Zoff um Kosten für „Markt der Engel“Veranstalter fordern Standgebühren trotz Absage

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Der Markt der Engel am Neumarkt 

Der Markt der Engel am Neumarkt 

Köln – Streit ums Geld statt Besinnlichkeit: Die Veranstalter des Weihnachtsmarkts auf dem Neumarkt haben die Standbetreiber aufgefordert, einen beträchtlichen Teil der Miete für die Buden zu bezahlen, obwohl der „Markt der Engel“ in diesem Jahr wegen Corona ausfällt. Laut einem Brief an alle Betreiber, der der Rundschau vorliegt, fordert die Veranstaltungsgesellschaft CPV die Kunsthandwerker, Händler und Gastronomen auf, rund 45 Prozent der ursprünglich vereinbarten Standmiete zu bezahlen. Demnach werden für einen kleinen Stand statt 5237,40 Euro jetzt immerhin noch 2389,95 Euro fällig, obwohl dieser weder aufgebaut wird, noch betrieben werden kann. Die CPV hatte den Markt vorige Woche mit Verweis auf Corona abgesagt – das hatten die Märkte am Dom und Heumarkt/Alter Markt bereits Ende August getan.

Forderung an Standbetreiber wird mit anfallenden Kosten begründet

Begründet wird die Forderung damit, dass Kosten für Personal, Büro, Lager, Versicherungen, Zinsen, Gebühren, Telefon und mehr angefallen seien. Die Mieter seien laut Vertrag „auch dann zur Zahlung der vollen Standmiete verpflichtet“, wenn der Markt „aus vom Vermieter nicht zu vertretenden Gründen (z. B. höhere Gewalt oder behördliche Auflagen) ganz oder teilweise nicht stattfinden sollte“. Diese Regelung habe man in den Mietvertrag aufgenommen, um das Überleben des Unternehmens in Ausfalljahren „überhaupt gewährleisten zu können und eine ungleiche, einseitige Risiko-Verteilung zu vermeiden“.

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Im Kreise der Betroffenen hat die Forderung für große Verärgerung gesorgt. „Obwohl der Markt ausfällt und wir dort nichts verkaufen können, will uns der Veranstalter zur Kasse bitten, während wir auf unseren Unkosten sitzen bleiben“, sagte eine der betroffenen Personen der Rundschau. Eine andere meinte: „Anstatt dass wir unsere bereits geleistete Anzahlung zurückerhalten, sollen wir erneut zahlen – und zwar ohne jede Gegenleistung.“ Wegen Corona hätten viele Kunsthandwerker und Händler dieses Jahr wenig bis gar nichts verdient, sie hätten auf den Weihnachtsmarkt gehofft und dafür Waren produziert oder eingekauft, blieben jetzt auf ihren Kosten sitzen. „Und für die Kosten der Veranstalter sollen wir jetzt auch noch aufkommen. Dabei haben die den Markt doch abgesagt und nicht die Stadt.“

Wo es im Advent noch Budenzauber geben soll

Zwei größere Weihnachtsmärkte sind derzeit noch im Rennen: das Nikolausdorf am Rudolfplatz und der Hafen-Weihnachtsmarkt im Rheinauhafen. Auch der kleine Budenzauber auf dem Wiener Platz in Mülheim hofft auf eine Genehmigung durch das Gesundheitsamt. Edwin Kroll vom Hafenmarkt sagte, sein Konzept sehe eine komplette Trennung von Gastronomie und Handel vor. Um die Abstände zu vergrößern, reduziere man die Zahl der Händlerstände von rund 50 auf 30, die der Gastro-Angebote von 15 auf 10. Auf der Insel hinter der Drehbrücke werde es einen abgetrennten Gastronomiebereich mit Einlasskontrolle geben. Dort sei – wie in der Außengastronomie üblich – nur eine bestimmte Zahl Personen erlaubt, Besucher müssen sich anmelden. Davor ist ein Händlerbereich geplant, in dem Auflagen wie auf Flohmärkten gelten – mit Maskenpflicht, Abstandsregel und einem Einbahnstraßensystem.

Offen ist weiterhin, ob es im Advent auf den Plätzen der abgesagten großen Weihnachtsmärkte (Dom, Altstadt, Neumarkt) ein abgespecktes Angebot geben wird. Denkbar sind hier einige wenige Buden mit sehr viel Abstand dazwischen. Es hätten sich bereits Interessenten gemeldet, erklärte die Stadt, die Prüfungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte der Rundschau, sie wünsche sich, dass es im Advent am Dom und anderswo „Angebote für Besucher in kleinerer, überschaubarer Form“ gebe. „Die Plätze sollen nicht kahl und leer bleiben.“ Dazu gehöre auch festlicher Lichterglanz. „Der Verein Stadtmarketing hat der Stadt bereits ein wunderbares neues Konzept für die Weihnachtsbeleuchtung an den Einkaufsstraßen vorgelegt.“ (fu)

Die Stadt versicherte, dass der Veranstalter für den ausgefallenen Markt keinerlei Gebühren entrichten muss – weder Sondernutzungs- noch Verwaltungsgebühren. CPV-Geschäftsführer Herbert Putzmann erklärte auf Anfrage, man fordere in dieser besonderen Krisensituation von den Standbetreibern einen Kostenbeitrag, damit man als Veranstalter überhaupt bis zum nächsten Markt im Jahr 2021 überleben könne. Dabei stelle man nur tatsächlich entstandene Kosten in Rechnung. Selbstverständlich würden diese auch auf die von der CPV selbst betriebenen Stände umgelegt, darunter die Engelbar. Die CPV komme selbst für rund 110 000 Euro Unkosten auf.

Die Veranstalter der abgesagten Weihnachtsmärkte am Dom und Heumarkt/Alter Markt erklärten auf Anfrage, dass sie von ihren Budenbetreibern keine Mieten verlangen. Bereits geleistete Anzahlungen zahle man zurück. Der Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln, Martin W. Huff, sagte: „Hier liegt eindeutig kein Fall von höherer Gewalt vor. Höhere Gewalt wäre ein unvorhergesehenes Ereignis, aber Corona ist bereits seit einem halben Jahr bekannt. Nicht die Behörden haben den Weihnachtsmarkt abgesagt, sondern der Veranstalter hat das von sich aus getan. Damit hat er in Eigenverantwortung entschieden, den Mietvertrag zu kündigen, folglich hat er auch keine Ansprüche mehr daraus.“

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