Flutopfer spielt für FlutopferMusik ist für Bassist aus Bad Münstereifel ein „Anker“

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Seine wertvollsten Instrumente hat Bassist Bruno Baum vor der Flut gerettet. Jetzt hat er mit seiner Band „Rostfrei“ ein erstes von mehreren Benefizkonzerten gegeben.

Seine wertvollsten Instrumente hat Bassist Bruno Baum vor der Flut gerettet. Jetzt hat er mit seiner Band „Rostfrei“ ein erstes von mehreren Benefizkonzerten gegeben.

Bad Münstereifel/Wolfert – Auch das alte Haus von Bruno Baum in Bad Münstereifel hat die Katastrophe vom 14. Juli schwer getroffen – doch es ist zumindest noch bewohnbar. Der 68-Jährige ist Bassist der Band „Rostfrei“, die am Samstag das erste von mehreren geplanten Benefizkonzerten für Hochwasseropfer gab. Er habe da so ein Brettchen, sagt Bruno Baum.

Das habe er auch am 14. Juli noch vor die Eingangstür seines Wohnhauses an der Johannesstraße stellen wollen. „Hochwasser haben wir doch immer mal wieder“, habe er noch gedacht. Doch dann merkte er, dass dieses Hochwasser anders war – und das mit dem Brettchen eine sinnlose Idee. Denn das Wasser stieg schnell, immer weiter, man habe praktisch zusehen können, so der Erftanwohner. Kurze Zeit später war der reißende Strom der Erft, die sich bis in die Nacht durch Bad Münstereifels Altstadt wälzen sollte, schon so gewaltig, „dass ein alter Sandsteintrog, der heruntergeschwommen kam, meine Haustür mit einem Schlag in zwei Teile zerbrach.“

Retten, was zu retten ist

Da war Baum längst klar, dass es nur noch darum gehen konnte zu retten, was zu retten ist. Er habe die wertvollsten seiner Instrumente im Aufnahmestudio im Keller gepackt und ins Obergeschoss gebracht, dann seine Frau und sich selbst. Da war der Strom längst ausgefallen, die Telefonleitung stumm. Mit einer Taschenlampe musste sich Baum im Haus orientieren. Er sendete Lichtzeichen in Richtung der Häuser gegenüber am anderen Erftufer. Mit wenig Resonanz: „Seitdem die Altstadt Outlet-Center ist, sind nur noch wenig Häuser bewohnt“, so Baum. Wie zum Beweis zeigt Baum Smartphone-Videos der schrecklichen Stunden, als seine Heimatstadt im Hochwasser fast versank. „Meine Frau hatte Todesangst.“ Er versucht, sich im Nachhinein die Naturgewalt der tobenden Erft so klar zu machen: „Ich bin zwar ein guter Schwimmer, aber da wäre ich natürlich chancenlos gewesen.“ Anderen aber sei es doch viel schlimmer ergangen, so seine Meinung.

Kreis Euskirchen: Anlaufstellen und Beratung

Hotlines des Kreises Euskirchen: Bürgerfragen, Helfer

Die Hotlines des Kreises Euskirchen::

Bürgerfragen 02251 - 15 888

Helfer-Hotline 02251 - 15 910

Vermissten-Hotline 02251 – 1111

Aufräumarbeiten und Hilfe

In den Städten und Gemeinden des Kreises schreiten die Aufräumarbeiten voran. Doch es fehlt noch an vielem. Daher sind zahlreiche Angebote und Anlaufstellen eingerichtet.

Seelische Krisen

Beratung bei seelischen Krisen in der Hochwasser-Katastrophe Viele Menschen haben in dieser Zeit sehr belastende Erfahrungen gemacht und teilweise traumatische Situationen erlebt. Das Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen bietet unter folgender Telefonnummer entsprechende Hilfe an:

02251/ 15 466 Erreichbarkeit: Montag: 8.30 Uhr - 15.30 Uhr Dienstag: 8.30 Uhr - 15.30 Uhr Mittwoch: 13.00 Uhr - 18.00 Uhr Donnerstag: 8.30 Uhr - 15.30 Uhr Freitag: 8.30 Uhr - 12.30 Uhr

Medizinische Hilfe im Kreis Euskirchen

Vielerorts sind Geräte beschädigt, Gebäude unbetretbar und Zufahrtstraßen zerstört. Hier haben wir die Anlaufstellen für medizinische Versorgung im Kreis Euskirchen zusammengestellt.

Trinkwasser

Noch immer ist nicht im gesamten Kreis die Wasserversorgung gewährleistet: Vor allem Bad Münstereifel kann nicht alle Ortschaften mit Wasser, geschweige denn Trinkwasser versorgen. Wasser aus der Leitung sollte nach wie vor abgekocht werden. Für einige dieser Gebiete hat der Kreis eine Verordnung erlassen, für das restliche Kreisgebiet gilt weiterhin die Empfehlung, Leitungswasser abzukochen. Ein Überblick.

Sperrungen

Diese Straßen sind im Kreis Euskirchen aktuell gesperrt.

Strom

In Teilen des Kreises ist die Stromversorgung noch unterbrochen. Betroffen sind vor allem noch Bad Münstereifel und die Euskirchener Innenstadt.

Hotline der Bezirksregierung

Für Betroffene der Flutkatastrophe hat die Bezirksregierung Köln eine Hotline eingerichtet. Unter 0221/1472206.

Bargeld-Versorgung

Dokumente und EC-Karte von der Flut weggeschwemmt – was nun? Immer mehr Menschen im Kreis melden sich bei den Kreditinstituten, weil sie nicht wissen, wie sie an Bargeld kommen. Aber auch die Institute selbst sind in hohem Maße vom Hochwasser betroffen. Zahlreiche Geldautomaten funktionieren nicht, ganze Filialen sind aufgrund der Zerstörungen geschlossen. Was können die Betroffenen tun, um an Geld für das Lebensnotwendige zu kommen? Ein Überblick.

Newsblog zur Hochwasser-Katastrophe

Diesen Artikel zu den Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe im Kreis Euskirchen, den Aufräumarbeiten und der Hilfe-Koordination aktualisieren wir fortlaufend.

Auch am Samstag hat Baum daheim noch keinen Strom, als er vor dem ersten Benefizkonzert seiner Band „Rostfrei“ für die Hochwasseropfer seine Geschichte im Biergarten von Wolfert erzählt. Eine Heizung gibt’s nicht, seit Donnerstag jedoch fließendes Wasser. Doch das alte Haus an der Johannesstraße gibt es noch.

Meterdicke Wände haben gehalten

„Es ist auch noch bewohnbar, das hat ein Statiker festgestellt“, ist Baum erleichtert. Der 400 Jahre alte Keller mit den „meterdicken Wänden“ hat gehalten. Er wurde wie das Erdgeschoss geflutet. Ja, er habe eine Elementarschadenversicherung, so Bruno Baum: „Aber darin sind Hochwasserschäden nicht eingeschlossen, weil das Haus in einem hochwassergefährdeten Gebiet steht.“ Dennoch bleibt in Bad Münstereifel vermutlich das Gebäude erhalten, in dem einst der „Heilige Doktor von Moskau“, Dr. Friedrich-Joseph Haass (1780-1853), Sohn eines Apothekers, geboren wurde. Haass, von der katholischen Kirche selig gesprochen, wurde berühmt, weil er 25 Jahre lang Strafgefangene in Russland seelsorgerisch, sozial und medizinisch betreute.

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Das „Haass-Haus“ ist heute in Familienbesitz. Natürlich wolle er dort wohnen bleiben, wo er geboren wurde, berichtet Bruno Baum. Wegziehen und aufgeben – das seien für ihn nun mal keine Alternativen: „Es muss ja weitergehen.“ Jetzt ist die Musik sein Anker für den Neuanfang. „Ich mache Musik, seit ich neun Jahre alt bin“, sagt Baum leise und schmunzelt. Am Donnerstag fuhr er nach Arloff, ein weiteres Katastrophengebiet seit dem Hochwasser. Dort lebt seine Schwiegermutter, und seit der Katastrophe hat er sie mangels Telefon- und Smartphone-Netz nicht erreichen können. Er klingelte an der Haustür. Seine Schwiegermutter habe geöffnet, ihn gesehen und nur erleichtert ausgerufen: „Kind, Du levvs noch!“

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