StandortsucheDer Einstieg zum Ausstieg beim Casino in Köln?

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Der Favorit: Westspiel soll diesen Entwurf der Architekten von „AIP“ bevorzugen.

Der Favorit: Westspiel soll diesen Entwurf der Architekten von „AIP“ bevorzugen.

Köln – Am Ende half nur die ganz große Lösung: Um seine veralteten Casinos aufzupeppen und den Neubau in Köln finanzieren zu können, verkaufte Spielbank-Betreiber Westspiel im Jahr 2014 zwei Gemälde des weltberühmten US-Künstlers Andy Warhol.

Eine Versteigerung brachte rund 120 Millionen Euro. Westspiel jubelte, die Kulturszene war außer sich, sprach von „Ausverkauf“. Westspiel antwortete nicht auf eine Anfrage der Rundschau, wie es das Casino in Köln finanziert und in welchem Zusammenhang die Warhol-Bilder damit stehen. Ursprünglich sollte der Bau 23,17 Millionen Euro kosten, Mitte 2018 sollte es am Ottoplatz losgehen, das Casino 2021 eröffnen.

Bau am geplanten Standort steht infrage

Doch wie die Rundschau exklusiv berichtete, ist der Zeitplan dahin, der Bau an diesem Standort steht infrage, laut Westspiel unter anderem wegen Problemen mit der Fläche, das Baufeld liegt über dem U-Bahn-Tunnel, zudem gibt es dort eine alte Festungsmauer. Schon Ende 2016 hatte sich ein Architekturwettbewerb mit dem Design beschäftigt, aber bis jetzt hat Westspiel noch nicht mal das Grundstück von der Stadt gekauft. Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes, sagte zur Fläche: „Dass dort eine U-Bahn fährt, ist nicht neu. Es ist anspruchsvoll, dort zu bauen. Aber die Grundlagendaten sind bekannt, es ist alles geprüft.“

Nach Rundschau-Informationen soll der Standort Köln nicht infrage stehen, die Landesregierung hat ihn 2013 beschlossen. Demnach könnte die Suche nach einem neuen Areal wieder beginnen. Aber will Westspiel das noch?

Eigentlich sollte das neue Casino der Gesellschaft dringend benötigte Umsätze liefern. Denn die Spielbank am Ottoplatz galt als Heilsbringer, um die Probleme in drei der anderen vier Casinos von Westspiel in Nordrhein-Westfalen auszugleichen. Im Finanzbericht des Unternehmens von Mitte 2017 steht über das 2014 verabschiedete Sanierungskonzept: „Der verbliebene, wesentliche Eckpunkt ist der Aufbau der Spielbank Köln, für die ein erheblicher, positiver Deckungsbeitrag zum Gesamtergebnis des Konzern prognostiziert wird.“ Denn: Die Casinos in Aachen, Bad Oeynhausen und Dortmund haben laut Bericht eine „schwierige Marktsituation“, in Duisburg ist sie nur „stabil“.

Die Spielbank-Branche hat angesichts des Glücksspiels im Internet zu kämpfen. Der Deutsche Spielbankenverband (DSbV) repräsentiert neun staatlich konzessionierte Spielbankunternehmen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft mit, auch Westspiel ist vertreten. Die Unternehmen „erfüllen den ordnungspolitischen Auftrag der Bundesländer, ein ausreichend attraktives, verantwortungsvolles und seriöses Glücksspielangebot bereitzustellen“. Der Verband schreibt: „Seit 2007 zeigen die Kennzahlen eine rückläufige wirtschaftliche Entwicklung.“ Der Bruttospielertrag der 66 DSbV-Spielbanken etwa lag 2007 noch bei 923 Millionen Euro, bis 2015 schrumpfte er um rund 40 Prozent auf 556 Millionen Euro. Zuletzt stieg er leicht an, aber die Probleme bleiben.

„So viele Standorte gibt es nicht“ 

Das spürt auch Westspiel: 2015 etwa lag das Jahresergebnis bei minus 8,5 Millionen Euro, ein Jahr später noch bei minus 2,9 Millionen Euro. Möglicherweise steht das fünfte Casino sogar auf der Kippe, ein Bekenntnis hat Westspiel nicht abgegeben. Sind die Probleme am Ottoplatz der Einstieg zum Ausstieg? Eine Spekulation, die Westspiel zumindest nährt. „Auf beiden Seiten – sowohl bei der Stadt als auch bei Westspiel – haben sich die Entscheidungsträger jüngst geändert.“ Damit ist wohl gemeint, dass in Köln der frühere Baudezernent Franz-Josef Höing nach Hamburg gewechselt ist, er hatte das Verfahren begleitet. Und Westspiel hat in Henning Graf von Schwerin seit Oktober einen dritten Geschäftsführer. Neue Personen, neue Vorstellungen?

Die Ratspolitiker zeigten sich überrascht. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz: „Westspiel sollte schleunigst für Transparenz sorgen und erklären, ob es mit dem Casino an dieser Stelle weitergeht oder nicht.“ Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank sagte angesichts eines möglichen neuen Standorts: „Wir sind hier nicht bei ,Wünsch dir was’.“ Ralph Sterck, Fraktionschef der FDP, sagte: „So viele Standorte gibt es nicht.“ Und SPD-Fraktionschef Martin Börschel sagte: „Ich bin sauer. Ich kann nicht verstehen, wie so etwas passiert – auf beiden Seiten.“

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