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Ungeliebtes GeburtstagskindHalsbandsittiche sind seit 50 Jahren in Köln

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Die Halsbandsittiche in Köln sind nach 50 Jahren an vielen Stellen in der Stadt nicht mehr erwünscht.

  • Vor 50 Jahren wurden die grünen Schreihälse das erste Mal in Köln gesichtet, der Nabu will ihnen deshalb sogar einen Geburtstagsfeier ausrichten.
  • Doch die Party könnte einsam werden, denn die Halsbandsittiche haben einen immer schwereren Stand in der Stadt.
  • Nicht zuletzt wegen ihrer Darmtätigkeiten werden die Papageien verjagt und finden keinen rechten Schlafplatz mehr.

Köln – Gibt es etwas Herzzereißenderes als ein Geburtstagskind, das von keinem gemocht wird? Diese traurige Rolle fällt nun dem Halsbandsittich in Köln zu. „Vor 50 Jahren wurde der grüne Papagei erstmals in der Stadt gesichtet“, sagt Achim Kemper vom Naturschutzbund Nabu. Der Ornithologe scheint einer der Letzten zu sein, der den eingewanderten Exoten noch sein Herz öffnet.

Der Nabu will dem kleinen Schreihälsen, die so gerne in großer Gemeinschaft leben und eine sehr rege Verdauung haben, sogar eine Party ausrichten. Am 18. Oktober wird sie im Bürgerhaus Stollwerk stattfinden. Doch es könnte eine einsame Geburtstagsfeier werden. Vielleicht kippt auch die Stimmung. Denn der Halsbandsittich hat keinen leichten Stand mehr in Köln. Verfolgt, verschreckt und vertrieben ist die Population mächtig beunruhigt. Die Vögel sind flatterhaft geworden.

Ausgerechnet in der Südstadt, ausgerechnet in dem Viertel Kölns, das gegenüber allen Einflüssen von außen so offen sein will, nahm das Verhängnis seinen Lauf. Auf dem Bäumen an der Dreikönigenstraße im Bereich des Rheinufers hatten die Tiere eine Heimat gefunden. Dort versammelten sie sich allabendlich zur Nachtruhe, hielten vorher noch ein kleines Schwätzchen und entleerten kräftig den Darm.

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Sittiche finden keinen Schlafplatz mehr

Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt. Unter anderem Eltern einer benachbarten Kita setzten sich zur Wehr. Sie hatten ob des geballten Kot-Bombardements Angst um die Gesundheit ihrer Kinder. Von Böllerschüssen ist die Rede. „Seit dem herrscht Unruhe“, sagt Kemper.

Die Tiere, für deren Seelenfrieden Gemeinschaft und ein fester Schlafplatz unabdingbar sind, irren allabendlich durch die Stadt. „Wir haben bisher fünf oder sechs Plätze rund ums Maritim-Hotel ausgemacht, die sie nun ansteuern“, sagt der Experte des Nabu. Wer sich des Abends an den südlichen Ausgang des Rheinufertunnels stellt, kann sehen, wie die grünen Papageien schreiend und flattern umherfliegen. Es scheint, als wüssten sie nicht recht, wo hin. Die Schlafsituation ist instabil geworden“, sagt Kemper besorgt.

Der Ornithologe sieht es mit Schrecken, denn im 50. Jahr der „grünen Funken“ zu Köln kommt es noch dicker. Alexander ante portas. Genauer: Der große Alexander. Auch er ein grüner Sittich, nur eben größer als sein Kollege mit dem Halsband. „Die nehmen denen die Kolonien weg. Wir haben etwa 500 bis 600 Alexandersittiche in Köln ausgemacht“, ist der Nabu-Experte beunruhigt. Wo die her kommen? „Wahrscheinlich aus Heidelberg.“ Die Strecke ist für die Tiere keine Entfernung. Heidelberger Ornithologen haben auch schon Sittiche aus Köln in ihren Populationen entdeckt.

Vermittelnde Gespräche mit Südstädtern scheitern

Kemper hätte das alles gerne verhindert. „Unser Ziel ist die Koexistenz.“ Doch daraus wird wohl nichts mehr. Vermittelnde Gespräche mit den Südstädtern scheiterten bereits im Ansatz. „Zu viele Emotionen“, sagt er. Damit waren auch solche Ideen des Nabu vom Tisch, wie Segeltücher in den Bäumen zu befestigen, um den Kot aufzufangen. Sozusagen eine Bettpfanne für Sittiche.

Der Vogelexperte hoffte, die Tiere seien am Maritim besser aufgehoben. „Das Hotel freut sich, es gibt Zuspruch von Gästen“, sagt Kemper. Doch da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Jan Lohrmann, stellvertretender Hoteldirektor des Maritims: „Ich weiß weder von einem Gast, der sich wegen der Vögel beschwert, noch von einem, der wegen ihnen gebucht hätte.“

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Er selbst pfeift auf die grünen Papageien. „Die knabbern die Dichtungen unserer Glashalle weg. Dadurch tritt Feuchtigkeit ein.“ Die dritte Front macht die Stadt auf. Eine Vergrämungsexpertin wurde von der Verwaltung beauftragt. Die kam bisher nur noch nicht zum Zug, weil die Südstädter mit ihren Böllern schneller waren. Aber sollten sich die Sittiche bald mal wieder für einen gemeinsamen Sammelschlafplatz entscheiden, schlägt ihre Stunde. Konzepte gibt es schon.

Trotz alledem, Kemper will die Flügel nicht hängen lassen. Er setzt auf die Party zum 50. Dia-Bilder von den schönen Tieren will er dann an eine Wand projizieren und mit Jazz-Musik untermalen lassen. Da gäbe es was von Charlie Parker, genannt „Bird“: Ornithologie. Eine rasante, flatterhafte Nummer.

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