Mars-MissionRadioteleskop Effelsberg half durch die Minuten des Schreckens

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Das Radioteleskop aus Effelsberg.

Bad Münstereifel – 410 Sekunden. Länger hat es nicht gedauert, bis der Rover Perseverance im Mars-Krater Jezero gelandet ist. Dem kleinwagengroßen Roboter drohte dabei mehrfach ein vorzeitiges Ende: Er hätte in der Atmosphäre verglühen oder auf der Planetenoberfläche zerschellen können. Diese sieben Minuten gelten bei der NASA nicht umsonst als die „Sieben Minuten des Schreckens“.

Als Rückversicherung, dass bei der Landung auch alles geklappt hat, dienten die beiden größten beweglichen Radioteleskope auf der Erde. Eines davon steht in Green Bank im US-Bundesstaat West Virginia. Das andere in Effelsberg im Kreis Euskirchen.

Radioteleskop zeichnete den Beep auf

„Es ist ein kleiner, aber wichtiger Aspekt bei der Landung, an dem wir beteiligt waren“, sagt Norbert Junkes vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Von einem Zehn-Watt-Sender auf dem Marsrover wird ein UHF-Trägersignal bei einer Frequenz von 401,56 Megahertz abgestrahlt. „Das ist ein sehr schwaches Signal, quasi nur ein Beep.“

Aber dieser vom Radioteleskop aufgezeichnete Beep liefert der Nasa entscheidende Daten. Denn die Frequenz verschiebt sich, wenn die Sonde abbremst. So können die Wissenschaftler feststellen, ob die Landung wie geplant verläuft. Grund dafür ist der Doppler-Effekt, der auch von Martinshörnern bekannt ist: Bewegen sich Sender und Empfänger voneinander weg, verändert sich die Tonfrequenz.

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Am Donnerstagabend sei „alles bestens“ verlaufen. Junkes spricht sogar von einer Bilderbuchlandung. Beinahe aber hätten die Forscher aus Effelsberg nichts zu dem Projekt beitragen können. Für Donnerstagabend waren Windböen mit einer Geschwindigkeit von 14 bis 15 Metern pro Sekunde angekündigt.

Die „magische Zahl“ liege bei 16, sagt Junkes. „Dann hätten wir unsere Messungen nicht mehr durchführen können.“ Das Teleskop hätte dann abgeschaltet werden müssen, damit es nicht unfreiwillig als 7850 Quadratmeter großes Windsegel dient. „Und die Konsequenz daraus wäre gewesen, dass unsere Daten verloren gehen.“

Ein großes Ärgernis vor allem dann, wenn die riskante Landung gescheitert wäre. Denn die Daten aus Effelsberg sind wichtig für die Fehleranalyse – und Marslandungen wegen einer Besonderheit so schwierig, dass bisher nur etwa 40 Prozent von ihnen klappten.

Landungen auf dem Mars lassen sich nämlich nicht mit denen auf Erde oder Mond vergleichen. Der Mars hat zwar eine Atmosphäre. Weil diese aber weniger dicht als die der Erde ist, kann ein Fallschirm die Sonde nicht stark genug abbremsen.

Landung mit dem Himmelskran

Die Nasa greift deshalb auf eine Kombination mehrerer Verfahren zurück: Nach dem Eintritt in die Atmosphäre wird die Sonde abgebremst, dann ein Überschallfallschirm gezündet. Kurz vorm Aufsetzen kommen Bremsraketen zum Einsatz, wie sie auch bei Mondlandungen genutzt werden. Eine Neuheit bei der Landung von Perseverance war der Himmelskran. Dieser trennte sich knapp über dem Boden von der Sonde und setzte den Rover sanft im Jezero Krater ab.

Perseverance soll nach Spuren von Leben suchen

Nach Spuren früheren Lebens im Jezero-Krater soll Perseverance im Auftrag der NASA suchen. Gleichzeitig sammelt der Rover Daten über das Klima und die Geologie des Erdnachbarn.

Die gesammelten Proben sollen zum ersten Mal von weiteren Sonden zur Erde gebracht werden. An Bord des Rovers befinden sich sieben wissenschaftliche Instrumente.

Eine Kamera ist darunter, die farbige Panorama-Bilder in 3D aufnimmt. An der Bild- und Datenverarbeitung ist auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beteiligt. (maf)  

„Der Landevorgang lässt sich nicht manuell von der Erde aus steuern“, erläutert Junkes. Jedes Signal werde mit Lichtgeschwindigkeit übermittelt und erreiche den Mars deshalb erst elfeinhalb Minuten später. Deshalb sprechen Wissenschaftler auch von den „Sieben Minuten des Schreckens“ während der Landung. Egal, was auf der Marsoberfläche passiert – die Wissenschaftler können nur bangen und hoffen, dass alles gut geht.

Kritisch ist vor allem die letzte Phase der Landung. Im Krater gibt es praktisch keinen Sichtkontakt zur Erde mehr. Die Signale kommen nicht mehr an. Der Rover kommuniziert deswegen ab sofort weder direkt mit der Nasa noch mit den Forschern in Effelsberg. Er nutzt eine Relaisstation in der Marsatmosphäre als Vermittler.

In Effelsberg steht Europas leistungsfähigstes Teleskop

Der Mars ist ein vergleichsweise nahes Ziel für die Effelsberger Forscher. „Was wir beobachten, findet viel weiter weg statt“, sagt Junkes. Das radioastronomische Institut erforscht entfernte Sternensysteme wie die Andromeda-Galaxie. Die ist 2,5 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt – und ein Lichtjahr entspricht 9,46 Billionen Kilometern. Der Mars ist im Vergleich dazu nur einen Katzensprung entfernt: Die Entfernung zwischen Erde und Mars schwankt zwischen 56 und 401 Millionen Kilometern. Derzeit ist er etwa 200 Millionen Kilometer entfernt. Selbst schwächste Signale aus dem Weltall kann das 3200 Tonnen schwere Teleskop empfangen. Seine Antenne hat eine Oberfläche von etwa 7850 Quadratmetern. Der große Durchmesser von 100 Metern ist entscheidend für das vergleichsweise hohe Winkelauflösungsvermögen. In knapp zwölf Minuten kann der Parabolspiegel um 360 Grad gedreht und in sechs um fast 90 Grad gekippt werden. So lässt sich der gesamte Himmel über dem Horizont beobachten.

Nicht zum ersten Mal ist das Team des Radioteleskops an einer Mars-Mission beteiligt. Im November 2018 waren sie am Projekt InSight beteiligt. Damals besuchten auch zwei Mitarbeiter der Nasa das Institut in Effelsberg.

In Betrieb genommen wurde das Radioteleskop der Max-Planck-Gesellschaft im Jahr 1972 nach einer Bauphase von vier Jahren. 29 Jahre lang war es das größte bewegliche Radioteleskop auf der Erde. Abgelöst wurde es 2000 durch das Robert C. Byrd Teleskop in Green Bank im US-Bundesstaat West Virginia. Dessen Durchmesser liegt mit etwa 110 Metern knapp über dem des Effelsberger Radioteleskops. 

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