ÜbernachtungsportalAirbnb wird auch in Köln immer beliebter – Fluch oder Segen?

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Privatwohnung statt Hotel – auch in Köln buchen immer mehr Reisende ihre Unterkünfte über Airbnb und Co. (Symbolbild)

Privatwohnung statt Hotel – auch in Köln buchen immer mehr Reisende ihre Unterkünfte über Airbnb und Co. (Symbolbild)

Köln – Ob man nach Köln kommt, um Karneval zu feiern, eine Messe zu besuchen oder ein paar Tage Urlaub zu machen – Privatunterkünfte werden immer beliebter. Wer im Internet nach günstigen Hotels in Köln sucht, wird in zentraler Lage kaum unter 100 Euro pro Person und Tag fündig. Dagegen lockt das Übernachtungsportal „Airbnb“ mit Angeboten ab 20 Euro für ein Zimmer. Kleine Apartments für mehrere Personen sind schon ab 50 Euro pro Tag zu bekommen.

Niedrige Preise sind einer der Gründe, warum „Airbnb“ und andere Vermittler wie „Wimdu“ oder „9flats“ binnen weniger Jahre vom Nischenanbieter zum Schwergewicht im Tourismusgeschäft geworden sind. Längst geht es nicht mehr primär um nette Mitwohngelegenheiten bei Einheimischen. Immer mehr gewerbliche Vermieter drängen auf den Markt. Kritiker warnen vor einer Zweckentfremdung von ohnehin knappem Wohnraum. Wir geben einen Überblick über die Situation.

Wie viele privat vermietete Unterkünfte gibt es ?

Schwer zu sagen, da es keine Meldepflicht gibt. „Zwischen 5000 und 7000“, schätzt Josef Ludwig, Leiter des städtischen Wohnungsamts. Vor zwei Jahren seien es erst rund 3500 gewesen. Airbnb erklärt auf Anfrage: Ende 2016 habe man in Köln gut 5000 „aktive Inserate“ gehabt – über 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Wobei sich mehrere Inserate auf dieselbe Immobilie beziehen können.

Wie viele Gäste übernachten in Privatquartieren?

Auch hierzu gibt es keine exakten Zahlen. Marktführer Airbnb spricht von 130 000 Gästen im Jahr 2016 – das ist ein Zuwachs um stolze 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (knapp 90 000). Im Schnitt würden die Besucher rund drei Tage in Köln bleiben.

Wie hoch ist der Anteil der Privatunterkünfte in Köln?

Auf rund 500 000 Übernachtungen im Jahr 2016 schätzt Kölntourismus-Chef Josef Sommer das Volumen in den Privatquartieren, Tendenz steigend. Zum Vergleich: Im offiziellen Beherbergungsgewerbe gibt es in Köln rund 34 000 Betten. 3,3 Millionen Gäste und sechs Millionen Übernachtungen zählen Hotels und Pensionen pro Jahr. Doch der Graumarkt boomt. Gemessen an der Zahl der Gästebetten liegt der Marktanteil von Airbnb in Köln geschätzt bei rund 16 Prozent.

Wer vermietet Privatquartiere?

Nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ macht das Vermieten ganzer Wohnungen oder Häuser mit 58 Prozent inzwischen das Kerngeschäft von Airbnb aus. Demnach gehören 18 Prozent der auf Airbnb inserierten Wohnungen einem Vermieter, der noch mindestens eine weitere Wohnung anbietet. Airbnb-Sprecher Julian Trautwein entgegnet, die überwiegende Mehrheit der Gastgeber vermiete an weniger als 180 Tagen im Jahr. Man gehe davon aus, dass es sich dabei um nicht-gewerbliche Vermieter handele. Die meisten Gastgeber auf Airbnb seien so genannte „Home Sharer“, also Privatpersonen, die gelegentlich einzelne Zimmer oder ihr eigenes Zuhause vermieten, wenn sie selbst beruflich oder privat unterwegs sind.

Was sagen die Hotelbetreiber?

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht die Entwicklung kritisch. „Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen. Die haben wir derzeit nicht. Während für Hotels strenge Brandschutz-Auflagen, Hygiene-Vorschriften und Meldepflichten gelten, darunter in Köln die Bettensteuer, spielt das für die wachsende Zahl professioneller Vermieter im Internet keine Rolle“, betont der stellvertretende Kölner Dehoga-Geschäftsführer Mathias Johnen. Er fordert, die Stadt müsse ähnliche Regeln auch auf dem Graumarkt durchsetzen. „Zumal in Köln inzwischen viele Wohnungen nur zum Zwecke der Kurzzeitvermietung gebaut werden.“

Was sagt der Mieterverein?

Durch die steigenden Übernachtungszahlen bei Privatanbietern werde „das Problem der ohnehin schon bestehenden Wohnungsknappheit weiter verschärft“, kritisiert der Vorsitzende des Mietervereins Köln, Franz-Xaver Corneth. Er forderte deswegen Oberbürgermeisterin Reker auf, „eine Task Force aus Steueramt, Wohnungsaufsicht und Wohnungsamt zu bilden, die entschieden gegen Vermieter vorgehen, die dem Kölner Wohnungsmarkt in unlauterer Gewinnerzielungsabsicht weiterhin dringend benötigte Wohnungen entziehen“.

Welche Strafen drohen und was die Stadt gegen Verstöße tut

Was tut die Stadt gegen die Zweckentfremdung?

Ab 1. Juli 2014 wurde in Köln wieder eine Wohnraumschutzsatzung eingeführt, welche die Stadt im Jahr 2007 abgeschafft hatte. Demnach darf Wohnraum nicht ohne Genehmigung zweckentfremdet werden. „Eine Zweckentfremdung liegt zum Beispiel vor, wenn eine Wohnung mit mehr als der Hälfte der Fläche für gewerbliche Zwecke genutzt wird“, erläutert Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig. Die Satzung gilt aber nicht rückwirkend, vorher eingerichtete Unterkünfte genießen Bestandsschutz.

Welche Strafen drohen?

Ludwig betont: „Wenn man seine Wohnung übergangsweise vermietet, während man in Urlaub oder auf Dienstreise ist, gibt es keine Probleme. Wer aber vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Wohnraumschutzsatzung verstößt und illegal vermietet, dem drohen Bußgelder zwischen 5000 und 50 000 Euro.“ Airbnb-Sprecher Trautwein erklärt, dass die Verantwortung beim Gastgeber liege. Man informiere die Gastgeber über die vor Ort geltenden Regeln.

Wie kann die Stadt Verstöße kontrollieren?

„Wir werden vor allem tätig, wenn sich Bürger beschweren – etwa weil Übernachtungsgäste in untervermieteten Wohnungen lautstark Party machen“, so Ludwig. Das Wohnungsamt nehme Beschwerden unter Telefon 115 oder per Mail an wohnungsamt@stadt-koeln.de entgegen. Rund 300 Fälle bearbeitete die Stadt im Jahr. Bislang habe man rund 300 000 Euro Bußgelder verhängt. In 86 Fällen seien die Wohnungen wieder einer normalen Wohnnutzung zugeführt worden.

Wie beliebt ist Airbnb in Köln?

2016 verzeichnete Airbnb weltweit knapp 180 000 Gäste aus Köln. Die über Airbnb angebotenen Unterkünfte in Köln wurden vor allem von Deutschen genutzt – gefolgt von Besuchern aus Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und USA. Bezogen auf alle deutschen Airbnb-Nutzer ist Köln nach Berlin und Hamburg und vor München und Düsseldorf die drittbeliebteste Stadt in Deutschland. Kölner Airbnb-Gastgeber sind im Schnitt 35 Jahre alt, der Anteil von Frauen und Männern ist etwa gleich groß.

Bringen Airbnb und Co. Geld in die Stadt?

Ja, meint Kölntourismus-Chef Josef Sommer. Zwar würden in gewissem Umfang Übernachtungen aus kleinen Hotels und Hostels abwandern. „Trotzdem gehen wir von einem zusätzlichen Effekt aus, weil Portale wie Airbnb neue, junge, internationale Zielgruppen erschließen.“ Laut Sommer geben Besucher in Privatquartieren pro Tag im Schnitt rund 75 Euro in Köln aus (inklusive Übernachtung). Bei Hotelgästen sind es durchschnittlich 214,50 Euro pro Tag.

Was Man bei der Vermietung über Airbnb Und Co. beachten muss

„Airbedandbreakfast“, zu deutsch „Luftmatratze und Frühstück“ – so lautet die ursprüngliche Geschäftsidee des 2008 in San Francisco gegründeten Online-Marktplatzes Airbnb. Die Plattform brachte zunächst vor allem Privatpersonen zusammen, die ein Zimmer suchten oder untervermieten wollten. Schnell begannen auch gewerbliche Anbieter, Ferienwohnungen und andere Quartiere über Airbnb und Co. zu vermarkten.

Nach eigenen Angaben bietet Airbnb heute mehr als vier Millionen Inserate in 190 Ländern, und täglich übernachten über Airbnb rund zwei Millionen Menschen im „Zuhause“ anderer Menschen. 2017 verzeichnete die Plattform mehr als drei Millionen Gäste in Deutschland. Zugleich stieg die Zahl der Deutschen, die über Airbnb Quartiere in aller Welt nutzten, auf 5,5 Millionen – Rekord.

Kölner Bettensteuer wird auch bei Privatzimmern fällig

Wer über Airbnb eine Unterkunft mieten oder vermieten will, muss auf der Website des Unternehmens ein Nutzerprofil anlegen. Airbnb tritt nur als Vermittler auf. Gastgeber sind selbst für die Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen verantwortlich. In Deutschland benötigen Mieter das Einverständnis des Vermieters, wenn sie ihre Wohnung an Touristen untervermieten wollen. Das gilt auch, wenn Untervermietung im Mietvertrag ausdrücklich erlaubt ist, hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az. VIII ZR 210/13). Grundsätzlich muss man Einnahmen (Gewinne) aus Vermietung versteuern (wobei man anfallende Kosten gegenrechnen kann). Auf Antrag kann das Finanzamt auf eine Besteuerung verzichten, wenn die Einnahmen maximal 520 Euro pro Jahr betragen.

Seit 2014 erhebt die Stadt Köln eine „Kulturförderabgabe“ in Höhe von 5 Prozent des Übernachtungspreises –außer bei Übernachtungen, die zwingend beruflich veranlasst sind. Diese Bettensteuer wird auch für Privatzimmer fällig. Die Stadt Köln fordert Vermieter auf, die Abgabe bei ihren Gästen einzutreiben und an die Stadt abzuführen. In Dortmund wird die Bettensteuer direkt von Airbnb bei Zahlung der Unterkunft kassiert und später an die Stadtkasse überwiesen.

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