Tafel Bad MünstereifelEhrenamtler arbeitet 40-Stunden pro Woche ohne Verdienst

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Willy Kirchartz (v.l.), zweiter Vorsitzender der Bad Münstereifeler Tafel, Sandra Ehlen, Pressesprecherin der „ene“ in Kall, und Hans-Detlef Mewes, der Vorsitzende

Willy Kirchartz (v.l.), zweiter Vorsitzender der Bad Münstereifeler Tafel, Sandra Ehlen, Pressesprecherin der „ene“ in Kall, und Hans-Detlef Mewes, der Vorsitzende

Bad Münstereifel – 40 Stunden-Woche, dienstags und freitags oft Arbeitsbeginn um halb fünf Uhr morgens, um am Großmarkt noch etwas kostenlos zu ergattern. Der Verdienst: kein einziger Euro. Die beiden ehrenamtlichen Vorsitzenden der Tafel Bad Münstereifel, Hans-Detlef Mewes und Willy Kirchartz, sind echte „Anpacker“, um Bürger mit wenig Geld im Portemonnaie durch Lebensmittel, aber teilweise auch andere Dinge für den täglichen Bedarf zu unterstützen.

Warum dieser Einsatz? „Weil viele Menschen diese Unterstützung brauchen und der Staat sich mittlerweile auf die Tafeln verlässt“, so Willy Kirchartz. Die Tafel-Vorsitzenden berichteten jetzt ganz offen über ihre Erfahrungen.

Manche unterschätzen Anstrengung

Nicht jeder der 20 Mitarbeiter, die sich unentgeltlich um die etwa 160 Familien in Bad Münstereifel sowie 120 Familien außerhalb kümmern, muss ein solches Arbeitspensum schultern. Mewes: „Manche kommen einen Tag in der Woche für ein paar Stunden, andere zwei, drei oder vier Tage.“ Willkommen sei jede Hilfe, auch stundenweise, solange sie nur tatkräftig sei.

Manche würden die Anstrengung unterschätzen, berichtet Kirchartz: „Fahrer heißt bei uns nicht, von A nach B zu fahren und zwischendurch zu warten.“ Die Tafel verteilt Lebensmittelspenden von diversen Läden, Herstellern, anderen kooperierenden Tafeln oder Lebensmittelbanken. Dazu müsse man nicht nur teilweise bis nach Dormagen fahren, sondern eben auch auf- und abladen.

Sechs Tonnen Lebensmittel

Die etwa sechs Tonnen an Lebensmitteln und drei Tonnen an Milch, die wöchentlich an den Ausgabetagen (dienstags 12.30 bis 14 Uhr und freitags 13 bis 14.30 Uhr) weitergegeben werden, müssen durchgesehen, sortiert oder bei Frischwaren auch teilweise aussortiert sowie in die abzugebenden Lebensmittelkisten im Wert von etwa 40 bis 70 Euro gepackt werden. Jeder, der einen Tafel-Ausweis hat (erhältlich bei der zuständigen Kommune) und damit eine gewisse Notwendigkeit an Unterstützung nachweist, kann für einen geringen Obolus die Lebensmittel erhalten.

Willy Kirchartz: „Das sind alles Lebensmittel in guter Qualität – die Richtlinie unser Mitarbeiter ist, nur das herauszugeben, was sie auch selbst zu Hause auf den Esstisch stellen würden.“ Das könnten aber auch abgelaufene, noch gute Lebensmittel sein. Viele der von der Tafel ausgegebenen Waren seien laut Mindesthaltbarkeitsdatum noch haltbar – teilweise bis 2019, wie Kirchartz und Mewes bei einem Rundgang zeigten.

Es wird auf halales Essen für Muslime geachtet

Ernsthafte Probleme mit ihren Kunden seien die absolute und seltene Ausnahme, wie Kirchartz sagte. Quer durch die Gesellschaft reiche das Personenspektrum – „vom Asylanten bis zum ehemaligen Rechtsanwalt, der nicht genug geklebt hat“. Auch bei ihnen gebe es einen überwiegenden Anteil an Asylanten, Geflüchteten und Migranten. Es werde auf halales Essen für Muslime geachtet, soweit dies möglich ist. Aber es könnten eben nur die Lebensmittel abgegeben werden, die gespendet werden. „Wir sind kein Lebensmittelgeschäft oder Vollsortimenter. Es fehlen oft auch Artikel für den Hygienebedarf wie Duschgel oder Waschmittel. So etwas bekommen wir hauptsächlich aus privaten Spenden.“

Dankbar seien sie für Unterstützung aller Art – sei es durch Anpacken, Sachspenden originalverpackter Lebensmittel oder anderen Dingen des alltäglichen Bedarfs oder auch Geldspenden, um etwa die 300 bis 500 Euro an monatlichem Spritgeld zu decken.

Spende von Energiedienstleister

Hocherfreut waren Mewes und Kirchartz deshalb auch über den Besuch von Sandra Ehlen, Pressesprecherin des regionalen Energiedienstleisters „ene“ aus Kall. Deren Mitarbeiter zücken nämlich jährlich ihre Geldbörse, um eine wohltätige Institution im Versorgungsgebiet zu unterstützen.

Sandra Ehlen: „Wir haben ja schon die Kaller Tafel unterstützt und wissen, wie wichtig ihre Arbeit ist.“ Durch die „ene“ aufgestockt, konnte Ehlen so 1000 Euro an die Tafel Bad Münstereifel spenden. Auf die Frage, was sich Mewes und Kirchartz noch wünschen würden, sagte Kirchartz: „Dass mehr Menschen, die es wirklich gebrauchen können, zur Tafel kommen würden. Es gibt gerade in der älteren Generation Menschen – wie etwa die Witwe, die zwar ein Haus hat, aber kein Geld im Portemonnaie –, denen es unangenehm ist, unsere Unterstützung in Anspruch zu nehmen.“

Ausgabe ist anonym

Dabei laufe bei der Ausgabe alles anonym ab. Man könne sich sogar gegen einen geringen Betrag die Lebensmittel anliefern lassen. Wer sich für die Arbeit der Tafel Bad Münstereifel interessiert, kann das Team auch beim Jubiläumsfest zum zehnjährigen Bestehen kennenlernen. Es findet am Sonntag, 24. Juni, ab 10 Uhr im Blumengarten, Caesarstraße 10, in Kalkar statt. Wer am Frühstücksbuffet teilnehmen möchte, meldet sich bis 8. Juni unter Tel. 0 15 25/ 4 09 72 20 oder per E-Mail an. Dort kann man sich auch etwa für Lebensmittelspenden oder Mithilfe melden. Die Adresse der Ausgabestelle der Tafel ist Mühlengasse 10 (über die Straße „Am Bloch“ erreichbar) in Iversheim. (epa)

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