Windkraft in Bad MünstereifelDies sind die Argumente der Befürworter der Windräder

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Flyer der Initiative Rückenwind

Bad Münstereifel – Sind Sie dagegen, dass die städtischen Flächen in der Gemarkung Nöthen (Nöthener Wald/Pfaffenbusch) für Windkraftanlagen zur Verfügung gestellt werden? Über diese Frage können alle wahlberechtigten Münstereifeler bis Sonntag, 30. Mai, abstimmen. Für die Befürworter der Windräder ist die Antwort auf die Frage ein klares „Nein“. Hier finden Sie  wichtigsten Argumente der Initiative Rückenwind sowie der Ratsfraktionen CDU, Linke und Grüne: Einnahmen für die Stadt und Klimaschutz.

Finanzielle Argumente

Laut der Befürworter entlasten die Windkraftanlagen den städtischen Haushalt, die Bürger und sie unterstützen lokale Unternehmen wie die Hammerwerke Erft. Sie begründen dieses Argument mit den Einnahmen durch die Verpachtung. Die CDU will die Anlagen nur auf städtischen Grundstücken zulassen. Eine Ablehnung des Baus auf diesen verhindere nicht, dass Privatpersonen ihre Grundstücke verpachten – dann aber würden die Bürger nicht profitieren.

Ein großer Wirtschaftsfaktor der Stadt ist die Forstwirtschaft. Durch Trockenheit, Stürme und Käfer geschädigte Bäume verringern allerdings den Holzertrag und wirken sich so auf den Haushalt aus. Sowohl Rückenwind als auch die Ratsfraktionen befürchten: Das führt zu höheren Steuern, weil der städtische Haushalt ausgeglichen werden muss. Die Initiative wägt außerdem die Folgekosten von Windkraft- und Braunkohlestrom ab. Wenn alle Umweltschäden in Braunkohlestrom eingepreist wären, müsste die Kilowattstunde heute schon mehr als einen Euro kosten, argumentiert Rückenwind.

Faktencheck: Die Stadt musste seit 2017 etwa 300 Hektar Fichtenwald abholzen. Das entspricht einem Drittel des gesamten Fichtenvorrats in Bad Münstereifel. Laut Forstbetrieb haben Fichten im Pfaffenbusch keine Zukunft. Sie sind schon jetzt abgestorben oder stehen kurz davor. Steuererhöhungen, beispielsweise der Grundsteuer, sind nicht ausgeschlossen. Die Stadt befindet sich derzeit im Haushaltssicherungskonzept. Der Jahresfehlbetrag beträgt 2021 rund 1,9 Millionen Euro.

Die Erzeugung einer Kilowattstunde Braunkohlestrom kostet zwischen 4,59 bis 7,98 Cent. Hinzu kommen Umweltkosten, die das Umweltbundesamt auf 20,81 Cent schätzt. Zum Vergleich: Eine Kilowattstunde Strom aus Windkraft kostet zwischen 3,99 und 8,23 Cent. Die Umweltkosten betragen 0,28 Cent.

Standort

Gute Alternativstandorte für Windkraft gibt es sowohl für Rückenwind als auch für Linke, Grüne und CDU in Bad Münstereifel nicht. Bürger anderer Ortsteile müssten sich deshalb keine Sorgen machen, dass bei ihnen Anlagen gebaut werden.

Faktencheck: Naturschutzgebiete und Siedlungen machen es fast im gesamten Stadtgebiet unmöglich, die gesetzlich festgelegten Abstände für den Bau von Windrädern einzuhalten. Wegen des Radioteleskops Effelsberg können östlich der Kernstadt Bad Münstereifel gar keine Windkraftanlagen gebaut werden. Auch der Astropeiler Stockert könnte die Standortwahl beeinflussen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Gesundheitsgefahren

Weil die Windräder mehr als 1000 Meter von der Wohnbebauung entfernt sein sollen, hält die Initiative die Auswirkung auf die Gesundheit der Nöthener und Hohner für nicht relevant. Topographie und Himmelsrichtung würden die Argumente Schlagschatten und Schallbelästigung entkräften. Der Rest von Bad Münstereifel wäre ohnehin nicht betroffen.

Faktencheck: Auch Pesch und Bouderath wären betroffen. Diese liegen knapp einen Kilometer vom Windkraftstandort entfernt. Gesundheitsgefahren, durch Infraschall etwa, lassen sich nicht ausschließen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Naturschutz

Die Befürworter sind sich sicher: Die Windkraftanlagen in Nöthen schützen den Wald langfristig. Denn Windkraft ersetze die „Waldkiller Nr. 1“ Braunkohle, Steinkohle, Erdgas und Benzin.

Faktencheck: Ob Windkraft den Wald langfristig schützt, lässt sich schwer abschätzen. Möglich ist es aber. Fossile Energieträger zerstören den Wald nicht direkt. Trockenheit, Schädlinge und Stürme tun es. Manche Bäume profitieren auch vom Klimawandel, die Eiche etwa. Darauf weist eine Studie der Technischen Universität Dresden hin. Windkraft kann auch das Mikroklima beeinflussen. Mehr dazu auf Seite 35.

Klimawandel

Eines der wichtigsten Argumente der Befürworter ist der Klimawandel. Windkraft helfe, in Deutschland eine Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen und die 83 Prozent fossiler Energieträger auf null zu setzen. Rückenwind und die Grünen argumentieren global: Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien könne der weltweite Temperaturanstieg begrenzt werden. Außerdem sei der Platzbedarf der drei Windräder sehr gering. Die Befürworter weisen zudem darauf hin, dass Bad Münstereifel im Hinblick auf die erneuerbaren Energien Schlusslicht im Kreis ist. Ihr Anteil am Stromverbrauch beträgt in der Stadt 4,5 Prozent. Sie appellieren an die Bürger, sich für die Windräder einzusetzen, denn das sei „gelebte lokale Verantwortung“ und „der Preis unseres Lebensstils“.

Faktencheck: Windkraft kann helfen, Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen. Die deutschlandweit installierte Gesamtleistung vom Photovoltaik und Windkraft müsse sich hierfür vervier- bis versiebenfachen, stellte das Fraunhofer Institut 2020 fest. Wie hoch der Platzbedarf für die Windräder ist, wird auf Seite 35 erläutert.

Die erneuerbaren Energien haben derzeit einen Anteil von 17 Prozent am Primärenergieverbrauch in Deutschland, die fossilen liegen bei 76 und nicht bei 83 Prozent. Sechs Prozent entfallen auf die Kernkraft, ein Prozent auf sonstige Energieträger. Bad Münstereifel ist bei erneuerbaren Energien tatsächlich Schlusslicht im Kreis.

Tourismus

Auch Touristen ließen sich nicht von den Windrädern abschrecken, sagt die Bürgerinitiative. Sie würden ihre Reiseentscheidungen nach anderen Kriterien treffen und ständen der Windkraft neutral bis positiv gegenüber.

Faktencheck: Der Einfluss von Windkraftanlagen auf den Tourismus ist umstritten. Mehr dazu auf Seite 35.

Rundschau abonnieren