Schutz der Älteren vor CoronaSollte Köln auf das „Tübinger Modell“ setzen?

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Tübinger Modell

Tübingen bietet seinen Bürgern seit Wochen kostenlose mobile Schnelltest-Zentren wie hier auf dem Rathausplatz an.

Köln – Das „Tübinger Modell“ hat für Schlagzeilen gesorgt – auch weil Erfolge nachgewiesen werden konnten. Tübingen meldete, dass von September bis Mitte Dezember keine Corona-Infektionen bei den Über-75-Jährigen in seinen städtischen Alteneinrichtungen auftraten. Ziel des Modells ist, vor allem Maßnahmen zum Schutz der älteren Menschen in der Gesellschaft zu entwickeln (siehe Interview). Warum also nicht Elemente dieses Modells übernehmen? Die Rundschau hat bei der Stadt Köln nachgefragt.

Die massive Einführung von kostenlosen Corona-Schnelltests vor Seniorenheimen und auf Marktplätzen, wie es das Tübinger Modell vorsieht, wird Köln wohl nicht übernehmen. „Ein negatives Schnelltest-Ergebnis darf keinesfalls dazu führen, dass Eltern oder Großeltern bedenkenlos besucht werden“, begründet die Stadt. Die Befürchtung: Da Corona-Schnelltests nicht die gleichhohe Ergebnissicherheit haben wie die seit dem Frühjahr eingesetzten PCR-Tests, könnten die Getesteten zu einer gesundheitlichen bis tödlichen Gefahr für die Angehörigen werden.

Die Gesundheitsbehörden in Tübingen und im Landkreis sind hingegen davon überzeugt, dass sie mit dem häufigen Einsatz der Antigen-Schnelltests die Ansteckungsrate senken und damit bei Betrachtung der Inzidenzzahlen auch Erfolg haben. Und sie lassen sich das auch etwas kosten: Der Tübinger Gemeinderat hat 250 000 Euro für Schnell-Tests in Seniorenheimen zur Verfügung gestellt.

In diesem Zusammenhang wird die Stadt Köln folgerichtig auch nicht den Erweiterungsplänen Tübingens für kostenlose Corona-Schnelltests folgen. Denn wenn es nach der dortigen Pandemiebeauftragten und Ärztin Lisa Federle geht, sollen beispielsweise auch in Apotheken, bei ambulanten Pflegediensten und Physiotherapien sowie ehrenamtlichen DRK-Teams und in sonstigen Hilfsorganisationen Schnelltests kostenlos angeboten werden.

CDU will mögliche Maßnahmen erst prüfen

Darüber hinaus versucht Tübingen das Einkaufsverhalten an die Pandemie anzupassen: An den Vormittagen zwischen 9 und 11 Uhr sollen möglichst nur die älteren Kunden ihre Besorgungen machen. Die Jüngeren sind danach an der Reihe. Den Appell, sich an die Zeiten zu halten, richtet die Tübinger Stadtverwaltung regelmäßig an ihre Bürger. Die Stadt Köln verweist hier auf die von Corona-Hilfsinitiativen organisierten Nachbarschaftshilfen, die die Einkäufe zum Schutz der älteren Mitmenschen übernehmen können.

Beim Thema „Masken“ verteilt Tübingen zielgerichtet und kostenlos die sichereren FFP2-Masken an besonders gefährdete Corona-Risikogruppen – insbesondere, um wieder ältere Menschen zu schützen. Die Stadt Köln setzt hier auf die bundesweite Regelung, dass die Betroffenen sich in Eigenregie in Apotheken kostenlos ihre FFP2-Masken bestellen können.

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Auch die Kölner Politik hat sich zum Tübinger Modell geäußert: „Ich bin sehr dafür, sich Best-Practice-Beispiele aus anderen Städten genau anzuschauen und auch zu übernehmen“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat, Christiane Martin. Sie schränkt jedoch ein, dass sich in einer kleineren Stadt wie Tübingen die getroffenen Maßnahmen leichter umsetzen lassen als in einer Millionenmetropole wie Köln. Ihr Partner im Rat, die CDU, teilte der Rundschau mit, dass man Elemente des Modells erst einmal prüfen möchte.

Passend dazu hat die FDP einen Dringlichkeitsantrag für den kommenden Gesundheitsausschuss gestellt: Danach sollen Senioren über 80 kostenlos mit dem Taxi termingerecht ins Impfzentrum fahren dürfen. Nach den Aussagen der Fraktionsspitzen von Grünen und SPD ist dafür auch ohne die Christdemokraten eine breite Mehrheit wahrscheinlich. Auch diese Maßnahme ist ein wichtiges Element des Tübinger Modells. Ziel sei es, immobile Menschen im hohen Alter zu unterstützen und auch die mobilen älteren Bürger vor möglichen Infektionen in Bussen und Bahnen zu bewahren. Zudem werden die gebeutelten Taxifahrer unterstützt.

Mittlerweile hat sich auch die Seniorenvertretung des Bezirks Innenstadt zu einigen der genannten Themen kritisch geäußert. „Ältere Menschen fühlen sich seitens der Stadt nicht gut informiert, wie sie zum Impfzentrum gelangen können und ob es kostenlose Masken gibt“, teilt die Seniorenvertretung mit.

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