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Tradition seit 1992Kölner Geisterzug protestiert im Sinne von „Fridays for Future“

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Der Geisterzug in Köln hat seit 1992 Tradition.

Köln – Dass in Köln mindestens einmal im Jahr tausende Geister bereits ein paar Stunden vor Mitternacht, also der laut Volksmund offiziellen Geisterstunde, ihr Unwesen treiben, hat seit 1992 Tradition. Seitdem lädt nämlich der Verein „Ähzebär un Ko“ am Karnevalssamstagabend zum Geisterzug, um nicht bloß einen alternativen Fastelovend-Umzug zu feiern, sondern vor allem alljährlich auf ein anderes politisch aktuelles Thema aufmerksam zu machen.

In diesem Jahr wurde die Geisterstunde op Kölsch jedoch gleich um eine ganze Woche vorgezogen und fand somit erstmals komplett außerhalb des Straßenkarnevals statt. Der Grund für diese Verschiebung: Man wolle den schon immer hervorgehobenen Demonstrationscharakter des Zuges noch mehr in den Vordergrund stellen.

Geister zeigen Solidarität mit „Fridays for Future“

Denn den Zug am Karnevalswochenende als eine offizielle Demonstration anzumelden, so die Veranstalter, sei ihnen vonseiten der Polizei nicht gestattet worden. „Wir hatten im November darum gebeten, die Veranstaltung als Demo anmelden zu dürfen, da hieß es aber im Januar dann, dass es über Karneval keine Demonstrationen geben würde. Wenn sich während des Straßenkarnevals mehr als drei Leute versammeln würden, sei das eine Karnevalsveranstaltung“, erzählt Erich Hermans, der den Geisterzug damals initiiert hatte und auch am Samstag den Tross der schaurigen Jecken anführte.

Alles zum Thema Fridays for Future

Ob nun am Karnevalssamstag oder eine Woche früher: Die Teilnehmer des Zuges, der sich dieses Mal das Motto „Jeister för Zokunf“ auf die Fahnen geschrieben und damit seine Solidarität mit der „Fridays for Future“-Bewegung ausgesprochen hatte, ließen sich die Stimmung nicht vermiesen. Wie eh und je zogen sie friedlich, angefeuert von wilden Sambarhythmen – auch wenn es laut Hermans wegen des vorgezogenen Termins weniger Musikgruppen als sonst waren – und bejubelt von tausenden Zuschauern diesmal vom Heumarkt aus durch die Innenstadt bis zum Friesenwall. Und ob des Mottos und des Sinns für Umweltbewusstsein schlossen sich auch viele Vertreter sämtlicher „Future“-Bewegungen den Geistern an.

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Geisterzug will offizielle Demonstration werden

Darüber, dass ihre Enkel nicht gehört würden, empörten sich etwa mehrere Großeltern, die die „Fridays for Future“-Bewegung unterstützen. „Das Motto ist sehr passend, und die Stimmung ist auch einfach toll“, freute sich etwa Ruth, die das erste Mal beim Geisterzug dabei war, aber regelmäßig mit den „Grannies for Future“ für den Kampf gegen den Klimawandel demonstriere. Andere Teilnehmer forderten auf ihren in die Luft gehaltenen Schildern etwa „Kleine Geister gegen Kleingeister“, „Grünkohl statt Braunkohle“ sowie „Make Fastelovend not War“ oder gaben gleich Ratschläge, wie man umweltbewusster leben könne: „Tipp: Wasser vom Duschen sammeln und für die Toilette nutzen“, hieß es etwa auf einem Plakat.

Auch wenn man diesmal angesichts der Entscheidung der Polizei zeigen wollte, „wie flexibel wir sind“ – im kommenden Jahr soll der Zug laut Hermans wieder am Karnevalssamstag durch die Stadt ziehen. Wieder in einem anderen Veedel, wieder unter einem anderen Motto und vor allem: dann auch als offizielle Demonstration. Andere Gruppen hätten im vergangenen Jahr auch demonstrieren dürfen.  „Also geht das ja doch irgendwie“, gab sich der Initiator gegenüber der Rundschau kämpferisch. So schnell geben Geister wohl nicht auf.

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