Streit um AußenplätzeWarum die Kölner Gastronomie mit der Stadt auf Kriegsfuß steht

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Gastronomie Köln Symbol

Ein Bild früherer Tage: Fröhliches Beisammensein auf der Zülpicher Straße

  • Die Stadt Köln will die Außenflächen für Restaurants begrenzen.
  • Grund dafür sind Ende 2017 verabschiedete Regelungen für Gehwege.
  • Die Gastronomen sehen in der Neuerung eine Gefahr für ihr Geschäft.

Köln – Marc Flogaus hat immer noch Mühe, sich zu beruhigen. Im Metzger & Marie im Agnesviertel bietet er „gutbürgerliches Lieblingsessen“ an, die knapp 30 Plätze vor der Tür sind seit neun Jahren fester Bestandteil des Konzeptes, sie machen rund 100 000 Euro Jahresumsatz aus, rechnet er vor. Als er die Konzession im Januar um drei Jahre verlängern wollte, teilte ihm die Mitarbeiterin des Gewerbeamtes nüchtern mit: „Das geht leider nicht mehr.“ Der Unternehmer, der mit seiner Frau an der Kasparstraße einen Lebenstraum realisiert hat, sah die Grundlage des Betriebes wegbrechen. „Und das erfährt man in Köln ganz nebenbei.“

Worum geht es in dem Konflikt?

Grundlage der städtischen Auskunft ist das Gestaltungshandbuch für den öffentlichen Raum. Verabschiedet hat es der Rat Ende 2017. Neben dem Design von Abfallbehältern, Sitzbänken und Radstellplätzen geht es in dem Werk um Barrierefreiheit. Es findet sich etwa der wegweisende Satz: „Der Gehweg ist grundsätzlich frei von Elementen zu halten.“ Jeder, der sich in der Innenstadt bewegt weiß: Das ist nur eine Idee.

Festgeschrieben ist die Barrierefreiheit für Menschen, die auf einen Rollator oder einen Rollstuhl angewiesen sind. Dazu zählen auch taktile Boden-Elemente und die Hauswand als Orientierungshilfe. Genau da stehen aber häufig Tische und Stühle von Kneipen- und Café-Betrieben. Behindertenverbände verlangen schon lange, mehr auf die Belange von Geh- und Sehbehinderten Rücksicht zu nehmen. Auch ein Fußgängerbeauftragter ist in der Diskussion. Im Weg stehen nicht nur Tische und Stühle, sondern auch Werbeaufsteller, ausufernde Baumscheibengestaltungen oder Poller.

Gibt es aktuell schon Einschränkungen?

Ja und nein. In der Auslegung waren einige Mitarbeiter voreilig, räumt Stadtdirektor Stephan Keller ein. „Es wird sich in diesem Jahr nichts ändern.“ Wahr ist aber auch: Es wird abgestimmt, ob es zu Änderungen kommt, vorerst stellt die Stadt Konzession nur noch für dieses Jahr aus. „Wir haben eine erhöhte Sensibilität für Menschen mit eingeschränkter Mobilität“, sagt Keller. Das heißt: In den nächsten Jahren geht es darum, einen Ausgleich zu finden zwischen Gastronomie und Menschen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind. Keller: „Da gibt es eine Konkurrenz und die müssen wir auflösen. Das Verhältnis müsse sorgfältig austariert werden, das gehe nicht einheitlich für die gesamte Stadt, sondern nur bei Betrachtung einzelner Straßen. Der Stadtdirektor sagt auch: „Köln ist ohne Außengastronomie nicht denkbar.“

Was sagen die Gastronomen?

Marc Flogaus hat die Konzession inzwischen bekommen, befristet bis zum 1. Oktober. Südstadt-Wirt Daniel Rabe geht es genau so. Er versteht die Überlegungen, wendet sich aber gegen rigorose Einschränkungen: „Ohne Außengastronomie braucht man in der Südstadt gar nicht erst anzufangen.“ Wenn ein 1,50 Meter breiter Durchgang neben der Hauswand frei gehalten werden muss, die Tische und Stühle aber gleichzeitig einen Meter vom Straßenverkehr entfernt stehen müssen, bleibe auf vielen Gehwegen kein Platz mehr für Gastronomie. Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband ist das Thema längst angekommen.

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Einen sorgenvollen Brief hat der Verband an den Stadtdirektor geschrieben. „Uns ging es vor allem um die jetzige Übergangszeit“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Mathias Johnen. „Das gute Wetter wartet nicht auf die Kölner Stadtverwaltung. Klar ist für ihn auch: „Für die Gastronomen ist das eine existenzielle Frage. Die Leute wollen heute draußen sitzen, flanieren und gesehen werden.“ Ein guter Teil des Jahresumsatzes werde vor der Tür gemacht. Die Stadt betont: „Öffentliche Straßen dienen der Allgemeinheit. Sie unterliegen einem besonderen Schutz [...]. Es stellt ein Privileg dar, auf öffentlichem Straßenland einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.“

Was passiert als nächstes?

Ein eigener politischer Beschluss ist nicht erforderlich, die Verwaltung werde nun aktiv, sagt Keller. Die Bezirksvertretung Innenstadt wird sich am heutigen Donnerstag in einer aktuellen Stunde mit dem Thema beschäftigen. Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) sagt: „Die Verwaltung muss das austarieren. Wenn Plätze wegfallen, müssten die aber auf Parkstreifen ersetzt werden.“ Dazu gibt es das Programm „Sitzen statt Parken“, die Umwidmung von Stellflächen für die Gastronomie. Das müsse die Stadt nur ernst nehmen.

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