„Verwerfliche Taten“Mann geht kurz nach der Flut in Euskirchen auf „Plündertour“

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In der von der Flut zerstörten Innenstadt war der 37-Jährige am 21. Juli in zwei Ladenlokale eingestiegen.

In der von der Flut zerstörten Innenstadt war der 37-Jährige am 21. Juli in zwei Ladenlokale eingestiegen.

Euskirchen – Die Hochwasserkatastrophe lag noch keine Woche zurück, große Teile des Euskirchener Zentrums waren zerstört worden. Es gab Todesopfer zu beklagen, viele Menschen hatten ihr Hab und Gut verloren. Und was tat Abdul A. (Name geändert) in dieser Situation? Er ging „auf Plünder- und Diebestour“.

So formulierte es der Vorsitzende Richter Dr. Wolfgang Schmitz-Jansen am Montag, nachdem das Euskirchener Schöffengericht gegen den 37-jährigen A. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verhängt hatte. Verurteilt wurde der marokkanische Flüchtling wegen zweimaligen versuchten Diebstahls in besonders schwerem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung.

Nach Überzeugung des Gerichts war der Angeklagte in der Nacht zum 21. Juli zum einen in ein früheres Wettbüro in der Klosterstraße eingedrungen, zum anderen in eine Buchhandlung in der Neustraße. Dort wurde er von der Polizei auf frischer Tat ertappt, als er sich an einem Tresor zu schaffen machte.

Die Staatsanwaltschaft Bonn hatte ihm auch zur Last gelegt, in einen Telefonladen in der Berliner Straße eingebrochen zu sein. Dies war ihm aber nicht nachzuweisen, sodass das entsprechende Verfahren eingestellt wurde.

„Rücksichtslose Gesinnung“

Mit seinem Urteil entsprach das Gericht dem Antrag der Anklagebehörde. Deren Vertreterin sprach mit Blick auf die Gesamtumstände von besonders verwerflichen Taten. In einer Zeit, in der die ganze Region unter den Flutfolgen gelitten habe und „die halbe Welt Anteil nahm“, in der Menschen in beispielloser Solidarität einander halfen, „kommt der Angeklagte auf die Idee, sich zu seinem eigenen Profit von anderen zu nehmen, was noch brauchbar ist, und zu zerstören, was ganz geblieben ist“, sagte die Staatsanwältin. Dies zeuge von egoistischer, rücksichtsloser Gesinnung.

Das Gericht hatte als Zeugen drei Polizisten aus Niedersachsen geladen, die mit ihrer Hundertschaft den Auftrag hatten, in der Innenstadt Präsenz zu zeigen, um Straftaten zu verhindern und das Sicherheitsgefühl der Bewohner zu stärken.

Einer der Beamten berichtete, seinen Kollegen und ihm sei während einer nächtlichen Patrouille aufgefallen, dass die Schaufensterscheibe einer Buchhandlung frisch eingeschlagen worden sei. Aus dem Inneren hätten sie Klopfgeräusche gehört. In einem Büroraum entdeckten sie Abdul A., der „sehr erschrocken“ gewesen sei. Nach Angaben des Polizisten deutete alles darauf hin, dass der Eindringling versucht hatte, mit einer Axt und einem Schraubendreher einen Tresor zu öffnen.

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In einem Rucksack, den er bei sich hatte, entdeckte die Polizei, als sie A. vorläufig festnahm, einen E-Book-Reader, Sammelboxen, Brotdosen und Notizbücher, außerdem Modeschmuck – offenbar Diebesgut. A. erklärte jedoch, er habe die Gegenstände gefunden, was vor Gericht nicht zu widerlegen war.

Der Angeklagte gab zu, dass er in dem Büroraum gewesen sei, er wisse aber nicht, warum. Er habe „den ganzen Tag bei Aufräumarbeiten geholfen“ und später eine fast komplette Flasche Rum geleert. Die Auswertung einer fünf Stunden nach der Festnahme entnommenen Blutprobe ergab im Wege einer Hochrechnung, dass A. zur Tatzeit etwa 2,6 Promille Alkohol im Blut hatte.

Sein Verteidiger Carl Horst Schroeder erklärte, dass ein Fall von verminderter Schuldfähigkeit vorliege, und plädierte auf ein deutlich milderes Urteil als die Anklagebehörde. Das Gericht sah nach der Zeugenvernehmung jedoch keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit.

Der Einbruch in das ehemalige Wettbüro wurde dem 37-Jährigen per DNA-Analyse nachgewiesen. Er hatte Blut verloren, als er sich verletzte, während er die Glasscheibe eines Süßigkeitenautomaten zertrümmerte.

Unter laufender Bewährung

Die Taten beging A., der in einer Flüchtlingsunterkunft außerhalb des Stadtgebietes Euskirchen lebte, bevor er in Untersuchungshaft kam, unter laufender Bewährung. Im Mai 2020 war er wegen Computerbetrugs zu acht Monaten verurteilt worden. Die Bewährungszeit läuft bis Mai 2023. Nun muss er damit rechnen, dass die Aussetzung des Vollzugs widerrufen wird. Auch sonst ist er strafrechtlich kein unbeschriebenes Blatt. Seit Juli 2020 kassierte er fünf weitere Urteile wegen Körperverletzung, Diebstahl, Nötigung, Beleidigung und eines Drogendelikts.

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