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Soundscaping gegen MüdigkeitComevis entwickelt in Köln typische Klänge für Marken

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Im Tonstudio werden die Klänge aufeinander abgestimmt. Stephan Nölke hat Comevis vor 17 Jahren gegründet.

Im Tonstudio werden die Klänge aufeinander abgestimmt. Stephan Nölke hat Comevis vor 17 Jahren gegründet.

Leise Musik erklingt aus den Lautsprechern. Lange Töne, gleichförmig, harmonische Wechsel. Eigentlich bemerkt man sie kaum. Aber sie schaffen eine „Wohlfühlatmosphäre“, wie Stephan Nölke (53), Geschäftsführer von Comevis, erklärt: „Sehr erfolgreich bei Bewerbungen.“ Er dreht den Lautstärke-Regler auf Null. Sofort ist etwas anders in dem modern eingerichteten Geschäftsraum mit den vielen Audio-Boxen. „Viele Menschen realisieren die Musik gar nicht bewusst“, sagt Stephan Nölke. Wahrgenommen wird sie trotzdem: „Man kann wegsehen oder etwas übersehen. Aber man kann nicht weghören.“

Koffer-Klacken von Rimowa aufgenommen

Comevis wurde letzte Woche mit dem Unternehmerpreis ausgezeichnet. Der Kölner Wirtschaftsclub e.V. würdigte, dass Comevis sich zum Standort Köln bekennt, sich auf dem Markt behauptet und mit Ideen überrascht. Stephan Nölke und sein Team entwickeln seit 17 Jahren „akustische Marken-, Vertriebs- und Servicekommunikation“. Was etwas sperrig klingt, bedeutet zum Beispiel, dass eine Marke hörbar gemacht wird.

Beim Kölner Kofferhersteller Rimowa etwa wurde das Klacken der Schlösser in die Unternehmens-Melodie aufgenommen. „Das bietet sich einfach an, wenn ein Unternehmen ein haptisches Produkt hat“, sagt Stephan Nölke. Durch einen Fanshop von Borussia Dortmund werden die Kunden mit einem „hörbaren Stadiongefühl“ begleitet, inklusive Ansprache in der (Umkleide-) Kabine („Schuhe zubinden, Trikot überstreifen. Entscheidend is aufm Platz.“). Auch für den 1. FC Köln ist Comevis aktuell tätig.

Soundscaping statt Brummen gegen Müdigkeit

Mehr als 15 Mitarbeiter, darunter auch Musikwissenschaftler, entwickeln Klangideen. Das ist nicht gleichbedeutend mit Dauerbeschallung – ganz im Gegenteil: „Die Welt war noch nie so laut wie heute“, sagt der Geschäftsführer. „Unsere Kernfrage ist: Wollen wir noch lauter werden oder wollen wir intelligenter mit Klang umgehen?“ Vor einiger Zeit wandte sich ein Unternehmer an ihn, weil die Mitarbeiter immer müde wurden. Comevis stellte fest, dass die Lüftungsanlage ein monotones, einschläferndes Geräusch produzierte. Jetzt ist dort statt des Brummens ein sanftes „Soundscaping“ zu hören.

Stephan Nölke stammt aus einer musikalischen Familie, lernte Klavier spielen und war als gelernter Kaufmann 13 Jahren in der Digitalwirtschaft tätig. Dann machte er aus der Liebe zur Musik einen Beruf. Inzwischen ist auch sein Sohn bei Comevis. „Die ersten zehn Jahre haben wir missionarisch gearbeitet“, sagt Stephan Nölke. Unternehmen steckten riesige Summen in Markenwerbung, aber das Hörerlebnis wurde „sträflich vernachlässigt“. Inzwischen gewöhnen Menschen sich an vernetzte Geräte mit Sprachsteuerung. „Audio ist so wichtig wie noch nie.“

Hintergrundmusik, akustische Markenführung, Entwicklungen für Sprachsteuerung: „Man kennt uns europaweit.“ Zehn Millionen Hörkontakte gebe es täglich mit Comevis-Klängen. Die meisten entstehen digital am Computer, aber manchmal wird live aufgenommen. Kürzlich wurden zahlreiche E-Gitarren probegespielt – bis der perfekte Sound gefunden war.

comevis.com

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