Stadtarchiv-EinsturzProzess geht ans Eingemachte – Bauleiter stundenlang befragt

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Zwei Bauleiter sagen aus: der vom Schlitzwandbau (2.v.l.) und sein Kollege (r.), der später das Gleiswechselbauwerk errichtete.

Zwei Bauleiter sagen aus: der vom Schlitzwandbau (2.v.l.) und sein Kollege (r.), der später das Gleiswechselbauwerk errichtete.

Köln – Im Strafprozess zum Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln hält das Gericht das hohe Tempo vom Eröffnungstag: Unter Vorsitz von Richter Michael Greve brachte die 10. Große Strafkammer gestern in stundenlanger Befragung der zwei angeklagten Bauleiter den kompletten Ablauf eines Schlitzwandbaus in Erfahrung. Obgleich „ganz allgemein“ nach dem Bau von Lamellen gefragt wurde, ging es immer wieder auch darum, wie Lamelle 11 entstand – also die Schlitzwand, die laut Anklage durch Pfusch zur Ursache des Archiveinsturzes wurde und zwei Menschen den Tod brachte. Welches Blech, und welcher Greifer, in welcher zeitlichen Abfolge? Zu allem gab es Antworten.

So kam etwa heraus, dass Polier und Baggerfahrer selbst entschieden, wann sie eine Lamelle betonierten. Auf die Unterschrift des Bauleiters mussten sie nicht warten, zumal der ohnehin die Daten beim Polier erfragte. „Sie sahen doch an den Messdaten am Gerät im Bagger, ob die Lamelle o.k. war. Bei einer Auffälligkeit hätten sie das wohl gemeldet“, erklärte der Bauleiter. „Und woher wollen Sie wissen, dass der Polier dabei war?“, fragte der Richter. „Der Polier geht beim Betonieren nie Kaffee trinken. Der ist dann immer dabei, “ antwortete der Bauleiter.

Ersatzschaufel taugte nicht zum Bauen

Aus seiner Befragung weiß das Gericht nun, dass alle Lamellen am Waidmarkt mit einer eckigen Schaufel von 3,40 Metern Breite ausgehoben wurden – außer Lamelle 11, bei deren Aushub die Schaufel so stark beschädigt wurde, dass sie nicht vor Ort repariert werden konnten. „Wir haben Ersatzzähne und einen Schlosser, der eine Zahnhalterung anschweißen kann“, sagte der Bauleiter – aber keine ganze Schaufel. Dass die kleinere Ersatzschaufel nicht taugte, um fachgerecht weiterzubauen war ihm klar: „Sie war ja auch nur zur Hindernisbeseitigung da.“ Laut Anklage ist aber damit die gesamte Lamelle ausgehoben worden, so dass ein Stück Boden stehen blieb, der später nachgegeben haben soll.

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Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich notierte genau die Zeiten, die der Bauleiter für Putzen, ausbaggern und Reinigen des Erdschlitzes benötigte. Denn schon in der Anklage hatte er vorgerechnet, dass für diese eigentlich vorgeschriebenen Arbeiten vor dem Betonieren keine Zeit mehr war.

Beide Bauleiter wurden befragt

Der Polier und die beiden KVB-Überwacher schwiegen auch am Freitag. Als Richter Greve versuchte, ein Kopfnicken des Poliers als Aussage zu werten, fuhr der Anwalt dazwischen: „Herr K. hat gar nichts gesagt. Er kommuniziert ausschließlich mit uns.“ Die Anwälte hielten es für „viel zu früh“, schon zur Sache zu kommen und traten auf die Bremse. Der Verteidiger des Poliers beanstandete zudem die Fragetechnik des Anklagevertreters: Er greife zu weit voraus.

Noch um 15 Uhr rief Richter Greve eine Pause aus und befragte dann den Bauleiter weiter – bis die Verteidiger „wegen der Anstrengung“ um ein Ende des Gerichtstages baten. Das kam aber erst, nachdem der zweite Bauleiter, der innerhalb der Schlitzwände das Gleiswechselbauwerk baute, Stellung zum Zustand von Lamelle 11 genommen hatte. Aus der ragte das demolierte Fugenblech hervor. „Ja, das muss ich gesehen haben. Aber die Wand war dicht, und das ist das einzige, auf das es ankam.“ Der Prozess wird Mittwoch fortgesetzt.

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