Abo

Show BohemiaCirque Bouffon begeistert mit digitaler Premiere

Lesezeit 4 Minuten
Ausgelassene Stimmung herrschte, als die Künstlerinnen und Künstler des Cirque Bouffon sich nach der Premiere verabschiedeten.

Ausgelassene Stimmung herrschte, als die Künstlerinnen und Künstler des Cirque Bouffon sich nach der Premiere verabschiedeten.

Köln – Eine Ankündigung auf Deutsch und Französisch vor dem Zelt des Cirque Bouffon erinnert die Zuschauenden daran, wo sich die Artisten bei der Premiere der Show Bohemia befinden: vor dem Schokoladenmuseum. Im Zelt begrüßt Zirkusdirektor Frédéric Zipperlin die Gäste mit den Worten: „Es wäre schön, Sie hier zu haben.“ Als die ersten Töne von Anja Krips erklingen, erfüllt ihr Gesang nicht nur das Zelt, sondern auch die Zimmer der über 300 Gäste. Die sitzen, nicht wie erhofft, auf den Bänken um die Bühne gedrängt, sondern zuhause. Die Ur-Aufführung von Bohemia muss per Livestream stattfinden.

Der Mittelpunkt der Show ist zunächst ein kleiner hölzerner Wohnwagen, der auf der Platte der Manege steht und sich drehen lässt. Während verträumte Musik weiter das Zelt erfüllt, schauen fünf Maskierte aus den Fenstern heraus. Ein Mann, fegte zu Beginn noch die Bühne, es ist nicht klar, ob das schon zur Show gehört. Jetzt schiebt er den Wagen an. Es ist Antonin Wicky, der clownesk durch die Aufführung leitet und die verschiedenen Elemente der Künste sympathisch verbindet. Noch während die Musik spielt, haken die Künstlerinnen und Künstler den nun leeren Wohnwagen ein und ziehen ihn mit Seilwinden an die Decke des Zeltes. Die Manege ist frei.

Nachgeschaut

Die Premiere der Show Bohemia kann bis Sonntag, 9. Mai, 24 Uhr angeschaut werden. Tickets gibt es ab 29 Euro. www.streamyourartist.de

Jochen Schell verzaubert damit, dass er so gut wie jeden Gegenstand balancieren kann: große Kreisel auf Kopf, Schulter, Finger, Knie und Fuß oder auf der Spitze eines Säbels. Später schwingt er tellergroße Reifen mit schnellen kurzen Bewegungen, so dass sich die Anzahl der Reifen für das Auge verdoppelt. Wicky sorgt mit simplen Gegenständen für Lacher, wie einem Tisch, der immer wieder die Beine verliert. Seine ausdrucksstarke Gestik, Mimik und das Geschimpfe auf Französisch, lassen die Zuschauenden mitfühlen, wenn ihm wieder etwas missglückt.

Auch akrobatisch hat die Show einiges zu bieten. Ezra Weil haucht dem Seil, an dem er später durch die Lüfte turnt, durch eine simple Schlaufe Menschlichkeit ein. Die Schlaufe wirkt wie ein Kopf, und während Weil scheinbar ungeschickt nach oben stolpert, lässt er die Luftakrobatik unfassbar leicht aussehen. Nicht nur Wicky, auch die Musik leitet durch den Abend. Sergej Sweschinski lässt sich von dem Clown nicht beirren, als dieser ihn nachmacht und beeindruckt mit den Rhythmen, die er auf seinem Kontrabass hervorbringt, mal traurig stimmend, mal beschwingend.

Beim Zuschauen stockt der Atem

Angelique Cabanes und Katherina Dzialas wirbeln an einem Trapez umher, zwischenzeitlich hält eine die andere nur an einem Fuß fest. Bei solchen Szenen lässt es sich auch von zuhause aus nicht wegschauen. Antonin Wicky sorgt ebenso für Atemaussetzer, als er Kisten auf einen dreibeinigen Tisch stapelt, um an das Trapez zu kommen. An diesem hängt er mehrere Minuten, weil seine Kollegen ihn ärgern und die wackelige Konstruktion wegräumen.

Danach gibt es eine etwa 20-minütige Pause. Eine Gelegenheit für die Zuschauenden durchzuatmen und einen Snack aus der Küche zu holen. Im Zelt wäre jetzt wohl der Geräuschpegel angestiegen, wenn die Gäste aufstehen, um sich die Beine zu vertreten oder sich über das Gesehene auszutauschen. Auch in der zweiten Hälfte des Programms werden die Zirkus-Fans mit Akrobatik, Musik und Humor an den Bildschirm gefesselt, bis der Wohnwagen wieder von der Decke gelassen wird.

Nun ist klar, die Show ist gleich zu Ende. Doch alle Künstlerinnen und Künstler kommen noch einmal in die Manege und verabschieden sich mit Sang und Klang. „Wir vermissen euch, wir wollen euch wiedersehen“, sagt Anja Krips abschließend. Als der Bildschirm schwarz wird, ist die Show vorbei. An eine Premiere vor Ort, kommt ein Livestream nicht heran. Doch der Cirque Bouffon hat es auch digital geschafft, die Zuschauenden für über zwei Stunden in eine andere Welt zu entführen.

Rundschau abonnieren