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„Videobeweis“ per HandySo gehen Amateur-Schiedsrichter mit Anfeindungen um

Lesezeit 3 Minuten
Eingespieltes Trio: Yannick Thomas (v.r.), Mike Rieden und Pascal Grabowski leiteten das Spiel in Eiserfey.

Eingespieltes Trio: Yannick Thomas (v.r.), Mike Rieden und Pascal Grabowski leiteten das Spiel in Eiserfey.

  • Immer wieder wurden in letzter Zeit Schiedsrichter in Amateurligen angegriffen.
  • Dennoch pfeifen Woche für Woche Hunderte Hobby-Schiedsrichter Spiele in der ganzen Region.
  • Wir haben ein Gespann begleitet und erfahren, wie sich die Aufgabe in den letzten Jahren gewandelt hat.

Eiserfey – Mike Riedens Einsatz dauert 180 Minuten: 90 Minuten Vorbereitung, 90 Minuten Spiel. Diesmal gab es keinen unrühmlichen Höhepunkt nach dem Schlusspfiff. 0:0 endet die Kreisligapartie zwischen dem TSV Feytal und der Sportgemeinschaft 92. Einen groben Fehler haben weder der Unparteiische noch seine Assistenten Pascal Grabowski und Yannick Thomas gemacht. Dennoch ist am Ende aus Sicht einiger Zuschauer das Trio Schuld, dass es nicht zum Sieg der Gastgeber gereicht hat. „Das ist das Schicksal der Schiedsrichter“, sagt Rieden schmunzelnd.

Vor eineinhalb Jahren wurde der Dom-Escher massiv von einem Zuschauer bedroht. Seitdem pfeift Rieden den entsprechenden Verein nicht mehr. Aber wegen eines Einzelnen dem Hobby nicht mehr nachgehen? Das kommt für ihn nicht infrage, dafür ist er zu sehr Schiedsrichter.

Und das Schiedsrichtern hat sich in den vergangenen Jahren verändert, ist digitaler geworden. Der Spielberichtsbogen ist längst nicht mehr aus Papier, sogar eine halbe Stunde vor dem Anpfiff überall in der Welt übers Internet abrufbar.

Einmal hätte ihn ein Handy retten können

Auf einen Videoschiedsrichter oder zumindest einen Handyschiedsrichter darf Rieden aber nicht zurückgreifen. Dabei hätte ihn das zumindest bei einem Spiel in Sötenich vor einer krassen Fehlentscheidung bewahrt. Bei einem Strafstoß war der Ball von der hinteren Torstange, an der das Netz befestigt ist, zurück ins Spielfeld geprallt. Rieden war der festen Überzeugung, dass der Ball am Pfosten war.

Die Handybilder eines Zuschauers zeigen aber, dass der Ball im Tor war. „Bei uns gibt es noch die Tatsachen- und damit leider auch mal eine Fehlentscheidung“, so Rieden. Und die sollen sich – so besagt es zumindest ein ungeschriebenes Fußballgesetz – im Laufe einer Saison ausgleichen.

Dennoch ist das Handy auch für Schiedsrichter vom Sportplatz nicht mehr wegzudenken. Rieden und Co. nutzen es, um an die Aufstellung der Trainer zu kommen und diese auf die Infokarte zu schreiben, die später in der Brusttasche der Unparteiischen verschwinden wird. Die Karten haben bei Rieden eine feste Ordnung. So steckt die Rote Karte immer in der Gesäßtasche – auch, um nicht mal im Eifer des Gefechts versehentlich die falsche Karte zu zeigen.

Ein besonderes Modell für Nachwuchsschiedsrichter

Schiedsrichter Rieden und sein Assistent sind ein eingespieltes Team, standen schon oft gemeinsam auf dem Platz. Rieden ist praktisch der sportliche Ziehvater des jungen Mechernichers. Seit zwei Jahren gibt es im Kreis Euskirchen das Tandem-Modell. In den Jugendligen werden Spiele mitunter von zwei Unparteiischen geleitet: einem Erfahrenen und einem Neuling.

„Der Jungschiedsrichter folgt seinem Paten in der ersten Hälfte wie ein Schatten. Nach dem Wechsel werden die Rollen getauscht. Dann übernimmt der Anwärter die Hauptverantwortung“, erklärt Rieden, der der Pate von Grabowski war.

Schiri-Kurse

Im Fußballkreis Euskirchen werden Schiedsrichter gesucht. Der nächste Anwärter-Lehrgang ist am Samstag, 29. Februar, im BZE in Euenheim. Weiter geht’s am 7. März und 8. März. Die Kurse finden jeweils von 9 bis 16 Uhr statt. Teilnehmen kann jeder, der mindestens 14 Jahre alt ist.

mike.rieden@fvm.de

www.schiri-werden.de

Eine fixe Dauer der Patenschaftsmodelle gibt es im Fußballkreis Euskirchen nicht. Mit dieser Flexibilität werde man dem unterschiedlichen Entwicklungstempo der jungen Schiedsrichter gerecht, so Rieden. Angedacht seien etwa drei Spiele im Tandem-Modell. Dann soll der Jungschiedsrichter alleine die Spiele leiten.

Rieden: „Ich kann das jedem wirklich nur empfehlen“

Mittlerweile leitet der Mechernicher Spiele alleine und assistiert in höherklassigen Ligen. Beides mache ihm viel Spaß, sagt er.

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Das Spiel in Eiserfey ist für das Trio kein Problem – auch wenn die einheimischen Zuschauer am Ende den Schuldigen für das torlose Remis beim Schiedsrichtergespann suchen – und ihrer Meinung nach auch finden. „Das ist ganz normal. Allen kann man es als Unparteiischer nie recht machen“, so Rieden, der trotz allem unheimlich gerne Schiedsrichter ist: „Ich kann das jedem wirklich nur empfehlen.“

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