„Jetzt müssen die Fachleute ran“Kölnerin organisierte Hunderte Helfer für Flutgebiete

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Viele Tage arbeitete Emily Miller von der Osten ehrenamtlich mit ihren Helfern in den Flutgebieten.

Kreis Euskirchen – Aus der Sorge um Mitarbeiter und Freunde ist in Köln ein riesiges Helfernetzwerk für die Flutbetroffenen im Kreis Euskirchen und im Landkreis Ahrweiler entstanden. An der Spitze der Helfertruppe steht die 27-jährige Emily Miller von der Osten.

Zu Spitzenzeiten wurden bis zu 450 Hilfskräfte mobilisiert

Mit viel Mut, Durchsetzungskraft und ihren Social-Media-Kanälen hat es die Unternehmerin geschafft, dass zu Spitzenzeiten sechs Reisebusse mit 450 Helferinnen und Helfer aus Köln und Umgebung nach Arloff, Iversheim, Bad Münstereifel und Gemünd gefahren sind, um dort Häuser auszuräumen und zu entkernen.

Auch in Altenahr, im Landkreis Ahrweiler, waren sie unterwegs. „Da waren Mädels dabei, deren Fingernägel länger waren als meine Finger. Aber die haben richtig mit angepackt“, sagt Raphael Klaumann, ein Baumanager, der die 27-Jährige bei der Koordinierung der Helfer unterstützte. Insgesamt seien unter den Helfern zu 80 Prozent Frauen gewesen.

Millers Firma produziert eigentlich Handyhüllen

Knapp vier Monate nach der Flut sitzen Miller von der Osten und Klaumann im Büro der Unternehmerin in Köln. Die beiden haben gerade eines ihrer ersten freien Wochenenden hinter sich. Denn seit Ende Oktober machen die Helfer Pause. „Die Häuser sind soweit entkernt und trocknen, jetzt müssen erst einmal die Fachleute ran“, sagt Miller von der Osten. Die Arbeit in ihrer Firma Milux, die Handyhüllen herstellt und verkauft, hat sie während der Fluthilfe schon ein wenig vernachlässigt.

Wenn Miller von der Osten und das Helferteam, in dem mittlerweile nicht nur Freundschaften, sondern auch zwei Liebesbeziehungen entstanden sind, nicht mehrfach pro Woche zum Entkernen im Einsatz waren, ist die 27-Jährige in die Flutgebiete gefahren, um neue Baustellen zu besichtigen oder Spenden zu verteilen. „Am Donnerstag nach der Flut habe ich bei Instagram zu Sachspenden aufgerufen, einen Tag später war das Büro bis oben hin voll, plus zwei Garagen“, sagt sie. Auch namhafte Influencer hätten den Aufruf geteilt.

„Den Leuten ist die Kinnlade runtergefallen“

Dann habe sie eine Freundin angerufen und für verrückt erklärt. „Wir brauchen keine Klamotten, wir brauchen helfende Hände und Arbeitsmaterial“, habe sie gesagt. Kurzerhand habe Miller von der Osten daraufhin ihren privaten und den geschäftlichen Instagram-Account mit rund 50.000 Followern genutzt, um Helfer zu suchen.

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„Wir haben uns am Sonntagmorgen nach der Flut in Köln getroffen, um nach Arloff zu fahren, weil dort eine meiner Mitarbeiterinnen wohnt und der Bezug da war. In der Nacht vorher konnte ich kaum schlafen, wir hatten extra einen Reisebus organisiert, und ich hatte Angst, dass keiner kommt. Und ich habe eh nur geknatscht, weil ich so viele Freunde nicht erreichen konnte“, so die Kölnerin.

Doch als sie am nächsten Morgen eine Stunde vor Abfahrt zum Treffpunkt gekommen sei, hätten schon Dutzende Menschen vor dem Bus gestanden. 70 Helfer zwischen 20 und 35 Jahren rollten später mit Schaufeln, Handschuhen und Eimern los gen Arloff. „Den Leuten ist die Kinnlade runtergefallen, als so viele Leute ausstiegen“, erzählt sie.

Follower werden weiter auf dem Laufenden gehalten

Miller von der Osten betont, wie ihr der Kreis Euskirchen am Herzen liege, und man merkt, wie gut sie sich dort auskennt. Als gebürtige Kölnerin. „Ich habe in Köln eine Privatschule besucht, die vorher im Kreis Euskirchen lag. Deshalb hatte ich viele Mitschüler aus dem Kreis. Ich habe im Porto Bello und in der Tonfabrik quasi meine Jugend verbracht“, sagt sie. Das habe in Köln nie jemand verstanden.

Kontaktmöglichkeiten

Wer Sachspenden und Helfer beim Anstreichen oder sonstigen Arbeiten braucht, kann sich melden:

info@mymilux.com

@miller_emily (Instagram)

Bei Instagram hält die 27-Jährige ihre Follower weiter über die Sorgen und Nöten der Betroffenen auf dem Laufenden. „Letztens schrieb eine Mutter, dass sie ihrer Tochter neue Kopfhörer zum Geburtstag schenken will. Sie waren bei der Flut kaputtgegangen. Nachdem ich das erzählt hatte, stand am nächsten Morgen schon ein Paket mit Kopfhörern vor dem Büro.“ Zeit, über die Geschehnisse nachzudenken, habe sie noch nicht gehabt. Die Gespräche auf den Rückwegen in der Gruppe hätten aber bei der Verarbeitung der Erlebnisse geholfen.

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