Stadtwerke-AffärePetelkau und Frank legen Mandate nieder – Reker mit klaren Worten

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Klare Worte: OB Henriette Reker trat nach der Sitzung mit Vize-Aufsichtsratschef Harald Kraus (r.) vor die Presse.

Klare Worte: OB Henriette Reker trat nach der Sitzung mit Vize-Aufsichtsratschef Harald Kraus (r.) vor die Presse.

Köln – Polit-Beben bei Schwarz-Grün: In der Stadtwerke-Affäre um die geplante Berufung von SPD-Fraktionschef Martin Börschel auf einen neuen Geschäftsführerposten gibt es erste personelle Konsequenzen. Sowohl Grünen-Politiker Jörg Frank als auch der Partei- und Fraktionschef der Kölner CDU, Bernd Petelkau, legten ihr Mandat im Aufsichtsrat der Stadtwerke Köln (SWK) nieder. Ihre Ämter in Partei und Fraktion wollen beide behalten.

Petelkau erklärte, „die Fehler der vergangenen Tage“ seien „mit Recht in der breiten Öffentlichkeit und der Presse auf erhebliche Kritik gestoßen. Es war falsch, das durchaus sinnvolle Ziel der Ausweitung der Geschäftsführung zugleich mit der personellen Besetzung zu verknüpfen. Dies muss ich mir auch selbst vorwerfen und dafür entschuldige ich mich ausdrücklich.“ Er habe sein Mandat am Montag mit sofortiger Wirkung niedergelegt.

Petelkau und dem Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Stadtrat, Jörg Frank, war vergeworfen worden, sie hätten den Börschel-Deal im Ständigen Ausschuss des SWK-Aufsichtsrats an Oberbürgermeisterin Henriette Reker vorbei eingefädelt. In diesem Vierergremium saßen außer den beiden noch zwei Arbeitnehmervertreter.

Frank gesteht Fehler ein

In der Warteschleife

Die zum 1. August geplante Berufung des Netcologne-Chefs Timo von Lepel in die Geschäftsführung der Stadtwerke ist bislang nicht vollzogen. Diese Entscheiung sollte der SWK-Aufsichtsrat ursprünglich am 17. April gemeinsam mit der Berufung von Martin Börschel treffen. Nachdem OB Reker ihr Veto gegen Börschels Wahl eingelegt hatte, wurden alle Entscheidungen zur SWK-Geschäftsführung auf Eis gelegt.

Mit von Lepel soll die Digitalisierung der Stadtwerke vorangebracht werden. Wann er berufen wird, ist derzeit offen. Erst soll das Ergebnis des externen Gutachtens abgewartet werden. (fu)

Frank erklärte, der Verzicht auf eine Ausschreibung sei „ein großer Fehler“ gewesen. „Diesen Fehler bedauere ich ausdrücklich und halte es für notwendig, persönlich dazu beizutragen, diesen Fehler zu heilen.“ Deutlicher wurde Grünen-Fraktionschefin Kirsten Jahn: „Ich habe dafür gesorgt, dass wir personelle Konsequenzen ziehen.“ Soll heißen: Sie habe Frank klargemacht, dass er sein Mandat abgeben muss. Jahn entschuldigte sich „für das falsche Vorgehen und das dadurch verloren gegangene Vertrauen in der Öffentlichkeit. Es sind rote Linien überschritten worden, die unseren und meinen Prinzipien der Transparenz und Bestenauslese widersprechen.“

Der SWK-Aufsichtsrat tagte am Montag mehr als zwei Stunden am Parkgürtel – viel länger als geplant. Es seien deutliche Worte gefallen, hieß es. OB Reker erklärte im Anschluss, sie habe „schweren Schaden“ auf die Stadt Köln zukommen sehen und deshalb gehandelt. Der Aufsichtsrat sei „einvernehmlich“ und „einmütig“ ihren Vorschlägen gefolgt.

Demnach soll zunächst geprüft werden, ob eine strukturelle Veränderung der Stadtwerke-Geschäftsführung und die Schaffung einer vierten hauptamtlichen Geschäftsführerposition sinnvoll und notwendig ist (wir berichteten).

Ständiger Ausschuss verliert Einfluss

Ohne Namen zu nennen, stellte Reker klar, dass es künftig keine Hinterzimmerdeals im kleinen Kreis mehr geben soll: „Die Kompetenzen des Ständigen Ausschusses in der Frage der Neustrukturierung werden auf den Aufsichtsrat übergehen. Der Aufsichtsrat hat in Zukunft alle Instrumente in der Hand.“ Damit verliert der Ständige Ausschuss – einst das Machtzentrum des Aufsichtsrats – enorm an Einfluss. Künftig sollen alle 20 Mitglieder des Aufsichtsrats gemeinsam über wichtige Personalfragen entscheiden – und nicht, wie bisher, nur das abnicken, was im Ständigen Ausschuss von Petelkau, Frank und anderen vereinbart wurde.

„Mir ist wichtig, dass dieses Verfahren jetzt mit größtmöglicher Transparenz geführt wird“, betonte Reker. Die SWK-Geschäftsführung solle nun zunächst aus ihrer Sicht darstellen, ob „die Notwendigkeit einer Neustrukturierung“ besteht. Zudem soll ein externer Gutachter untersuchen, ob eine strukturelle Veränderung der Geschäftsführung „notwendig ist und, wenn ja, wie diese konkret ausgestaltet sein könnte“. Im Falle eines positiven Votums der externen Gutachter hielte sie es „für sinnvoll, wenn wir darüber auch in den städtischen Gremien diskutieren“, sagte Reker.

In diesen Tagen habe „die Republik wieder einmal auf Köln geschaut“, so die OB. Man sei es „nicht nur den Kölnerinnen und Kölnern schuldig, dass wir hier Transparenz herstellen, sondern unserer Stadt, die so viel kann und häufig unter diesen Dingen leiden muss“.

Externer Gutachter soll Organisation untersuchen

Der Vize-Aufsichtsratsvorsitzende Harald Kraus, der das Gremium zurzeit leitet, berichtete, man habe in der Sitzung „sehr offen diskutiert“, es seien „sehr schwierige Gespräche“ gewesen. Man wolle das Verfahren jetzt „vom Kopf auf die Füße stellen“.

In der nächsten Sitzung will der Aufsichtsrat einen unabhängigen externen Gutachter mit einer Organisationsuntersuchung beauftragen. Die SWK-Geschäftsführung soll fünf Gutachter zur Auswahl vorschlagen. Auch über die Aufgabenbeschreibung soll der Aufsichtsrat abstimmen, im Zentrum steht die Frage, ob eine Neustrukturierung „unter unternehmerischen Gesichtspunkten geboten ist“. Kraus räumte persönliche Fehler ein. Sein Mandat wolle er nicht niederlegen, als Arbeitnehmervertreter habe er „das volle Vertrauen meiner Kollegen“.

FDP-Fraktionschef Ralph Sterck dankte Reker für ihr „beherztes Vorgehen“, mit dem sie den Deal in letzter Sekunde verhindert habe. Für die Ratssitzung am 3. Mai beantragte die FDP eine aktuelle Stunde. Titel: „Handstreichartige Neustrukturierung der Stadtwerkegeschäftsführung und ihre Folgen“.

Reicht der Rückzug aus dem Aufsichtsrat?

Reicht der Rückzug von CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau und Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank aus dem Aufsichtsrat der Stadtwerke, um den Schaden wiedergutzumachen? Der Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Karsten Möring sagte: „Ich würde ein großes Fragezeichen dahinter machen, dadurch ist nicht einfach wieder alles hergestellt.“ Ein möglicher Rücktritt Petelkaus als Parteichef sei aber problematisch, „es fehlen die Alternativen“. Ein Vorstandsmitglied der CDU bezeichnete Petelkaus Rückzug aus dem Aufsichtsrat als überfällig: „Das ist kein einmaliges Vorgehen bei Petelkau, das haben ja Fritz Schramma und Konrad Adenauer deutlich gemacht. Das lässt sich nicht einfach durch einen einfachen Rücktritt beseitigen.“ Zumal der Deal zwischen den Beteiligten weiter unklar sei, „das muss offengelegt werden“. Er kündigte eine interne und „intensive Aufarbeitung“ an.

Einige Mitglieder der Grünen-Fraktion zeigten sich erleichtert, dass Fraktionschefin Kirsten Jahn sich von Frank emanzipierte – obwohl der seine Pressemitteilung neun Minuten vor Jahn rausschickte, so klarmachte, wer Herr im Haus ist. Die stellvertretende Fraktionschefin Brigitta von Bülow sagte zu Jahns Vorgehen: „Ich glaube, das ist gut.“ Ein anderes Fraktionsmitglied sagte dazu: „Gott sei Dank.“ Es könne sein, dass Partei- und Fraktionskollegen weitere Konsequenzen von Frank fordern. „So geht es nicht, er sollte sich jetzt aus Personalfragen heraushalten, inhaltlich macht er ja gute Arbeit.“ (mhe)

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