Sherlock Holmes die Stimme gebenDas ist Gerd Kösters neuestes Projekt

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Gerd Köster in der Kölner Südstadt.

Köln – Als Gerd Köster seinen Söhnen früher vorgelesen hat, spürte er, welche Kraft Texten innewohnen kann. Es faszinierte ihn, wie allein durch Stimmakrobatik Worte zum Leben erweckt werden können. Damals gruselte, beruhigte und bespaßte der Kölner seine kleinen Jungen in der Freizeit.

Erst Werner Köhler ermutigte ihn dazu, seine Leidenschaft zu professionalisieren. Köhler, Mitbegründer des Literaturfestivals lit.Cologne, überredete Köster zu einer Benefiz-Lesung in der Mayerschen Buchhandlung. Seitdem liest der Sänger dort regelmäßig, ist fester Bestandteil der Literaturveranstaltung und auch im März mit dabei.

Gerd Köster widmet sich Sherlock Holmes

Seit neustem widmet sich der 65-Jährige den Geschichten von Sherlock Holmes. Vor allem die allererste Übersetzung der Abenteuer hat es Köster angetan. „Die alten Übersetzungen haben für mich mehr Charme.“ Die Wörter seien häufig verschroben und nicht mehr gebräuchlich, aber genau das mache es aus. Außerdem werde dort nicht auf politische Korrektheit geachtet. Köster findet es wichtig, einen authentischen Eindruck zu hinterlassen.

Anfang des 19. Jahrhunderts habe es keine vorauseilende Konformität gegeben. Die Geschichten seien „nicht glattgebügelt“ – das reizt den Hörbuchautor, der auch in der kölschen Mundart das Ungehobelte gerne zum Ausdruck bringt.

„Populärmusik aus Vittula“ ist Kösters Liebling

Kösters eingesprochenes Lieblingsbuch ist „Populärmusik aus Vittula“ von Mikael Niemi. Der bis heute bestverkaufte schwedische Debütroman fesselte Köster sofort. Er sagt: „Es gibt unheimlich viel zu lachen. Es ist berührend. Bisschen ekelig hier und da, aber Niemi schreibt es eben so, wie es ist.“

Außerdem erinnert den 65-Jährigen die Geschichte der Figuren stark an seine eigenen Jugendjahre. Die beiden Hauptcharaktere des Buches stammen aus einem kleinen Ort in Schweden und verfolgen den unrealistischen Traum einer Musikkarriere. Köster stammt ursprünglich aus Nippes und musste sich gegen viele Stimmen durchsetzen. Auch das erste Live-Konzert der Romanfiguren und ihr Dialekt weisen einige Parallelen zu dem Kölner auf.

Auch andere Romane haben es dem Hörbuchsprecher angetan. Unter anderem „Stadt der Diebe“ von David Benioff. Er bezeichnet ihn als „eine Art jugendlicher Schelmenroman in bitteren Zeiten“. Köster fasziniert es, wie es Benioff schafft, die Lage des Zweiten Weltkrieges mit einer Portion Humor zu verknüpfen. Ebenso werde er sein allererstes Hörbuch „Regenroman“ von Karen Duve nie vergessen. Dieser ist düster, gewaltvoll und beängstigend, werde aber immer einen besonderen Platz in Kösters Herzen haben.

Gerd Köster nennt Konzerte „Vitamin für die Seele“

Über seinen Facebook-Account veröffentlicht Köster regelmäßig Links zu allen bekannten Audioportalen, sodass man seine Hörbücher downloaden kann. Auch in Zukunft plant der Kölner Großes. Er wünscht sich, demnächst die Abenteuer von Huckleberry Finn und Tom Sawyer von Mark Twain einzulesen. Allerdings befindet er sich zurzeit noch in einem Zwiespalt. Schließlich steht Twain wie andere Autoren unter Rassismus-Verdacht. Ob sein Werk ohne Überarbeitung oder Anmerkungen vertont werden darf, ist längst Fortsetzungsstoff für die Feuilletons.

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Und wie gelingt der Wechsel zwischen der Stimme für die Literatur und der Stimme auf der Bühne? Köster bezeichnet Konzerte als „Vitamine für die Seele“ und eine „gestandene Sucht“. Dem Multitalent fehle der Adrenalinkick aufgrund der Corona-Lage sehr. Sobald die Pandemie es zulasse, möchte er sich auch dieser Leidenschaft wieder widmen.

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