Weniger Geschäfte, mehr GastronomieWie sich das „kölscheste“ aller Veedel verwandelt

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Der Leerstand ist seit Jahren relativ unverändert.

Der Leerstand ist seit Jahren relativ unverändert.

  • Gefühlt besteht die Bonner Straße im Kölner Süden nur noch aus einigen Geschäften, dafür gibt es an jeder Ecke Gastronomie.
  • Die IHK Köln wollte genauer wissen, ob das tatsächlich stimmt.
  • Das Ergebnis hängt auch mit den steigenden Mietpreisen in der Südstadt zusammen.

Südstadt – Von Vina Asia Express bis zu eher exotischen Gaumenfreunden wie dem peruanischen Restaurant Señor Lora: Gefühlt besteht die Bonner Straße nur noch aus wenigen Geschäften und einem Lebensmittelladen, dafür gibt es an jeder Ecke Gastronomie.

Burgerbuden wie „die Fette Kuh“ oder „Einburgerung“ finden Anklang, die Italiener können sich über die Straße zuwinken, das Da Nino Pizzeria auf der einen, 485 Grad auf der anderen Seite. Der schnelle Hunger wird bei Nimet Grill oder Lukas Podolskis „Mangal Döner“ bedient. Dazwischen liegen dutzende Cafés, um mit Café Einbrand, Tenten Coffee, Café Einspänner, Keyf-I Café oder Café Istanbul nur einige zu nennen. Darüber hinaus wird die Ausfallstraße Richtung Bonner Verteiler durch Leerstände bestimmt. Ist das so oder kommt es einem nur so vor?

IHK prüft im Auftrag lokaler Unternehmer

Die IHK Köln wollte es genauer wissen. Eines vorweg: Das Gefühl trügt nicht. „Die Einzelhandelslandschaft in der Kölner Südstadt vollzieht seit einigen Jahren einen drastischen Wandel. Während die Zahl der Handelsbetriebe deutlich zurückgegangen ist, nimmt der Anteil der Gastronomie im Teilbezirk Südliche Innenstadt deutlich zu“, heißt es im Ergebnis einer Studie, die die IHK Köln bei „cima“ in Auftrag gegeben hat. Die Beratungsgesellschaft hat im Auftrag hier den örtlichen Handel und den lokalen Immobilienmarkt untersucht.

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Im August wurden dafür im gesamten Einkaufsbereich zwischen südlicher Innenstadt, Severinstraße und Bonner Straße über 200 Einzelhandelsbetriebe gezählt. Im Ergebnis bedeutet dies im Einzelhandel einen Rückgang um 22 Prozent gegenüber 2008. „Auf der Bonner Straße liegt der Rückgang sogar bei 33 Prozent“, geht aus der Studie hervor. Die Leerstandsquote sei mit rund zehn Prozent allerdings nahezu konstant.

Steigende Mietpreise

Dies liegt vor allem am Zuwachs im Bereich der Gastronomie, geht als weiteres Ergebnis aus der Studie hervor. „Die Südstadt wandelt sich offenbar vom Handelszentrum zu einem stark von der Gastronomie geprägten Viertel. Der Handel steht stark unter Druck, unter anderem durch die deutlich gestiegenen Mieten“, sagt Elisabeth Slapio, Geschäftsführerin Innovation und Umwelt der IHK Köln.

Der neuen Untersuchung zufolge sind die Mietpreise von Handelsobjekten im Severinsviertel und der Südstadt zwischen 2013 und 2018 im Durchschnitt um rund 29 Prozent von etwa 14,10 Euro pro Quadratmeter auf etwa 18,20 Euro gestiegen. Aktionstage wie die erstmalig von der IHK in der Südstadt initiierten Einkaufsaktion „Heimat Shoppen“, wie sie am letzten Wochenende stattfanden, sollen den stationären Einzelhandel stärken.

Die IHK unterstützte die Interessengemeinschaft Severinsviertel und ABC mit Öffentlichkeitsarbeit und Social-Media Marketing oder Werbematerialien (die Rundschau berichtete). Die Initiative „Heimat Shoppen“ besteht seit vier Jahren und hat sich nach Aussage der IHK unabhängig von der Streitfrage der verkaufsoffenen Sonntage entwickelt.

Ambiente und Flair

„Der Einzelhandel steht vor verschiedenen Herausforderungen wie dem zunehmenden Marktanteil des Onlinehandels, verschärftem Standortwettbewerb, steigenden Ladenmieten und verändertem Konsumentenverhalten“, weiß Philip Reichardt, Leiter Handel und Stadtmarketing der IHK Köln. Bemerkenswert sei aber eins: „Die Südstadt punktet vor allem mit Ambiente und Flair und schneidet in diesem Aspekt sogar besser als die Kölner Innenstadt ab. Das gastronomische Angebot und der lokale Einzelhandel in der Südstadt haben einen hohen Einfluss auf die Gesamtattraktivität aus Sicht der Passanten“, erklärt Reichardt weiter.

Weiteren Kundenbedarf konnte die Studie ebenfalls ermitteln. 45 Prozent der Befragten wünschen sich, zunächst online überprüfen zu können, ob die Ware im Geschäft verfügbar sei. Auch Veranstaltungen seien ein guter Hebel, mehr Frequenz in die Veedel zu bekommen. „80 Prozent der Befragten gaben an, dass für sie Veranstaltungen ein wichtiger Grund seien, häufiger in die Südstadt zu kommen“, hält Reichardt fest.

Alice Baker kann mit den Erkenntnissen gut arbeiten. „Das Ergebnis hat mich positiv überrascht“, meint die Vorsitzende der Interessengemeinschaft ABC, die einen höheren Einbruch durch den Onlinehandel erwartet hatte. Für Baker ist die Südstadt wie ein großes Shoppingcenter, nur eben auf einer viel größeren und weitaus attraktiveren Fläche. Den Motor, über eine qualitativ hochwertige Veranstaltung, für noch mehr Attraktivität zu nutzen, hat Baker verstanden. Derzeit stünden Planungen für eine Zusammenarbeit mit der Südstadt Safari im Raum – (siehe Infobox). Die soll nach den Querelen im letzten Jahr, als man die Veranstaltung aufgrund zu vieler Events kurzerhand strich, in diesem Jahr eine Wiederauflage erleben.

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