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CoronavirusGartencenter beklagen bis zu 80 Prozent weniger Kunden

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Der Frühling ist da, die Kunden nicht: Gärtnerin und Floristin Kerstin Müller ist die Freude über die schönen Frühjahrsblumen dennoch anzusehen.

Der Frühling ist da, die Kunden nicht: Gärtnerin und Floristin Kerstin Müller ist die Freude über die schönen Frühjahrsblumen dennoch anzusehen.

Kreis Euskirchen – Der Trick funktioniert. Auf dem Parkplatz des Gartencenters Schmitz in Ülpenich stehen einige Autos, das Geschäft mit den Blumen scheint zu florieren. Allerdings sind es die Autos der Mitarbeiter – Kunden haben sich am Dienstagvormittag nur ganz wenige ins Fachgeschäft verirrt. „Wir müssen mit allen Mitteln auf uns aufmerksam machen, damit die Leute wissen, dass wir geöffnet haben“, sagt Gartencenter-Chef Karl-Josef Schmitz. Im Vergleich zur vergangenen Woche seien es nun 80 Prozent weniger Kunden. „Das wird eine schwierige Zeit. Denn im Frühjahr machen wir 70 Prozent unseres Jahresumsatzes“, so Schmitz.

Das Lager sei voll, die Kunden blieben aktuell aber aus. Wenn sich die Lage nicht schnell bessere, werde er in der kommenden Woche für seine Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen. „Aktuell scheint da kein Weg dran vorbeizuführen, auch wenn ich das natürlich nicht will“, sagt Schmitz, der seine Frühjahrsmesse absagen musste. Die vier Helfer für die Baumschule seien gar nicht erst gekommen. Sie hätten, so Schmitz, sogar schon den Flug gebucht gehabt, doch als die Grenzen dichtgemacht worden seien, hätten sie alles storniert.

Kreative Lösungen für kontaktloses Zahlen

Wie derzeit in vielen Geschäften stehen im Gartencenter zahlreiche Hinweisschilder, die die Kunden unter anderem auf den Mindestabstand aufmerksam machen. Im Kassenbereich, der nur einzeln betreten werden darf, wartet auf die Kunden, die mit Karte zahlen möchte, eine kreative Idee. Damit die Tasten nicht mit den Fingern gedrückt werden müssen, können die Kunden einen kleinen Ast nutzen. Der gebrauchte Ast wird anschließend in einen Topf geworfen und vom Gartencenter-Personal entsorgt. „Nichts ist wichtiger als die Gesundheit der Kunden und meiner Mitarbeiter“, so Schmitz.

„Immer getrennt“

„Die Bücher sind voll. Wir können uns vor Aufträgen kaum retten“, sagt Tini Schmitz von Dienstleiter „Burggraf – Garten und Stein“ in Bad Münstereifel. Die Menschen, so die Kundenbetreuerin, wollten ihren Garten einfach schön haben. Das sei auch bereits vor der Corona-Pandemie der Fall gewesen.

Am Wochenende seien bei den Kunden vor allem die Schüttgüter wie Sand und Kieselsteine gefragt. Die Zahl der Kunden, die den Weg zur ehemaligen Hettner-Fabrik finden, sei aber zurückgegangen. „Ein klassisches Gartencenter sind wir ja nicht. Große Pflanzenmengen gibt es bei uns nicht“, sagt Schmitz.

Natürlich werde auch bei Burggraf auf die Corona-Vorschriften geachtet – im Bereich der Kunden, aber auch selbstverständlich bei den Mitarbeitern, so Schmitz: „Unsere Mitarbeiter fahren beispielsweise nicht mehr zusammen in einem Fahrzeug zur Baustelle, sondern immer getrennt. So versuchen wir, die Ansteckungsgefahr zu reduzieren.“ (tom)

Auch die Gärtnerei Kolvenbach in Kirchheim setzt auf den Hunger der Mitmenschen nach Farben und Düften in diesen Tagen. Die Beete sind mit alten und neuen Sorten von Stiefmütterchen, Primeln und vielen anderen Frühjahrsblühern gefüllt – gefühlt eine willkommene sinnliche Ablenkung in der Corona-Krise. Als landwirtschaftlicher Betrieb ist die Gärtnerei nicht von einer Zwangsschließung betroffen. „Es wäre schlimm für uns, wenn wir jetzt schließen müssten“, meint Bernd Kolvenbach, der mit seinem Bruder den Betrieb seit 1984 in dritter Generation führt. Die Primeln blühen nur kurz und stehen jetzt in schönster Blüte. In drei Wochen könnten sie nur noch entsorgt werden, und die Stiefmütterchen müssten bei späterem Verkauf mühselig ausgeputzt werden, bangt er.

Komplett auf Hausverkauf umgestellt

Die beiden Kirchheimer Gärtner haben voll und ganz auf den Hausverkauf umgestellt. Nur noch wenig Ware wird wie früher auf Märkten angeboten. Bei Kolvenbach stehen die Frühjahrsblumen jetzt einladend in den Regalen und auf den Tischen vor dem Gebäude. Bedingt durch das milde Winterwetter, habe die erste Generation Primeln schon im Dezember statt im Januar einzelne Blüten gezeigt, so Kolvenbach.

Auch an den Gärtnern geht das Thema Corona nicht vorüber. Bei der Versteigerung in Herongen bei Straelen gab es in diesen Tagen einen extremen Preisverfall, weiß Kolvenbach zu berichten. Aus Angst vor Absatzproblemen wurden von den Händlern kaum Pflanzen gekauft. Der Versteigerungspreis sank deutlich unter den Herstellungspreis. Am Ende war er so niedrig, dass die Produzenten lieber eine Entsorgungsgebühr für die Vernichtung zahlten, als die Ware unverkauft wieder mit zurückzunehmen.

Auch kalte Temperaturen Grund für weniger Kunden

„Es tut in der Seele weh zu sehen, wie die Pflanzen weggeschmissen werden müssen“, bedauert Kolvenbach und vermutet, dass diese Entwicklung für manche Betriebe das Aus bedeuten könnte. Im eigenen Verkauf achte man auf genügend Abstand zum Kunden, um niemanden zu gefährden. Händeschütteln ist tabu bei den zwölf Festangestellten und sechs Aushilfskräften.

Lutz Schaar, Chef der Schaar Pflanzenwelt GmbH in Scheven, ist grundsätzlich zufrieden. „Wir haben Kunden, es sind aber auch bei uns weniger als in der vergangenen Woche“, sagt er. Als Grund hat Schaar aber nicht nur die verschärften Corona-Regeln ausgemacht. „Die kühlen Temperaturen, vor allem nachts, sind sicherlich auch ein Grund“, sagt der Blumen-Experte und fügt hinzu: „Die Leute haben erkannt, dass in diesem Jahr Balkonien das bessere Urlaubsziel als Spanien ist.“ Der Trend zur Selbstversorgung sei in der Eifel ebenfalls angekommen. Das sei bereits vor der Corona-Pandemie der Fall gewesen, die jetzige Situation habe die Nachfrage nach Gemüse zum Selbstanbauen aber noch einmal verstärkt.

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Ins Gartencenter Ritter in Kommern dürfen aktuell nicht mehr als zehn Kunden gleichzeitig. Darauf weist das große Schild an der Eingangstür hin. Im Geschäft selbst reiht sich ein Sicherheitshinweis an den nächsten. „Wir desinfizieren die Einkaufswagen regelmäßig“, sagt eine Mitarbeiterin.

Chefin Miriam Ritter betont, dass das Lager voll sei: „Die Kunden sind aber auch bei uns weniger geworden. Die Menschen sind vorsichtiger und einsichtiger geworden.“ Und weiter: „Auch die kühlen Temperaturen spielen sicher eine Rolle.“ Sie sei aber sehr froh darüber, dass das Geschäft überhaupt offen sein darf. „Der Garten ist aktuell eine willkommene Abwechslung“, sagt Ritter. Kurzarbeit sei derzeit kein Thema, versichert die Chefin – trotz laufender Kosten und deutlich weniger Kunden als in Vor-Corona-Zeiten.

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