Tötungsdelikt Kurt BraunSPD fordert Rücktritt von NRW-Justizminister Biesenbach

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Dünnwald Kurt Braun 2

Der Tatort in Köln-Dünnwald.

Köln – Nach der Tötung eines Kölner Kommunalbeamten hat die SPD den Rücktritt von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) gefordert. Es handele sich um einen weiteren Fall von Staatsversagen. „Dieser Mann hätte nicht sterben müssen und nicht sterben dürfen“, sagte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf am Mittwoch in Düsseldorf.

Trotz zwei Messerangriffen und einer deutlichen Warnung der renommierten Kölner LVR-Klinik vor der Gefährlichkeit des psychisch kranken mutmaßlichen Messerstechers sei die Staatsanwaltschaft neun Monate lang praktisch untätig geblieben. Biesenbach fehle offenbar die Kraft, seinen Geschäftsbereich zu führen. „Das geht so nicht weiter.“

Angriffe auf Gerichtsvollzieher im Ruhrgebiet

NRW-Justizminister Biesenbach nannte die Rücktrittsforderung einen „durchsichtigen Versuch, dieses tragische Ereignis zu instrumentalisieren“. Der Getötete (47) und seine Kollegin hätten nichts von der Gefährlichkeit des Schuldners (60) gewusst, obwohl sie die Kosten eines früheren Gewaltausbruchs des Schuldners eintreiben sollten, kritisierte Wolf weiter. „Man hat die Beamten leider buchstäblich ins Messer laufen lassen.“ 

Der Fall erinnere an die Angriffe auf Gerichtsvollzieher im Ruhrgebiet. Die Landesregierung sei seither untätig geblieben. „Passiert ist nichts. Ein Mensch ist tot und der Minister schweigt“, sagte Wolf. „Deswegen muss er gehen.“ Wolf kritisierte, Biesenbach versuche stattdessen in seinem Bericht an den Landtag, das Ausmaß der Fehler zu verbergen.

Biesenbach: Höhepunkt der Übergriffe 2016

Biesenbach entgegnete, der Höhepunkt der Übergriffe sei 2016 in die Amtszeit seines SPD-Amtsvorgängers gefallen. Im Gegensatz zu diesem habe er bereits mehrere Versuche unternommen, für mehr Schutz und eine bessere Informationslage zu sorgen. Mit Hinweis auf den Datenschutz sei dies bislang verhindert worden. 

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Zuletzt habe Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) abgelehnt, einen Zugriff auf das Bundeszentralregister zu ermöglichen. „Die Bretter sind noch dick, aber wir wollen sie bohren“, sagte Biesenbach. 

Staats- und Amtsanwälte hätten rund eine Million Vorgänge im Jahr zu bearbeiten, da blieben Fehler nicht aus. Die Staatsanwaltschaft Köln habe die Untersuchung selbst eingeleitet und öffentlich gemacht.

„Pleiten, Pech und Pannen an der Schmerzgrenze“

„Wenn Haftsachen eine hohe Priorität haben, müssen solche Unterbringungssachen das auch haben“, hieß es von Seiten der SPD. „Man muss verhindern, dass so ein Vorgang einfach in den Akten liegen bleibt.“ „Pleiten, Pech und Pannen im Geschäftsbereich des Ministers sind an der Schmerzgrenze“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Engstfeld. Es stelle sich die Frage, warum der Fall nicht prioritär bearbeitet wurde. „Wenn die Staatsanwaltschaften nicht mehr wichtig von unwichtig unterscheiden können, muss man sie endlich von Bagatelldelikten entlasten.“

Für die CDU-Fraktion kritisierte Angela Erwin, die SPD fordere den Ministerrücktritt, ohne die Faktenlage zu kennen und die Untersuchungen abzuwarten. Dies schade letztlich dem Rechtsstaat und sei unredlich. Die Kölner Staatsanwaltschaft prüft inzwischen in den eigenen Reihen, ob es zu Versäumnissen kam. Es sei ein Dienstaufsichtsverfahren eingeleitet worden, hatte das NRW-Justizministerium in einem am Montag veröffentlichten Bericht an den Rechtsausschuss des Landtags mitgeteilt. 

Mutmaßlicher Täter hätte in Klinik untergebracht werden sollen

Hintergrund ist die Frage, ob der mutmaßliche Täter nicht längst in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen gehört hätte. Wie aus dem Bericht hervorgeht, hatte der Mann nicht nur bereits im März öffentliche Bedienstete angegriffen, als die seine Wohnungstür hatten öffnen lassen. 

Nur gut zwei Wochen später soll er außerdem in der LVR-Klinik Pfleger angegriffen und mit einem Messer nach einer Pflegerin gestochen haben. Daraufhin hatte das psychiatrische Krankenhaus bereits Ende März die Unterbringung des Mannes angeregt. 

Ein Staatsanwalt habe einen Sachverständigen Ende Juni mit der dafür notwendigen Begutachtung des Mannes beauftragen wollen, aber anscheinend keine Antwort erhalten. Der Kölner Kommunalbeamte war am Montag unter großer Anteilnahme beigesetzt worden. (dpa)

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