Ständig im WandelEigen & Steingass stellt seit 162 Jahren Farbe her

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Farben, Baustoffe, Tapeten, Bodenbeläge: Das Sortiment im Geschäft von Stephan Steingass ist groß. 

  • Die Kölner Farbenfabrik Eigen & Steingass hat eine 162-jährige Geschichte.
  • Seit 1904 gibt es das Unternehmen an der Hamburger Straße.
  • Die fünfte Generation kennt sich schon im Laden aus.

Köln – Sein Vater stand noch im weißen Kittel im Laden, neben sich eine Pyramide aus Farbdosen. Wie sein Großvater. Und der Urgroßvater wahrscheinlich auch.

„Sie sahen beinahe aus wie Apotheker“, sagt Stephan Steingass (51) beim Betrachten der alten Fotos. Er selbst trägt ein dunkelblaues Polohemd mit Firmenlogo. Die Kleidung ist nicht das das Einzige, was sich in der 162-jährigen Geschichte der Farbenfabrik Eigen & Steingass geändert hat.

Gestank am Hansaring

„Es heißt, dass man nicht mehr über den Hansaring laufen konnte, wenn hier früher Lack gekocht wurde“, erzählt Stephan Steingass. Übler Gestank und dichter Qualm – heute undenkbar. Seit 1904 gibt es das Unternehmen an der Hamburger Straße, „inmitten des neuen, sich großzügig ausbreitenden Köln“, hieß es noch in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen. Gegründet wurde das Geschäft von F.W. Eigen 1858 am Alter Markt als „Material- und Farbwarengeschäft“.

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Die Familie hat das Haus nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut.

Die Nachfolger Fritz Eigen und Jakob Steingass spezialisierten sich auf die Herstellung von Farben und zogen an die Hamburger Straße. Große Fuhrwerke brachten die Waren von dort bis in die Eifel. In fast jedem Dorf befand sich damals ein Drogeriemarkt, der mit den Farbdosen aus Köln beliefert wurde.

In den 1970er Jahren gab es die Tour durch die Eifel immer noch. Stephan Steingass ist als Kind in den Ferien mitgefahren zu den größeren Kunden: „Die Läden existieren heute alle nicht mehr.“ Aber die Farbenfabrik blieb, am Eigelstein und an der Martin-Köllen-Straße in Kalk, wo seit den 1950er Jahren produziert wird, weil es im Stammhaus zu eng wurde. Dort finden sich noch Hinweise auf die Vergangenheit: Eine hölzerne Bodenklappe, die ins Kellergewölbe führt, wo Trockenfarben und Pigmente gelagert wurden.

Vom Hinterhaus zum Atelier

Auch das Hinterhaus, in dem die Lacke gekocht wurden, hat die Familie nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut. Auf den Fensterbänken sind heute Pinsel und Malutensilien zu sehen. Sie gehören zu Künstlerateliers und einer Kunstschule, nicht mehr zum Unternehmen. „Aber es hat immer noch mit Farben zu tun“, sagt Stephan Steingass.

Im Geschäft im Vorderhaus wird die „Pola Wandfarbe“ verkauft, der rote geschwungene Schriftzug ziert das blaue Etikett. „Es ist nie verändert worden“, erzählt der Geschäftsführer. Pola ist ein Produktklassiker von Eigen & Steingass, waschbeständig, hohe Deckkraft. „Damit streicht man halt nicht fünfmal, sondern nur einmal.“ Gerade Handwerker wüssten das zu schätzen, sagt der Geschäftsführer. Aber auch Privatkunden aus dem Veedel und Studenten kommen in den Laden. 

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Die „Polo“-Trockenfarbe wurde früher einfach auf der Baustelle angerührt. 

Neben den Waren von anderen Herstellern behaupten sich die Hausmarken. Die blauen Blechdosen mit „Steingalla Lackfarbe“, die ganz oben im Holzregal aus den 1950er Jahren verstaut sind, dienen allerdings nur als Deko. Nicht nur die Anforderungen an die Produktion haben sich geändert, auch für die Inhaltsstoffe gelten andere Regeln als früher. Die uralten Dosen mit dem Farbton „44 Koralle“ sind deswegen unverkäuflich. 

Eine handgemalte, gerahmte Werbeanzeige aus den 1950ern an der Wand verweist auf „Polo“, die Trockenfarbe. Es sieht ganz einfach aus: Karton öffnen, Inhalt in den Eimer schütten, Wasser dazu, umrühren, „gebrauchsfertig“. „Diese Farbe könnte noch mal aktuell werden“, sagt Stephan Steingass. „Sie kommt ohne Konservierungsmittel aus und ist viel leichter auf die Baustelle zu transportieren.“ Und das Wissen zur Herstellung ist auch noch da.

Die fünfte Generation kennt sich schon im Laden aus

Stephan Steingass führt das Geschäft gemeinsam mit seinem Bruder Christoph (55) in vierter Generation. Stephan hat zunächst Maschinenbau studiert, Christoph hatte sich direkt nach der Schule für das Unternehmen entschieden. Die fünfte Generation ist bald im Teenager-Alter – sie kennt sich auch schon gut im Laden aus.

Eigen & Steingass

Hamburger Str. 15, geöffnet montags bis freitags 7.30 bis 12.30 Uhr und 13.30 bis 17 Uhr, samstags 8 bis 12 Uhr, Telefon 0221/12 05 00. eigen-steingass.de 

Außer den Farben und Lacken werden Zubehör, Tapeten, Bodenbeläge und Baumaterialien verkauft. „Jedes neue Produkt im Sortiment wird von uns getestet“, betont Sebastian Edenhofner, der an der Hamburger Straße hinter der Verkaufstheke steht. Viele Kunden wüssten es zu schätzen, wenn sich jemand auskennt. Sebastian Edenhofners Vorgänger war mehr als 60 Jahre dabei. Ein altes Foto zeigt auch ihn im Geschäft – er trägt natürlich einen weißen Kittel und Krawatte.

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