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WiederaufforstungRichtlinien bereiten Blankenheimern einige Bauchschmerzen

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Auch größere Waldflächen muss die Gemeinde Blankenheim nach dem Borkenkäferbefall wieder aufforsten. Die Finanzierung ist noch unklar.

Auch größere Waldflächen muss die Gemeinde Blankenheim nach dem Borkenkäferbefall wieder aufforsten. Die Finanzierung ist noch unklar.

Blankenheim – Geschätzt eine Million Euro wird die Gemeinde Blankenheim die Wiederaufforstung der von Borkenkäferbefall, Sturmschäden und drei Dürrejahren betroffenen Gemeindewälder kosten. Dafür gibt es Fördermittel. Doch die Verwaltung rät dazu, sie nicht für diesen Zweck zu nutzen.

„Werfen wir da nicht zu schnell die Flinte ins Korn?“ Maria Sigel-Wings (Bündnis 90/Grüne) schwante im Ausschuss für kommunale Betriebe nichts Gutes. Gerade hatten Alfred Huth, kaufmännischer Betriebsleiter des Forstbetriebes der Gemeinde, und der technische Betriebsleiter Rolf Heller ihr Fazit zur Wiederbewaldungsstrategie erläutert.

Sie hatten Kleinflächen unter 0,3 Hektar, die durch Naturverjüngung wieder bepflanzt sind oder die gezielt nicht wieder aufgeforstet werden sollen, herausgerechnet. Dennoch bleiben von 35 betroffenen Hektar 26 übrig. Das ist eine Fläche in der Größe von etwa 30 Fußballfeldern, tatsächlich aber nur 0,7 Prozent der 3859 Hektar Holzbodenfläche der Gemeinde, die der zweitgrößte Kommunalwaldbesitzer in Nordrhein-Westfalen ist.

Gemeinde kann das Geld gut gebrauchen

Um die Schäden zu beseitigen, steht Geld nach der „Förderrichtlinie Extremwetterfolgen“ zur Verfügung. Die Richtlinie wurde 2019 erlassen und ist seitdem mehrfach modifiziert worden. Das Geld kann die Gemeinde eigentlich gut gebrauchen. Denn für die Wiederaufforstung wird in den kommenden Jahren rund eine Million Euro benötigt. Immerhin 300000 Euro aus dem Extremwetterfolgen-Topf, verteilt über sechs Jahre, könnten über das Regionalforstamt Hocheifel-Zülpicher Börde beantragt werden.

„So, wie die Förderrichtlinien derzeit formuliert sind, ist davon eher abzuraten“, betonte allerdings Huth. Und er habe sich bei Kollegen in der Umgebung umgehört. Auch dort, so Huth, gehe man auf Distanz zum Extremwetterfolgen-Förderprogramm, wenn es um die Wiederaufforstung von Kommunalwäldern geht.

Förderung an bedingungen geknüpft

Dies löste im Fachausschuss eine Diskussion zwischen ihm, Sigel-Wings und Jens Marx (UWV) aus. Der führte an, dass die Strategie der Verwaltung, dieses Geld nicht zu nehmen, „einfach zu wenig ambitioniert“ sei. Doch Huth und Heller haben Gründe. Und die liegen im Kleingedruckten des Anhangs zur Förderrichtlinie. Dort nämlich ist festgeschrieben, dass nur dann die maximal 50000 Euro pro Jahr fließen, wenn der Antragsteller einige Bedingungen erfüllt.

So dürfen etwa nur Bäume der im Waldentwicklungsplan des Landes definierten Waldentwicklungstypen gepflanzt werden. Und über die Dauer der Förderbindung von zwölf Jahren muss sichergestellt werden, dass ein festgelegtes Mischverhältnis aus Laub- und Nadelbäumen nicht verändert wird. Der Anteil der Fichte, die für Borkenkäferbefall besonders anfällig ist, darf sich nicht erhöhen.

Waldentwicklungstypen haben dieses Problem weniger. Etwa 50 Prozent Buche als Hauptbaumart, 30 Prozent Douglasie sowie je 10 Prozent Bergahorn und Küstentanne sollen es sein. Man wisse aber nicht, ob das immer so passe. Die Küstentanne etwa bevorzuge ein eher kühles, feuchtes Klima, so Rolf Heller mit Blick auf den Klimawandel, der nach seiner Vermutung in Richtung trockener und warmer Jahre gehen dürfte.

Diese aus Sicht der Forstexperten bei der Gemeinde zu strikte Vorgabe bei der Baumartenwahl ist das eine Problem. Das größere ist die Klausel, die den Laubwaldanteil bei Wiederaufforstungen prozentual festschreibt. Er muss mindestens 70 Prozent betragen. Über zwölf Jahre. Steigt er etwa durch Flugansamung von Fichten, muss herausgeschnitten werden. „Sonst muss mit der verzinslichen Rückzahlung der gesamten Fördersumme gerechnet werden“, warnt Alfred Huth.

Programm für Extremwetterfolgen

„Das ist alles handelbar. Es wird eine Lösung geben“, so Thomas Maur, stellvertretender Leiter des Regionalforstamts Hocheifel-Zülpicher Börde in Nettersheim. Er bestätigt die Zurückhaltung von kommunalen, aber auch privaten Waldbesitzern im Zuständigkeitsbereich seiner Behörde gegenüber dem Extremwetterfolgen-Fördertopf, wenn es um die Wiederaufforstung geht, nicht. Stattdessen: „Das Förderaufkommen steigt.“ Er appelliert, den Kontakt zu suchen und in Zweifelsfällen um Unterstützung zu bitten.

Die Wiederaufforstung sei ein prioritäres Ziel der Waldbewirtschaftung im Land. Aus seiner Sicht lassen sich die Förderklauseln erfüllen: „Die Forstbesitzer können befichtete Teilflächen aus der Förderfläche herausrechnen. So wird das Förderziel nicht verfehlt.“

Die Förderrichtlinie wird modifiziert. Das teilte jetzt Alfred Huth von der Gemeinde Blankenheim mit. Demnach werden die Voraussetzungen für einen Zuschuss erneut geändert. Jetzt ist eine finanzielle Unterstützung nur noch für Kalamitätsflächen möglich, die zu mehr als 50 Prozent aus Nadelhölzern bestehen und außerhalb eines Schutzgebietes liegen. Für Huth ist das keine gute Nachricht: „Große Teile des Gemeindewaldes stehen unter Schutz. Schon aus diesem Grunde wird es für viele Flächen keine Förderung geben.“  (sli)

Den Nadelholzanteil auf Dauer künstlich klein zu halten, erfordert Manpower und Verwaltungsaufwand zwecks Dokumentation, verursacht also Kosten. Er wage zu bezweifeln, dass „wir das leisten können“, so Huth. Zudem bergen aus seiner Sicht etwa Spätfröste, Dürre in den ersten Kulturjahren und Wildverbiss an anfälligen Laubbäumen weitere Risiken.

Ob eine so „starre Fördertechnik“ (Huth) mit etwas so Dynamischem wie der Natur zusammenpasse, da hege er doch ernste Zweifel. „Das müssen wir aber schaffen können“, so Jens Marx. Er verwies auf Forstbetriebe im nahen Rheinland-Pfalz, die sehr wohl in der Lage seien, vergleichbare Auflagen zu erfüllen.

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Dass die Gemeinde Blankenheim tatsächlich auf die möglichen 300000 Euro aus dem Förderprogramm verzichtet, ist dennoch eher unwahrscheinlich. Geld aus dem Topf gibt es auch für andere Zwecke. Etwa um Kalamitätsholz schlagen zu können. Die maximal möglichen 50000 Euro pro Jahr wurden 2020 für den Einschlag von 6240 Festmeter Holz verwendet. Nur die Million Euro, die für die Wiederaufforstung benötigt wird, wären dann zu finanzieren.

Bei einem anderen Fördertopf, der „Bundeswaldprämie“, hat Huth zum Glück andere Erfahrungen gemacht. Die habe kein starres Förderziel und die Beantragung sei komplett Online erfolgt, Auszahlung binnen Tagen. „200000 Euro flossen zum Erhalt und zur nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Wälder“, so Huth. Einzige Bedingung der Fördergebers war die Gültigkeit des PEFC-Zertifikats für nachhaltige Forstbewirtschaftung der Kommunalwälder. Es muss zehn Jahre gültig sein.

Der Ausschuss schloss sich einstimmig den Bedenken der Verwaltung an. Nun entscheidet der Gemeinderat am 17. Juni, ob er der Empfehlung folgt.

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