Zwischen Triumph und TragödieSC Fortuna Köln blickt auf 70 bewegte Jahre zurück

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Großer gegen kleiner  Bruder hieß es 1983 im Pokalfinale, als Pierre Littbarksi und Hannes Linßen um den  Ball kämpften.

Großer gegen kleiner  Bruder hieß es 1983 im Pokalfinale, als Pierre Littbarksi und Hannes Linßen um den  Ball kämpften.

Nur acht Tage nach dem 1. FC Köln wurde am 21. Februar 1948 im Stadtteil Zollstock der SC Fortuna Köln gegründet. Und wie beim Effzeh war es ein Zusammenschluss: Bayenthaler SV, Sparkassen SV Köln und SV Victoria Köln fusionierten zur Fortuna.

Aber wie es bei kleinen Brüdern oft so ist, steht der Verein Zeit seines Bestehens im Schatten des großen FC aus Müngersdorf. Dabei hat und hatte auch der immer noch Dritte der ewigen Zweitliga-Tabelle einiges zu bieten. Der Kult-Club feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag und blickt mit vielen Sympathisanten in Köln auf eine bewegte Geschichte zurück.

Famililär und ehrlich

Herzlich, offen-ehrlich und familiär erobert der Verein von der Vorgebirgsstraße nach der Gründung viele kölsche Fußball-Herzen im Sturm. „Ich habe als kleiner Junge in Mülheim-Nord gekickt und wollte in einem Freundschaftsspiel gegen den Effzeh unbedingt mal auf einem Rasenplatz spielen“, erzählt Josef Kortlang, 62, wie seine Liebe zur Fortuna begann. „Als die Müngersdorfer uns dann auf die Asche geschickt haben, war dieser Club für mich passé.“ Stattdessen schaut er sich als Zwölfjähriger in der Saison 1966/67 an der alten Radrennbahn ein 1:1 der Südstadt-Elf in der damaligen Bezirksliga gegen Hamborn 07 an, sofort ist er mit dem Fortuna-Virus infiziert. „Seit diesem Tag gab es für mich keinen anderen Verein mehr.“

Aufstieg in den 70ern

Ausgerechnet in Kortlangs erstem Jahr als Fortuna-Fan übernimmt Hans „Jean“ Löring als Präsident und Geldgeber den Verein. Der ehemalige Profifußballer, den in Köln alle nur „Schäng“ nennen, schafft es mit seinem Engagement tatsächlich, die Fortuna 1973 zum Bundesliga-Aufstieg zu führen. „Gegen Mainz waren damals nur 200 Kölner mit im Stadion“, erinnert sich Kortlang noch heute an den Triumph, „die Busfahrt über die Severinstraße nach dem Spiel war unbeschreiblich. Da war alles komplett in unserer Hand.“

Eine der ersten Mannschaften der Fortuna.

Eine der ersten Mannschaften der Fortuna.

Der zweitgrößte Kölner Fußball-Club wäre aber nicht das, was er ist, wenn auf den Höhepunkt nicht wieder ein Tief gefolgt wäre. Trotz der Löring-Millionen kann sich die Fortuna nicht in der Bundesliga etablieren, sondern steigt gleich wieder in die neu geschaffene 2. Bundesliga ab. Dort avanciert sie 26 Jahre lang zur festen Größe, bevor 1983 der nächste Höhepunkt der Vereinsgeschichte ansteht.

Littbarski-Treffer entscheidet Pokalfinale

„Das DFB-Pokalfinale gegen den 1. FC Köln war unglaublich“, sagt Kortlang. Im Halbfinale habe er natürlich FC-Gegner VfB Stuttgart die Daumen gedrückt. Nachdem der große Stadtrivale in der Verlängerung doch mit 3:2 ins Endspiel eingezogen ist und die Fortuna mit Legenden wie Hannes Linßen und Dieter Schatzschneider durch ein 5:0 gegen Borussia Dortmund das Finalticket löst, sind die Tage vor dem 11. Juni 1983 „Vorfreude pur“. „Auch wenn wir in Müngersdorf 0:1 verloren haben, bleibt die riesige Feier im Südstadion in Erinnerung“, sagt der 62-Jährige. Schließlich ist die Fortuna dem FC spielerisch überlegen, unterliegt aber nach einem Treffer des späteren Weltmeisters Pierre Littbarski.

Josef Kortlang (mit Präsident Ulonska) ist eingefleischter Fan des Südstadt-Clubs.

Josef Kortlang (mit Präsident Ulonska) ist eingefleischter Fan des Südstadt-Clubs.

In den folgenden Jahren klopft Kortlangs Herzensverein noch mehrmals an die Tür zum Fußball-Oberhaus, scheitert aber beispielsweise 1986 in der Relegation gegen Dortmund. Als auch der große FC später schwächelt und in der 2. Liga gegen die Fortuna ran muss, gewinnen die Südstädter dort drei Mal gegen den kölschen Platzhirschen.

Geldprobleme und Insolvenz

Dann übernimmt sich Löring um die Jahrtausendwende beim Versuch, die fußballerische Nummer eins der Stadt zu werden und lässt den Club mit sieben Millionen Mark Schulden in die Insolvenz rutschen. Die Fortuna wendet das Aus zwar durch einen Schuldenschnitt ab, bis 2005 stürzt sie sportlich aber bis in die Landesliga ab. „Ich war damals im Betriebsrat der Telekom und konnte nicht glauben, dass unser Club die Sozialabgaben nicht mehr bezahlen konnte“, erinnert sich Kortlang.

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Er kannte Jean Löring persönlich und möchte dem gescheiterten Unternehmer, der vor seinem Tod 2005 bis zu 15 Millionen in den Verein gesteckt hat, nichts Schlechtes nachsagen. „Gut, dass dann Klaus Ulonska kam und den Verein gerettet hat. Ich hatte damals wirklich die Befürchtung, dass die Fortuna sich auflösen muss.“

Klaus Ulonska  mit seinem berühmten Spendenball.

Klaus Ulonska  mit seinem berühmten Spendenball.

Schon im Sommer 2005 hat der umtriebige ehemalige Leichtathlet Ulonska genügend Sponsoren akquiriert, um in der Verbandsliga ein starkes Team stellen zu können. Mit Präsident Ulonska als neuer, guter Seele des Vereins geht es wieder aufwärts. 2008 steigen die Kölner in die NRW-Liga auf, 2011 in die Regionalliga und 2014 unter Cheftrainer Uwe Koschinat in die 3. Liga.

Glücksmomente gegen Bayern München

Das Hinspiel gegen Bayern München II entscheidet die Fortuna mit 1:0 für sich, muss dann nach München. „Ich war beim Relegationsspiel im Grünwalder Stadion dabei“, erinnert sich Kortlang. „Als wir in Unterzahl 0:2 zurücklagen, musste ich das Stadion verlassen, weil ich es nicht aushalten konnte. Dass wir das 1:2 in der Nachspielzeit und damit den Aufstieg perfekt gemacht haben, habe ich am Telefon erfahren und bin weinend auf die Knie gefallen.“ Dies sei – bis auf die Geburt seiner Tochter – der glücklichste Moment in seinem Leben gewesen.

Kortlang engagiert sich als Platzordner in der 3. Liga und Kassierer bei der Reserve in der Landesliga ehrenamtlich für seinen Verein. „Ich habe von Klaus Ulonska kurz vor seinem Tod 2015 gelernt, in jeder Kirche eine Kerze für meine Familie und eine für die Fortuna anzuzünden“, sagt der Fortuna-Historiker. „Einfach damit es meinen Lieben und meinem Verein gut geht.“

Shakehands zum Anstoß: Wolfgang Fahrian und Franz Beckenbauer.

Shakehands zum Anstoß: Wolfgang Fahrian und Franz Beckenbauer.

Auch unter der neuen Führung von Hanns-Jörg Westendorf, Investor und Geschäftsführer Michael W. Schwetje sowie Cheftrainer und Sportdirektor Koschinat läuft es, die Mannschaft hat sich in der 3. Liga etabliert und sogar noch Chancen auf den Zweitliga-Aufstieg. Der SC Fortuna Köln, mit einer großen Jugend- und Damenfußball-Abteilung sowie der ambitionierten ersten Mannschaft als Aushängeschild, steht sehr gesund da – und das im Jahr des 70. Geburtstages.

Jubiläums-Feiern

Mit drei Veranstaltungen feiert SC Fortuna Köln seinen 70. Geburtstag. Am Donnerstag, 1. März, gibt es ab 20 Uhr einen Gottesdienst in der Lutherkirche. Am Freitag, 2. März, wird das neue Nachwuchszentrum der Fortuna an der Vorgebirgsstraße ab 15 Uhr eröffnet.

Im Odeonkino wird schließlich am Sonntag, 11. März, ab 11.30 Uhr ein Film aufgeführt. Dieser lässt die 70-jährige Vereinsgeschichte Revue passieren und erinnert an viele Hochs und Tiefs des Südstadt-Clubs. (alw)

„Ab in die Eifel“

Eine von vielen Fortuna-Anekdoten ist die von der spontanen Entlassung Harald „Toni“ Schumachers als Trainer des damaligen Zweitligisten. „Ich als Verein musste doch reagieren“, erklärte Hans „Jean“ Löring später.

Am 15. Dezember 1999 ist Coach Schumacher gerade auf dem Weg in die Kabine. Zur Halbzeit liegt die Fortuna mit 0:2 gegen Waldhof Mannheim zurück und der „Schäng“ reagiert als Präsident und Mäzen tatsächlich. „Hau ab in de Eifel. Du määs minge Verein kapott. Du häss hie nix mie zu sare...“, sind die überlieferten Worte des „Schäng“. Als das Spiel beim Stand von 1:5 abgepfiffen wird, ist die Trainerbank im Südstadion schon nicht mehr besetzt. Die Vereinschronik ist dafür aber um eine kultprägende Geschichte reicher. (alw)

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