Veranstalter in der KriseKölner Lichter fallen aus – Wie es jetzt weiter geht

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Werner_Nolden

Keine Perspektive: Lichter-Chef Werner Nolden blickt auf das Panorama, das im Glanz strahlen sollte.

Köln – Der Vogel „Phönix“  stirbt am Ende den Flammentod, um aus der Asche aufzuerstehen. Ein seltsamer Zufall, dass das Motto der 20. Kölner Lichter dem Feuervogel gewidmet war. „Phönix“ lautete die Überschrift zu dem Lichterspektakel, das die Menschen an diesem Samstagabend hätte begeistern sollen. Mehr als 300 000 Menschen wären wohl wieder gekommen. Doch die Raketen bleiben in der Garage. Der Chef der Kölner Lichter, Werner Nolden, musste das Feuerwerk über dem Rhein im April absagen. Aber damit fing die Arbeit erst an. Und nun hängt er völlig in der Luft. Über einen Veranstalter, der wie die ganze Branche nicht weiß, wie es weiter geht.

Die Absage

Als die Nachricht aus Berlin kam, traf sie Werner Nolden nicht unvermittelt. Der 67-Jährige ist immer gut vorbereitet. 19 Mal hat er das Lichterfest gezündet, auch als die Kölner es noch gar nicht haben wollten. Das war 2001, in den Anfangsjahren, als im Rathaus über die „biedere Hunsrückromantik“ gelästert wurde, die „einer Großstadt nicht würdig“ sei. Die Lichter sind immer größer und professioneller geworden. Kaum einer weiß, dass der Leverkusener dahinter steckt, der sich mit  Straßenfesten und Bierbörsen in der Region einen Namen gemacht hat. Nolden ist ein penibler Mensch, er überlässt nichts dem Zufall, schon gar nicht, wenn es um Sicherheit und Gesundheit der Besucher geht. Dass sein Sicherheitskonzept schon vor dem Unglück der Duisburger Loveparade höchsten Ansprüchen genügte, erwähnt er mit Nachdruck. Am meisten Sorgen hatte ihm bislang ein plötzlich aufziehender Sturm gemacht, doch der Wettergott meinte es stets gut mit dem „Herrn der Lichter“. Dass es es dieses Jahr eng werden würde, wusste Nolden schon vor dem Verbot aller Großveranstaltungen im März. Er hat noch einen Ausweichtermin gesucht, obwohl absehbar war: Dieses Virus würde so schnell nicht klein beigeben. Also Absage.

Kölner Lichter

In  20 Jahren haben sich die Kölner Lichter zu einem Publikumsmagneten mit Strahlkraft in der ganzen Region entwickelt.

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2001 fanden die  ersten Kölner Lichter statt. Die Initiative ging vom verstorbenen Bürgermeister Harry Blum aus, der zu Werner Nolden auf dessen Bierbörse im Mediapark Kontakt hatte. Die 20. Auflage wird nun frühestens 2021 stattfinden können.

350 000 Besucher strömen zu dem Feuerwerk.

2009 zogen die Feuerwerksschiffe vom Altstadtufer auf die Nordseite der Hohenzollernbrücke. So konnten im Rheinpark und rund um die Bastei mehr Besucher Platz finden.

1,3 Tonnen Feuerwerkskörper werden während des 30-minütigen Großfeuerwerks in die Luft geschossen. 500 000 Wunderkerzen werden jedes Jahr an die Besucher verteilt. Zur Müllvermeidung soll die Menge reduziert, dafür die Brenndauer erhöht werden.

53 Schiffe fahren bunt beleuchtet im Konvoi bis zur Altstadt und sorgen so für festliche Bilder, die der WDR live überträgt. 1000 Bauzäune und rund 300 Drängelgitter sind notwendig, um die Veranstaltung zu sichern.   Null Mikrogramm Feinstaub und stattdessen eine Lasershow fordern Umweltschützer. Veranstalter Werner Nolden beruft sich auf Messungen, die niedrige Wert ergeben hätten. Die Kölner Lichter seien ohne Feuerwerk nicht denkbar. (mft)

Die Abwicklung

16 000 Schifffahrtskarten, 5000 Terrassen- und Tribünenplätze und 2000 Karten für Partys und andere Events. Die Lichter sind ein Selbstläufer, ein großer Teil der Karten ist schon einen Tag nach Beginn der Vorverkaufs abgesetzt. Und der Vorverkauf beginnt, wenn die letzte Rakete am Himmel verglüht ist:  um 0 Uhr nach dem Ende der Lichter. 5000 Schifffahrtskarten hat Nolden selbst verkauft, der Rest lief über Partner. Für diese 5000 (1500 Käufer) musste er die Gelder schnell erstatten. Der Gesetzgeber hat mit der im Mai verabschiedeten Gutscheinregelung Veranstaltern helfen wollen. Demnach muss der Kartenbesitzer zunächst einen Gutschein akzeptieren, erst nach Ende des Jahres 2021 muss das Bargeld erstattet werden.

Das soll Liquidität sichern, doch Nolden wollte nicht auf die Zukunft wetten. „Ich wollte reinen Tisch machen. Wer weiß, wann es weitergeht.“ Also bot er allen Käufern die sofortige Erstattung an, mit dem kleinen Hinweis, man können einen Teil des Betrages für die Bearbeitung beim Veranstalter belassen, freiwillig. In den ersten Tagen gingen 500 E-Mails ein, „es war ein Tsunami“. Es gibt kein Computerprogramm für so etwas, die Daten mussten einzeln abgeglichen werden, mit Iban-Nummern. Ein Problem, das für Großveranstalter wie „Eventim“ kaum zu handhaben ist. „Die müssen plötzlich für Millionen Kartenbesitzer Regelungen finden.“ Und manche schicken ein Kuvert mit den Tickets mit der Bitte um Erstattung. In 14 Tagen, bitte. Nolden hat bereits allen Käufern das Geld erstattet.

Das Unternehmen

1,5 Millionen Euro beträgt das Budget für die Kölner Lichter. Für die Pyrotechnik, die Sicherheitsmaßnahmen, Absperrungen, Tribünen, Reinigung und so weiter. Ganz schön viel für einen Veranstaltungsbüro mit zwölf  Mitarbeitern. Die meisten arbeiten schon 20 oder 30 Jahre für Nolden, der selbst rund vier Jahrzehnte in der Branche tätig ist. Die Kölner Lichter hat er irgendwann in eine GmbH ausgegliedert, damit er im Fall einer Absage aufgrund unvorhergesehener Ereignisse nicht pleite geht. Gute Idee. „Mit den Lichtern wird man nicht reich, aber wir haben alle unser Einkommen damit verdient.“ Was übrig blieb, hat er zurückgelegt für schlechte Zeiten. Noch eine gute Idee. Denn natürlich bleibt er durch die Pandemie auf vielen Kosten sitzen. 15 000 Euro Soforthilfe hat der Unternehmer bekommen, aber das deckt nur einen Bruchteil des Verlustes.  „Wir haben acht Monate lang umsonst gearbeitet.“ Rund 300 000 Euro sind bereits geflossen, in Technik, Aufbauten, Sicherheit. „Das decken wir nun mit unseren Rücklage ab, dass wir das können, ist unser Glück.“ Das heißt aber auch: „Wir fangen wieder bei Null an.“

Wie es weiter geht

Das wüsste Werner Nolden auch gerne. Klar ist: Es geht nicht mit großen Einschränkungen. Mit der Hälfte der Schifffahrtskarten und halb vollen Tribünen würde der Wirtschaftsplan nicht funktionieren. Und ohne Verlässlichkeit geht es auch nicht.  Also hofft auch Nolden. Auf einen Impfstoff oder ein wundersames Verschwinden von Covid-19. „Wir planen nur, wenn wir Sicherheit haben. Wir haben keinen Schuss mehr frei.“ Bis dahin bleiben die Mitarbeiter in Kurzarbeit, denn auch die Bierbörsen finden derzeit nicht statt. Für die Lichter braucht er aber einen gewissen Vorlauf, spätestens im November müsse Klarheit da sein. Und wenn nicht? „Das Risiko trägt immer der Veranstalter“, sagt Nolden. Aber ein Zocker ist er nicht. Immerhin: Die Pyrotechnik, die Chef-Feuerwerker Georg Alef längst bestellt hatte, würde auch 2021 noch zünden. Und das Motto bleibt. „Phönix aus der Asche“, das passe doch sehr gut für den Re-Start der Lichter. Wann auch immer das sein sein mag.

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