Einrichtung für obdachlose FrauenVellerhof übernimmt die Abtei

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Den Verkauf von Maria Frieden und die Pläne des Rheinischen Vereins für Katholische Arbeiterkolonien erläuterten Äbtissin M. Gratia Adler (v.r.), Frank Brünker, Werner Hoff, Jan Lembach, Erwin Bungartz und Schwester Magdalena.

Den Verkauf von Maria Frieden und die Pläne des Rheinischen Vereins für Katholische Arbeiterkolonien erläuterten Äbtissin M. Gratia Adler (v.r.), Frank Brünker, Werner Hoff, Jan Lembach, Erwin Bungartz und Schwester Magdalena.

Dahlem – Das Trappistinnenkloster Maria Frieden oberhalb von Dahlem hat nach 70 Jahren einen neuen Besitzer. Der Rheinische Verein für Katholische Arbeiterkolonien (RVKA) wird dort ein neues Betreuungsangebot für obdachlose Frauen schaffen. Die ersten von zunächst 20 Bewohnerinnen sollen im kommenden Jahr einziehen.

Es hört sich ein bisschen wie eine glückliche Fügung an, was Werner Hoff, Geschäftsführer des Clemens-Josef-Hauses (Vellerhof) bei Hüngersdorf erzählt: Er habe sich einfach auf sein Fahrrad gesetzt und sei hingefahren. Den Impuls zur Radfahrt gab ein Bericht über die Auszugspläne der Schwestern in der Tageszeitung. Ein Jahr später, nach mehreren Gesprächen mit der Ordensleitung von Maria Frieden, ist das Ergebnis dieser Radfahrt, dass sein Arbeitgeber, der RVKA, das Kloster kauft.

Vorstand Frank Brünker erklärte die Pläne. Kommendes Jahr wird die elfköpfige Schwesterngemeinschaft von Maria Frieden in das ehemalige Kloster der Benediktinerinnen in Steinfeld umziehen. Dann wird der Verein in Maria Frieden zunächst 20 Wohnplätze für obdachlose Frauen einrichten. Das Angebot wird laut Brünker „für uns, im Kreis Euskirchen wie in der Städteregion das erste seiner Art sein“.

Zufriedenheit bei Beteiligten

Er, Äbtissin M. Gratia Adler, die der Schwesterngemeinschaft in Maria Frieden seit 2013 vorsteht, und auch Dahlems Bürgermeister Jan Lembach zeigten sich über diese Neunutzung sichtlich zufrieden. „Wir sind wirklich froh mit dieser Entscheidung“, so die Äbtissin.

Mehr als ein Jahr hatte die Suche nach einer Neunutzung des gut 13400 Quadratmeter großen Abteigeländes – 35 Hektar verpachteter, landwirtschaftlich genutzter Flächen kommen noch dazu – gedauert. „Wir hatten insgesamt sechs Interessenten, ein siebter meldete sich noch am vergangenen Dienstag“, so Äbtissin M. Gratia Adler. Wirklich passend waren sie aber alle nicht. „Unser Wunsch war es, das Kloster als Rückzugsort und Stätte handwerklicher Arbeit zu erhalten“, so die Äbtissin, zudem sollte die Kirche Kirche bleiben. Gesucht war also ein seriöser Investor mit ausgeprägt christlichem Menschenbild.

Bedarf ist vorhanden

Mit dem Rheinischen Verein hat sich der Wunsch offenbar erfüllt. „Wir haben schon lange nach der Option für eine stationäre Einrichtung nur für obdachlose Frauen gesucht“, so Brünker. Die Angebote des Vereins in Hüngersdorf, Blankenheim, Weeze und Aachen bieten solche Möglichkeiten eines geschützten Raumes nicht.

Dabei ist der Bedarf vorhanden: Nach einer Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gibt es derzeit mindestens 59.000 wohnungslose Frauen – Tendenz steigend. „Es gab sie schon immer, sie waren nur weniger sichtbar“, so Vellerhof-Geschäftsführer Hoff.

Das Klosterelixier zieht mit um

„Maria Frieden ist für das Vorhaben des Rheinischen Vereins ein guter Ort“, sagt Äbtissin M. Gratia Adler. Auf ihre kleine Ordensgemeinschaft kommen nun weitere unruhige Monate zu. Am Ende wird es ums Verpacken des persönlichen Hab und Gutes gehen. Bisher haben die Äbtissin und Schwester Magdalena als Geschäftsführerin des Klosterkonvents e.V. die organisatorischen Arbeiten bis hin zur Abstimmung und Genehmigung des Umzugs und Verkaufs durch den Generalabt ihres Ordens geregelt. Nur eine Kanzlei in Köln hat die Trappistinnen unterstützt. Fest steht jedenfalls, dass die Schwestern auch mit nach Steinfeld nehmen werden, was eher am Rande wichtig zu sein scheint: die letzten noch im Keller lagernden Flaschen des hier hergestellten Klosterelixirs. Der habe zwar 20 Prozent Alkohol, sei aber doch eher ein Heilgetränk, so Äbtissin M. Gratia Adler – und so unverzichtbarer Teil der Klosterapotheke. (sli)

Für einen siebenstelligen Eurobetrag – genauer wollte sich Brünker zu den Kauf- und Investitionskosten nicht äußern – sollen nach dem Auszug der Schwestern zunächst die ehemalige Krankenstation und das Gästehaus „Nazareth“ für die neue Nutzung umgebaut werden. „Wir werden mit unserem Architekten durch die Räume gehen. Vor allem die Anpassung an die aktuellen Brandschutzbestimmungen ist vordringlich, dazu der Umbau der ehemaligen Krankenzimmer zu Einzelzimmern mit dem entsprechenden Standard“, so Frank Brünker.

Ein Team aus bis zu 15 Mitarbeitenden in Vollzeit – voraussichtlich vor allen Dingen Frauen – wird dann die Betreuung der Bewohnerinnen übernehmen. „Im Team werden vier bis fünf Sozialarbeiterinnen sein, zudem examinierte Krankenschwestern für die einzurichtende Ambulanz“, so Hoff, dessen Vellerhof die neue Einrichtung in Maria Frieden leiten wird.

Werkstätten geplant

Um einen strukturierten Tagesablauf und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Bewohnerinnen zu gewährleisten, ist unter anderem an die Einrichtung kleinerer Werkstätten für handwerkliche Tätigkeiten gedacht. Damit würde eine Tradition von Maria Frieden wieder aufgenommen, wo die Nonnen über Jahrzehnte etwa Buchbindearbeiten oder Paramentik angeboten hatten. Zudem sind die Reaktivierung des alten Klosterbackofens und ein Neubesatz des Hühnerstalls denkbar.

18 Monate wird die Mindestaufenthaltsdauer der Bewohnerinnen sein, „tendenziell aber länger“, so Hoff mit Blick auf Erfahrungswerte vergleichbarer Angebote. Die Bewohnerinnen werden über Fachkliniken, gesetzliche Betreuer oder ambulante Dienste aus dem gesamten Rheinland überwiesen. In Maria Frieden werden sie ein Betreuungsangebot gemäß dem 12. Sozialgesetzbuch vorfinden.

Offene Türen eingerannt

„Wir haben mit der Idee beim LVR offene Türen eingerannt“, so Hoff. Die ländliche Umgebung, die abgeschiedene Lage, die zur Verfügung stehenden Räume – alles passt in Maria Frieden für eine geschützte Betreuung der Schutzbedürftigen.

Auch Lembach ist über den neuen Eigentümer an traditionsreicher Adresse erleichtert: „Der Rheinische Verein ist ein erfahrener und erprobter Träger. Was uns besonders freut, ist, dass hier auch weiterhin Gutes für die Gemeinschaft getan wird.“ Er gehe davon aus, „dass die nötige Baugenehmigung mit Nutzungsänderung kein Problem sein wird“.

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Ob es sie nicht mit Wehmut erfülle, den Ort zu verlassen, an dem ihr Orden seit 70 Jahren ansässig war? Die Frage wurde Äbtissin M. Gratia Adler bei der Vorstellung des neuen Eigentümers nicht gestellt. Es ist vielleicht dafür noch zu früh. Beim Umzug nach Steinfeld will der Vellerhof den Schwestern helfen, so die Ordensobere. Das sei bereits zugesagt.

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