Steiniger Weg zum Ja-WortFür die Ambiente-Hochzeiten ist keine Lösung in Sicht

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Alles angerichtet, aber vorerst wird es keine Hochzeiten an besonderen Orten wie der „Wolkenburg“ geben.

Köln – Eine Lösung muss her. Und das möglichst schnell. Denn dafür, dass auf unabsehbare Zeit an Samstagen keine sogenannten Ambiente-Hochzeiten mehr beispielsweise in der Severinstorburg oder in der Wolkenburg von Standesbeamten durchgeführt werden können (die Rundschau berichtete), steht die Stadtverwaltung massiv in der Kritik. Allen voran von betroffnen Gastronomen. Nach einem Jahr mit zwei Schließungsphasen und geringen Einnahmen brauchen sie die Aufträge händeringend. Doch nach Recherchen der Rundschau wird es wohl so schnell keine Lösung geben. Die Sache steckt fest zwischen den Mühlsteinen der Bürokratie.

Der Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Stadt. Es wird dem Verdacht nachgegangen, als Kompensation für nicht erfolgte Beförderungen wurden Überstunden bezahlt, aber nicht geleistet. Seitdem sind alle Überstundenregelungen in der Stadtverwaltung auf dem Prüfstand. Betroffen: die Kfz-Zulassungsstelle und das Standesamt. Dort wurden bisher freiwillige Dienste an Samstagen in beiderseitigem Einvernehmen mit Sonderzahlungen vergolten. Das ist aber laut Beamtenrecht unzulässig, wie nun Prüfungen zu Tage förderten. Der Beamte ist zu fünf Überstunden im Monat ohne Gegenleistung verpflichtet. Darüber hinaus ist Freizeitausgleich vorgeschrieben. Die Verwaltungsspitze schlägt vor, bei Beibehaltung von fünf Arbeitstagen die Sechstagewoche einzuführen. Samstagsarbeit wird unter der Woche ausgeglichen.

Und nun, die bürokratischen Mühlsteine: Sechs Personalräte sind für die rund 20 000 Mitarbeiter der Stadtverwaltung zuständig. Einer pro Dezernat plus Feuerwehr und Kitas. Darüber: Ein Gesamtpersonalrat. Der für die Standesbeamten zuständige Personalrat lehnt die Sechstage-Regel ab. Begründung: Bis jetzt sei der Samstagsdienst freiwillig gewesen. Und weil es der guten Stimmung bei einer Hochzeit zuträglich ist, dass der Standesbeamte nicht zur Trauung gezwungen wird, sollte es dabei bleiben.

Alles zum Thema Henriette Reker

Schwierige Verhandlungen

Nun müsste der Gesamtpersonalrat mit der Auseinandersetzung betraut werden. Natürlich schriftlich. Doch nach Informationen der Rundschau liegt dem Gesamtpersonalrat bisher nichts vor. Aber selbst wenn er damit schon betraut wäre: Spielraum für bezahlte Überstunden wird nicht gesehen. Das sei laut Beamtenrecht nur bei „zwingenden Gründen“ zulässig. Die könnten aber höchstens bei der Feuerwehr geltend gemacht werden.

Auch der Freizeitausgleich in der Woche wird kritisch bewertet. Denn nicht jeder Standesbeamte komme aus dem Standesamt. Unter anderem Finanzbeamte haben sich durch eine Zusatzausbildung die Lizenz zum Trauen erworben. Diese Zusatzkräfte sind auch dringend notwendig bei jährlich über 1000 Hochzeiten an Samstagen in einem besonderen Ambiente. „Dass aber ein Finanzbeamter in der Woche ausfällt, weil er samstags getraut hat, das werden die Amtsleiter nicht mitmachen“, mutmaßt ein Insider.

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Was kann dann eine Lösung sein? „Da müsste sich die Stadt mal an die Landesregierung wenden, um vielleicht das Beamtengesetz zu ändern.“ Nein, das klingt nicht nach einer schnellen Lösung.

Kommentar: Ingo Schmitz zu Ambiente-Hochzeiten

Weniger Bürokratie

Alle wollen eine Lösung. Die Gastronomen händeringend. Die Brautpaare sowieso. Den Standesbeamten ist es ein Herzensanliegen, Paare auch samstags in schönem Ambiente zu trauen. Und die Stadtverwaltung möchte grundsätzlich diesen Service ihren Bürgern auch weiterhin anbieten. Doch was alle wollen ist noch lange nicht gemachte Sache, wenn der Amtsschimmel austritt. Ein Unding.

„Ich will, dass die Kölnerinnen und Kölner stolz auf ihre Verwaltung sind.“ Mit dieser Parole zog Oberbürgermeisterin Henriette Reker 2015 in ihren ersten Wahlkampf. Eine Verwaltungsreform sollte Anlass zum Stolz geben. 2021 ist das Versprechen  immer noch nicht erfüllt. Und die Posse um die Samstagstrauungen  im besonderem Ambiente ist dazu angetan,  die Hoffnung darauf vollends zu zerstören.      

 Den Standesbeamten ist nicht vorzuwerfen, dass sie Freizeitausgleich ablehnen, wenn sie genau wissen, dass das Arbeitsaufkommen unter der Woche den  gar  nicht zulässt.  Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigen, beim Beamtengesetz kann nicht mal einfach so ein Auge zugedrückt werden.

Es braucht also Entbürokratisierung, will Reker ihr Versprechen einhalten und sollen Brautpaare auch samstags wieder Ja sagen können.

koeln@kr-redaktion.de

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