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"Safe Abortion Day"Entkriminalisierter Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen

Lesezeit 3 Minuten
„Safe Abortion Day“, Aktion der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung; Heike Gerhard (2.v.l.) mit dem Team Julia Secker, Judith Schroeder und Debora Vogt (v.l.).

„Safe Abortion Day“, Aktion der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung; Heike Gerhard (2.v.l.) mit dem Team Julia Secker, Judith Schroeder und Debora Vogt (v.l.).

Kreis Euskirchen – „Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung! Egal wo. Egal wer. Egal warum.“ Unter diesem Titel initiiert das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung am Montag, 28. September, einen bundesweiten Aktionstag, an dem sich erstmals auch die Euskirchener Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung beteiligt.

Am 28. September findet weltweit der „Safe Abortion Day“ statt, mit dem für einen sicheren, entkriminalisierten, kostenfreien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen geworben werden soll. Mit dem Motto „Schwangerschaftsversorgung ist Grundversorgung“ wird auf die Dringlichkeit hingewiesen, dass die Notsituation für ungewollt Schwangere, einen sicheren Ort und eine qualifizierte medizinische Fachkraft für eine Beendigung der Schwangerschaft zu finden, immer dramatischer wird.

Die Zahl der Arztpraxen und Kliniken die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ist zwischen 2003 und 2018 um mehr als 40 Prozent auf bundesweit etwa 1200 gesunken. „Ungewollt Schwangere, die eine Abbruch durchführen lassen wollen, müssen immer längere Strecken zurücklegen, bis zu 200 Kilometer“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung.

Offensichtliche Unterschiede in Europa

„Im Kreis Euskirchen gab es und gibt es seit Gründung der Beratungsstelle keine Praxis und kein Krankenhaus, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen“, sagt Heike Gerhardt von der Einrichtung, die in der Trägerschaft des Vereins „Frauen helfen Frauen“ ist. Betroffene müssten nach Köln, Bonn oder Hürth ausweichen. Die Forderung, das die Möglichkeit zum Abbruch flächendeckend verfügbar sein muss, unterschreibt das Team der Beratungsstelle.

Schwangerschaftsabbruch

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem zweiten Quartal 2019 um 0,5 Prozentpunkte niedriger. 96 Prozent der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Eine medizinische Indikation oder ein Sexualdelikt war in den übrigen vier Prozent die Begründung für den Abbruch.

Die Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung von „Frauen helfen Frauen“ suchten im vergangenen Jahr insgesamt 176 Frauen auf, die im Anschluss an die Beratung eine Bescheinigung erhielten, die ihnen einen Schwangerschaftsabbruch ermöglichte. Damit blieb die Zahl nahezu konstant zu den beiden Vorjahren.

Abtreibungen sind in Deutschland grundsätzlich verboten. „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, so Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs. Wer allerdings in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen abtreibt und sich vorab bei einer anerkannten Stelle hat beraten lassen, geht straffrei aus.

Auch darf eine Schwangerschaft straffrei beendet werden, wenn Leben und Gesundheit der Frau gefährdet sind oder sie durch eine Vergewaltigung schwanger wurde. (hn)

www.frauenhelfenfrauen-

euskirchen.de

Ein Blick in andere europäische Länder offenbare die Unterschiede: „In den Niederlanden ist ein Abbruch straffrei bis zur 22. Schwangerschaftswoche“, so Julia Secker. „In Malta hingegen steht das Leben des Ungeborenen über dem Leben der Frau“, so Gerhardt. Und Deborah Vogt fügt an, dass in Norwegen Schwangere in allen Krankenhäusern mit gynäkologischer Abteilung den Eingriff problemlos durchführen lassen können.

Übung an Papayas

Am Montag von 15 bis 18 Uhr will das Team der Beratungsstelle auf dem Klosterplatz präsent sein, um mit Interessierten ins Gespräch zu kommen. „Wir bemängeln auch, dass Schwangerschaftsabbrüche in der medizinischen Ausbildung nach wie vor nicht gelehrt werden“, so die Fachfrauen.

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„In Ballungszentren wie Berlin gibt es selbstorganisierte Workshops, in denen angehende Medizinerinnen und Mediziner lernen, wie ein sicherer Abbruch durchzuführen ist“, sagt Debora Vogt. Geübt wird dabei gerne an Papayas – die Frucht ähnelt in ihrer Form der eines menschlichen Uterus, Kerne und Fruchtfleisch lassen sich durch den spitz zulaufenden Hals der Frucht absaugen wie durch einen Gebärmutterhals.

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