Selbsthilfegruppe zu KontaktverbotWenn Großeltern ihre Enkel nicht sehen dürfen

Lesezeit 3 Minuten
Vertrauensverhältnis: Zwischen Enkeln und Großeltern geht es oft besonders herzlich zu.

Vertrauensverhältnis: Zwischen Enkeln und Großeltern geht es oft besonders herzlich zu.

Köln – 20 Minuten mit dem Auto liegen zwischen Oma und Opa und ihren Enkeln, und doch haben sie sich seit fünf Jahren nicht gesehen. Dabei würden die Großeltern so gerne – aber die Schwiegertochter erlaubt es nicht. Warum? „Wir wissen es einfach nicht.“

Jetzt sitzt das Ehepaar beim monatlichen Treffen der Bundesinitiative Großeltern in Köln und schüttet anderen mit ähnlichen Geschichten sein Herz aus: Vor sechs Jahren ist ihr Sohn gestorben. Und bald danach hat seine Frau jeglichen Kontakt ihrer zwei Kinder zu den Schwiegereltern unterbunden. „Erklärt es euch selbst“, sage sie nur, wenn sie nach dem Grund fragten. Dabei habe gerade der Enkel so eine gute Beziehung zum Opa gehabt. Heute sei er zehn, die Enkelin sieben: „Sie wird sich gar nicht an uns erinnern.“

Wohl der Großeltern wenig im Blick

Geschichten wie diese hat Annemie Wittgen (70) schon viele gehört. Sie leitet seit fünf Jahren zusammen mit Margot Flink die BIGE-Gruppe in Köln und Euskirchen. Häufig sei die Trennung der Eltern die Ursache, und meist würden „die Eltern des Mannes bestraft“. Aber auch Meinungsverschiedenheiten über Erziehung oder simple Missverständnisse könnten dazu führen, dass Väter und Mütter sogar den eigenen Eltern den Umgang mit ihren Enkeln verwehrten. „In manchen Familien kann man reden, in anderen nicht“, bringt eine Teilnehmerin es auf den Punkt.

„Und wir leiden,“ sagt eine andere, „aber das wird nicht wahrgenommen“. Annemie Wittgen bestätigt das: „Wir sind alle psychisch und physisch krank, durch die Bank.“ Da sei die Wut, die Verzweiflung, die Schlafstörungen. Doch wohin in der Not? Jugendämter und Erziehungsberatungsstellen hätten vor allem das Wohl der Eltern und Kinder im Blick, nicht der Großeltern. Dabei findet Annemie Wittgen, dass Oma und Opa für ein Kind wichtig sind und gerade in Krisenzeiten wertvolle Hilfe bieten können: „Wir möchten, dass alle Kinder das Recht auf Umgang mit ihren Großeltern haben.“

Geschenk zum Geburtstag des Kindes kommt zurück

Betroffenen rät sie, Geduld zu haben, nicht aufzugeben und immer wieder den Kontakt zu suchen. Einen Brief zu schreiben, aber ohne darin Vorwürfe zu erheben. „Nicht viele Worte machen, nur sagen, dass man sich wünscht, im Gespräch zu bleiben. Dass man nur das Beste wollte – wenn es falsch gewesen sei, was man gemacht habe, tue es einem leid.“

Sie selbst hält alle Erlebnisse in einem Tagebuch fest. Die Sehnsucht nach dem Enkelkind. Das Geschenk, das sie gerade zum Geburtstag geschickt hat, und das zurückgekommen ist. Aber manchmal wendet sich auch alles zum Guten. Margot Flink bekam über eine Mediatorin wieder Kontakt zu ihrer Tochter, nach drei bis vier Jahren Funkstille. Den Tipp bekam sie in der Selbsthilfegruppe. Jetzt gibt sie ihn gerne weiter, zusammen mit der Erkenntnis: „Du darfst dich selbst nicht als Opfer sehen.“ Die anderen haben Fragen: „Gab es eine richtige Aussprache?“ „Nee, das fang’ ich erst gar nicht an.“ Nach vorne sehen, Vergangenes ruhen lassen, sei die Devise. Denn „wenn ich ehrlich bin, hab’ ich meins dazu getan“.

Auch einer anderen Teilnehmerin hat eine Mediatorin geraten, „kleine Brötchen zu backen“. Sie ist noch ganz aufgewühlt, weil sie ihren Enkel nach acht Jahren erstmals wieder gesehen hat – die Eltern erlaubten ihr immerhin einen Blick durchs Fenster.

Die Selbsthilfegruppe „Bundesinitiative Großeltern“ trifft sich in Köln jeden dritten Montag im Monat, 14.30 Uhr, im Haus der Selbsthilfe beim Paritätischen Wolhfahrtsverband, Marsilstein 4-6. Weitere Informationen unter der Telefonnummer 02251/147101.

Rundschau abonnieren