Vielfalt wichtigBad Münstereifeler Wald soll Öffentlichkeit und Klimaschutz dienen

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Friedwald-Förster Jürgen Wittler und seine Kollegen erklären Besuchern der Einrichtung gerne, wo sie den Baum mit der letzten Ruhestätte ihres Verstorbenen finden und welche Baumarten dort anzutreffen sind.

Friedwald-Förster Jürgen Wittler und seine Kollegen erklären Besuchern der Einrichtung gerne, wo sie den Baum mit der letzten Ruhestätte ihres Verstorbenen finden und welche Baumarten dort anzutreffen sind.

Bad Münstereifel – Nachhaltig und naturnah soll der Bad Münstereifeler Stadtwald bewirtschaftet werden. Das steht in dem Zwischenbericht zur Forsteinrichtung, über den die Mitglieder des Forstbetriebsausschusses in der jüngsten Sitzung zu befinden hatten. CDU-Mann Horst Dürholt merkte zu der 29-seitigen Vorlage an, es habe innerhalb der CDU-Fraktion darüber eine intensive Beratung gegeben.

Das Ergebnis sei eine ganze Reihe von Anmerkungen, die im Ausschuss vorzutragen den Rahmen sprengen würde. Dürholt erklärte, die Leitlinien zur Forsteinrichtung enthielten seiner Fraktion zu viel Naturschutz und zu wenig Waldwirtschaft.

Kontrollsystem

PEFC ist ein transparentes und unabhängiges Kontrollsystem zur Überprüfung der nachhaltigen Waldwirtschaft auf der Basis nationaler Standards.

„Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“ ist die englische Bezeichnung – und PEFC die Abkürzung dafür. (eb)

Das vorliegende Konzept, so konterte die Verwaltung, sei 2006 beschlossen worden und habe Gültigkeit. So werde nach festgelegten Umweltstandards im Wald gearbeitet und auch kontrolliert, ob die beauftragten Forstunternehmen ihre Maschinen und Sägen tatsächlich mit Biokraftstoff und Biokettenöl betrieben. Den Nachweis müssten die Waldarbeiter durch Quittungen über den Kauf von Biosprit erbringen.

Der städtische Forstbetrieb, so die Vorlage der Verwaltung, versteht sich als „Waldkompetenzcenter“ nach dem Grundsatz „Leistungen aus einer Hand“ und arbeitet im Rahmen einer vom Stadtrat verabschiedeten Satzung vom 22. November 2006, in dem ihm die naturnahe Bewirtschaftung der städtischen Wälder gemäß des zweiten Abschnitts des Landesforstgesetzes NRW (Gemeindewald) übertragen wurde. Danach ist der Stadtwald nach neuzeitlichen forstwirtschaftlichen Grundsätzen zu bewirtschaften.

Hiermit wurde eine über das naturnahe Maß hinausgehende Wirtschaftsform definiert, die nach naturgemäßen Grundsätzen arbeitet und durch das PEFC-Zertifikat (Programme for Endorsement of Forest Certification Schemes) konkretisiert wird. Dabei steht die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie der Klimaschutz im Vordergrund.

Im Rahmen einer Vorsorgestrategie wird den prognostizierten Veränderungen des Klimas bei der Bewirtschaftung des Stadtwaldes umfassend Rechnung getragen sowie die stadtwaldeigene Klimaschutzleistung bilanziert.

Wald hat viele Funktionen

Die naturgemäße Wirtschaftsweise zielt auf eine nachhaltige Erfüllung der ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Funktionen des Waldes ab. Der Gemeindewald soll vielschichtige und wichtige Aufgaben für die Stadt Bad Münstereifel und die Menschen, die hier wohnen, arbeiten und Erholung suchen, erbringen. Ein vielgestaltiger, gemischter Dauerwald soll anstelle des Altersklassenwaldes der althergebrachten Forstwirtschaft entstehen.

Saatgut-Bestände der Traubeneiche

Im Stadtwald gibt es auch anerkannte Saatgutbestände, also Bäume, die Saatgut hervorbringen. So wurden zwischen 2011 und 2018 knapp sechs Tonnen Saatgut der Traubeneiche gesammelt, das zur Aufforstung von durch Windwurf oder Borkenkäferbefall vernichteten Beständen genutzt werden soll. „Wir sammeln die Eichelmast und verkaufen sie an Aufzuchtbetriebe. Einen Teil der Pflanzen kaufen wir dann und nutzen sie zur Neubepflanzung unserer Waldflächen“, sagte Forstbetriebsbüroleiter Stefan Lott.

Er verwies darauf, dass beispielsweise im Friedwald auch Esskastanien und Tulpenbäume gepflanzt würden, um den Auswirkungen des Klimawandels begegnen zu können. (bz)

Alle Wohlfahrtswirkungen werden dabei berücksichtigt, ist in dem Schriftstück zu lesen, ebenso wie die zunehmende Bedeutung des nachwachsenden Rohstoffes Holz. Treten Zielkonflikte zwischen den einzelnen Funktionen auf, so haben die am allgemeinen Wohl orientierten Funktionen grundsätzlich Vorrang. Basis hierfür sind die Waldfunktionen.

Die anderen Funktionen werden dabei stets angemessen berücksichtigt. Der Forstbetrieb trägt damit seiner gesellschaftlichen Verantwortung umfassend Rechnung. Die Betriebsform eines Dauerwaldes ist die ökonomisch und ökologisch wertvollste Form der nachhaltigen Waldbewirtschaftung.

59 Prozent der Holzbodenflächen unter Naturschutz

Im etwa 3500 Hektar großen Münstereifeler Stadtwald stehen 59 Prozent der sogenannten Holzbodenflächen unter Naturschutz oder sind als FFH-Gebiete (Flora Fauna Habitat) besonders geschützt. Unter anderem hat die Stadt neun Urwaldparzellen mit insgesamt 16 Hektar Fläche angelegt.

Allein das Naturschutzgebiet (NSG) Bad Münstereifeler Wald umfasst 1008 Hektar, der Wald im und um das Eschweiler Tal weitere 636 Hektar. Der Biotopverbund Grube Toni/Arloffer Bruch/Kalkarer Moor) bringt es auf 50 Hektar, das NSG Bülgesbach südlich von Schönau auf 81 Hektar.

Angepasste Dichten sind wichtig

Überhöhte Wildbestände, so die Aussage in der Vorlage, verändern durch selektiven Verbiss das natürliche Artenspektrum holziger und krautiger Pflanzen. Dies führt zum Verlust von Arten oder zu einer Verschiebung natürlicher Konkurrenzverhältnisse zwischen Baumarten. Nur angepasste Wilddichten gewährleisten alle Waldfunktionen und damit auch eine hohe Rendite für die Stadt.

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„Der Wald hat Vorrang und muss sich überwiegend voll natürlich verjüngen können. Ein ausgewogener Wildbestand im Einklang mit dem Wald ist daher ein zentrales Anliegen des Forstbetriebes“, sagt Forstbetriebsbüroleiter Stefan Lott.

Doch zurück zur politischen Debatte, die im Forstbetriebsausschuss geraume Zeit in Anspruch nahm. Letztendlich einigten sich die Fraktionen darauf, dass der Katalog von Anmerkungen der CDU in den Zwischenbericht eingearbeitet werden soll, bevor ein weiteres Mal abschließend über das Thema Forsteinrichtung beraten werden soll.

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