Ort – mit strengen Regeln. Je nach Schule gibt es individuelle Organisations-Pläne. Früh um sieben Uhr stehen schon Lehrer am Berufskolleg in Buchheim parat für den ersten Präsenz-Unterrichtstag seit Mitte März. Mit gemischten Gefühlen und gespannter Erwartung. Im Foyer stehen Tische, an denen die Jugendlichen ihre Hände desinfizieren, dann beginnt der Corona-Parcours. Aufsichtskräfte achten darauf, dass es kein Geknubbel gibt.

Leitsystem auf den Boden geklebt

Ausgeklügelte Leitsysteme mit Einbahnstraßen- und Stoppschildern weisen den Weg in die Schule, gelb-schwarze Klebestreifen markieren die einzuhaltenden Abstände. Hygiene-Richtlinien und Abstandsgebote geben die Verkehrsregeln vor für die Klassen auf drei Etagen, mit drei eigenen Wegen und Pausenhöfen. „Wir haben so geplant, dass wir das Ganze gut handeln können bei Einhaltung der Hygiene-Vorschriften und mit Rücksicht auf die räumlichen Gegebenheiten“, sagt Schulleiter Dr. Rolf Wohlgemuth.

„Viele Kollegen haben sich in den letzten Tagen ein Bein ausgerissen, um das hier zu stemmen.“ „Wir sind uns bewusst, dass die Schulöffnung mit vielerlei Unsicherheiten einhergeht“, sagen Pädagogen und haben das vor dem Start auch an die Schüler und Kollegen gemailt. „Manche fragen sich vielleicht, wie risikoreich es ist.“ Die Schule hat viele Maßnahmen getroffen, verschickte Info-Videos und Mails.

Generalstabsmäßige Planung im Vorfeld

Mit dem Krisenteam wurde die erste Etappe der landesweiten Wiederöffnung der weiterführenden Schulen für Abschlussjahrgänge (verpflichtend) und Abiturienten (freiwillig) am Kölner Kolleg generalstabsmäßig geplant. „Wir haben ein recht junges Kollegium, der Ausfall an Lehrkräften, die zu Risikogruppen gehören“, so Wohlgemuth, er betrage dort etwa 12 bis 14 Prozent der Lehrkräfte. An anderen Kollegs in Köln seien es doppelt so viele oder auch mehr.

Der erste Präsenztag nach dem Shutdown startete verpflichtend für viele Absolventen der Berufskollegs – eine Schulform, die fast nur aus Abschlussklassen besteht. Dazu gehören unter anderem die dualen Ausbildungsgänge, Höhere Handelsschule mit Fachabitur, Fachoberschule und Wirtschaftsgymnasium. Am EGB werden zum Einstieg in den nächsten Wochen rund 350 Jugendliche im Präsenzunterricht beschult.

Jede der Klassen ist auf zwei Räume verteilt, damit nicht mehr als zwölf dort sitzen. Seife und Handtücher liegen an den Waschbecken parat. Auf den letzten Drücker kam eine große Ladung Desinfektionsmittel an. Es wird empfohlen, außerhalb der Klassen Mundschutz zu tragen. Aber nicht alle haben oder wollen eine Maske.

Gesundheit hat Vorrang

„Vorrangig geht es um die Gesundheit aller Beteiligten und dass wir mit vertrauten Fachlehrern eine gute Prüfungsvorbereitung geben!“, betont der Schulleiter. Die Organisation war aufwendig. Stress gab es im Vorfeld durch kurzfristig immer wieder neue Anweisungen vom Land, die umzusetzen waren – und dann doch wieder geändert werden mussten.

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Unterschiedlich kamen die Schüler mit dem Home-Schooling zurecht, trotz des Digital-Schwerpunkts an der vielfach ausgezeichneten Schule gab es auch Schwierigkeiten. Einige kamen gut oder in Einzelfällen sogar besser klar als vor Ort, andere tauchten völlig ab und müssen nun „wieder eingesammelt werden“, so ein Pädagoge.

Der Probelauf bis vorerst 4. Mai ist für das EGB gut gestartet, bilanziert der Schulleiter am Ende des ersten Tages im engen Corona-Korsett. Beim Sicherheitsabstand soll die Kontrolle noch nachjustiert werden.

Wie es auf längere Sicht weitergeht, weiß allerdings noch keiner. Alle insgesamt rund 2300 Schülerinnen und Schüler auf einmal in dem Gebäude unter diesen Bedingungen unterrichten zu wollen, so Wohlgemuth, „das wäre illusorisch“.

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