VorgebirgstraßeObdachlose aus Osteuropa bekommen Notunterkunft

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Bis zu sechs Feldbetten stehen in jedem Zimmer. Türen gibt es aus Sicherheitsgründen nicht.

Bis zu sechs Feldbetten stehen in jedem Zimmer. Türen gibt es aus Sicherheitsgründen nicht.

Köln – Obdachlose aus EU-Ländern sollen ab Montag mit der Eröffnung der renovierten Notunterkunft an der Vorgebirgstraße „nicht mehr im Stadtbild auffallen“. Sozialdezernent Harald Rau stellte am Freitag vor, wie der Ratsauftrag in die Praxis umgesetzt werden soll.

Polizei und Ordnungsdienst sollten, so Rau, „keine Gewalt anwenden“, aber diese Menschen „deutlich motivieren“, das neue Angebot anzunehmen.

Personalienfeststellung und Maßregelungen sollen „restriktiv gehandhabt“ werden, sagte Rau: „Durch die EU-Freizügigkeit fühlen sich viele Menschen eingeladen, ins prosperierende Deutschland zu kommen.“ Ein „Sogeffekt Richtung Köln“ oder eine „Verfestigung von Obdachlosigkeit“ solle vermieden werden.

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Grundlegende Sanierung der Unterkunft

Kostenfrage

Innerhalb von sechs Monaten ist die Notunterkunft renoviert und neuen Sicherheitsaspekten angepasst worden. Alle Leitungen liegen unter dem Putz.

Innerhalb von sechs Monaten ist die Notunterkunft renoviert und neuen Sicherheitsaspekten angepasst worden. Alle Leitungen liegen unter dem Putz.

Der Stadtrat hat Ende 2017 schon 650.000 Euro zur Verfügung gestellt, um vorwiegend Wohnungslose aus Osteuropa zu betreuen, für die es keine gesetzliche Sozialhilfe gibt.

Anlaufstellen und Beratungsangebote an verschiedenen Stellen in der Stadt verwalten einen Teil des Geldes, der Großteil ist aber für Renovierung und Betrieb der Notunterkunft an der Vorgebirgstraße vorgesehen.

Ein Anteil von 240.000 Euro wird für Personal aufgewendet. Das sind Betreuer, Sprach- und Kulturmittler. Für den Wachdienst stehen zusätzlich 75.000 Euro zur Verfügung.

Das Gebäude in der Vorgebirgstraße ist nach dem Krieg als Notunterkunft für ausgebombte Kölner gebaut worden. In den 80er Jahren wurden Asylbewerber dort einquartiert. Mit den neuen Flüchtlingswellen wurde es Notaufnahme, zuletzt das zentrale Quartier der Winterhilfe. (mfr)

Rau will als Leiter einer Lenkungsgruppe, zu der auch Ordnungsdienst und Polizei gehörten, aber darauf schauen, dass repressive Maßnahmen und humanitäre Hilfe sich die Waage hielten. Rau weiß, dass etliche Menschen aus Bulgarien und Rumänien, die in Köln keine Arbeit fanden, auf der Straße leben.

Eine Schätzung von Sozialarbeitern besagt, dass rund 200 Menschen in Köln tatsächlich wohnungslos auf der Straße lebten, und von diesen ein Viertel EU-Ausländer seien, die zwar Reisefreiheit und einen Aufenthaltsanspruch von einem halben Jahr hätten, aber eben keinen Anspruch auf Sozialleistungen.

Die Notunterkunft ist seit April grundlegend saniert worden. Putz, Boden, Elektrik und Sanitärinstallation sind komplett neu. Sämtliche Leitungen wurden – auch aus hygienischen Gründen – brandgeschützt unter den Putz gelegt.

Der Eingangsbereich, ein barrierefreier Zugang und ein Trakt für Frauen sind nahezu fertig. Ansonsten ist noch viel zu tun, bis alle 90 Plätze zur Verfügung stehen. Ein zweiter Trakt wird die Winterhilfe beherbergen, so dass 150 bis 200 Menschen im Haus übernachten können – allerdings ohne Tiere. „Das Tierheim ist gleich auf der anderen Seite der Bahnunterführung. Dort können Tiere über Nacht unterkommen“, sagte Rainer Best, der die Notunterbringung für den Sozialdienst Katholischer Männer Köln koordiniert.

Tagesbereich ab Ende November fertig

Wer ab Montag kommt, darf von 19 bis 8 Uhr übernachten und im Sanitärbereich seines Gangs das Waschbecken benutzen. Erst Ende November wird ein Tagesbereich fertig sein, der auch das Duschen und Wäschewaschen ermöglichen wird. Warmes Essen, Kleiderkammer und medizinische Versorgung sollen dann zum Angebot gehören.

Nummerierte Becher, Kissen- und Deckenbezüge liegen bereit. Die Nummern sollen beim Einlass helfen, einen Überblick zu behalten und ermöglichen auch eine Kontrolle über das Nutzungsverhalten.

Nummerierte Becher, Kissen- und Deckenbezüge liegen bereit. Die Nummern sollen beim Einlass helfen, einen Überblick zu behalten und ermöglichen auch eine Kontrolle über das Nutzungsverhalten.

Türen gibt es nicht. „Sie könnten blockiert werden und Raum für Gewalt schaffen“, sagt Best. Kameras sollen für Sicherheit sorgen. Die Desinfektionsspender funktionieren per Sensor. „Die Flüssigkeit darin enthält Alkohol und landete zuvor täglich literweise als Zugabe im Kaffee“, sagte ein Mitarbeiter. Die Zahl auf dem Pappbecher, den jeder Übernachtungsgast am Eingang erhält, hat zwei Funktionen. Best: „Man sieht, wie viele Gäste schon da sind, und man kann sehen, wer wie mit seinem Becher umgeht.“

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