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Studierende in CoronakriseEigentlich wäre sie gerade in Australien

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Die Dahlemerin Anna Lüling wollte eigentlich ein längeres Praktikum in Melbourne machen, doch wegen des Coronavirus ist sie wieder in der Heimat.

Die Dahlemerin Anna Lüling wollte eigentlich ein längeres Praktikum in Melbourne machen, doch wegen des Coronavirus ist sie wieder in der Heimat.

  • Viele junge Menschen aus dem Kreis Euskirchen sind oder wollten gerade im/ins Ausland, um ihre Träume zu verwirklichen.
  • Doch das Coronavirus macht auch vor Träumen nicht Halt.
  • Stattdessen sitzen sie jetzt fest oder mussten ihre Pläne abbrechen.

Kreis Euskirchen – Unter anderen Umständen wäre Leroy Zeller gerade in South Carolina und nicht in Sinzenich. Doch das Coronavirus macht auch vor Träumen nicht Halt. Der 19-Jährige studiert im US-amerikanischen Newberry Businessmanagement – und versucht übers College, den Weg in den Profi-Fußball zu finden.

„Die Major League Soccer, die Profi-Liga in den USA, ist mein großer Traum“, sagt Zeller, der bereits in seinem ersten Jahr in Übersee für Furore sorgt: Den Rekord mit den meisten Spielen zu Null hat der Kipper eingestellt und ist als bester Defensivspieler des Monats ausgezeichnet worden. Doch der jetzige Gegner heißt nicht etwa CR7, sondern Covid-19. Und das Virus stellt in der jungen Karriere des Sinzenichers einen Härtetest dar.

College geschlossen

„Das College ist geschlossen und das Semester beendet worden“, berichtet der 19-Jährige, der seit eineinhalb Wochen wieder bei seinen Eltern Dirk und Anne wohnt. Er habe den letzten Flug nach Frankfurt bekommen, sagt der talentierte Torwart. In den USA zu bleiben und die Krise dort auszusitzen, sei keine Option gewesen: „Ich vertraue dem Gesundheitssystem dort nicht unbedingt – und dem Präsidenten erst recht nicht.“

Leroys Vater Dirk ist froh, dass sein Sohn zu Hause ist. „Das war die richtige Entscheidung“, sagt er. Leroy hofft, dass das Semester im August weitergeht, möglichst coronafrei.

Ein Sportler in Kapstadt

Eigentlich wollte Sascha Poth seinen Freund, den Radprofi Karl Platt, bei der Cape Epic, eines der härtesten Etappenrennen der Welt, unterstützen. Gleichzeitig sollte der Trip nach Kapstadt mit einem Besuch bei Freunden verbunden werden. Doch das Rennen in Südafrika ist kurz vor dem Start wegen des Coronavirus abgesagt worden. Der Engelgauer, der bereits Anfang März nach Kapstadt geflogen ist, sitzt seit drei Wochen in der Millionen-Metropole fest, weil der Flughafen geschlossen ist.

Mittlerweile sei Südafrika voll und ganz in der Realität der Pandemie angekommen. In einer offiziellen Ansprache Anfang der Woche kündigte Präsident Cyril Ramaphosa eine dreiwöchige Ausgangssperre als wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung der Epidemie an. Ähnlich wie in Deutschland seien die meisten Geschäfte geschlossen. Offen seien nur noch große Supermärkte und Banken, berichtet der Engelgauer.

Unterstützung von den Streitkräften

Unterstützung bei ihrer Arbeit erhalte die Polizei von den südafrikanischen Streitkräften. „Einen Tag vor Beginn des Lockdowns rollten Panzer in Kapstadt ein. Die Soldaten unterstützen vor allem die Menschen in den Townships, weil dort der Hygiene-Standard anders ist als wir ihn kennen“, so Poth: „Die Vorgaben der Regierung werden hier konsequent umgesetzt. Wer sich nicht an die Ausgangssperre hält, muss sechs Monate ins Gefängnis.“

Derzeit sei es in Camps Bay, einem Vorort von Kapstadt, in dem Poth eine Unterkunft gefunden hat, ruhig. „Ich wollte nicht auf gut Glück zum Flughafen. Erstens wusste ich nicht, ob ich wirklich einen Flug ergattere und ich wollte auch nicht im Terminal abhängen“, berichtet der 42-Jährige, der eigentlich schon in München sein müsste, da er dort zum 1. April einen neuen Job beginnen sollte. „Mein Arbeitgeber hat vollstes Verständnis für die Situation“, sagt Poth, der sich seit wenigen Tagen Hoffnung auf eine baldige Ausreise machen kann.

Eigentlich habe es geheißen, dass vor dem 20. April kein Flug nach Deutschland stattfinde. Nun hat Botschafter Dr. Martin Schäfer laut Poth per E-Mail angekündigt, dass erste Flüge geplant seien. Allerdings räumt der Botschafter im Landsleutebrief ein, dass einige wichtige Punkte mit der südafrikanischen Regierung noch nicht geklärt seien. „Hier warten etwa 6000 Deutsche auf ihre Ausreise“, so Poth.

Ein verkürztes Praktikum in Melbourne

Eigentlich wäre Anna Lüling gerade in Australien. Stattdessen ist die Studentin in Dahlem bei ihren Eltern. Am 16. Februar machte sich die Journalismus-Studentin mit dem Ziel auf den Weg nach Down Under, bis Ende April dort zu bleiben. „Ich wollte meine Au-pair-Gastfamilie besuchen, ein bisschen durchs Land reisen und ein Praktikum beim Special Broadcasting Service (SBS), einem der beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaften Australiens, machen. Die Radio-Programme werden in 68 Sprachen ausgestrahlt, darunter auch auf Deutsch“, sagt die 21-Jährige.

Doch viel mehr als der Besuch bei der Gastfamilie, eine Woche surfen und einen kurzen Einblick in die Arbeit des Radio-Senders war nicht drin. Dabei, so Lüling, seien die Australier zunächst sehr locker mit dem Virus umgegangen. Dann ging alles ganz schnell: „Mein Hostel hat plötzlich sämtliche Mitarbeiter auf Corona testen lassen. Die Unterkunft wollte der Betreiber aus wirtschaftlichen Gründen aber nicht schließen.“ Daraufhin habe sie ihre Sachen gepackt und sei in ein Hotel in Melbourne gezogen. „Als dann auch noch der Auftakt der Formel-1-Saison abgesagt wurde, war klar, dass es besser ist, nach Flügen in die Heimat zu schauen. Da habe ich erkannt, wie ernst die Lage ist“, so die Studentin. Sie habe einen der letzten Flüge ergattert und sei froh, wieder in der Heimat zu sein.

E-Learning in Montreal

Eigentlich würde Alina Linscheidt in einem vollen Hörsaal mitten in Montreal sitzen. Doch das Coronavirus hat längst auch die kanadische Metropole im Griff. „Das öffentliche Leben liegt praktisch brach. Innerhalb einer Woche hat sich der Umgang mit dem Virus schlagartig geändert“, berichtet die 22-Jährige, die in Montreal Grafikdesign studiert. Der Unterricht finde zurzeit nur online statt, vor dem Supermarkt müsse man Fragen beantworten, bevor man ihn betreten dürfe.

Zudem hätten nur noch ganz wenige Restaurants geöffnet. Dort könne allerdings das Essen nur abgeholt werden. „Oder man lässt es sich liefern“, sagt die Studentin, die das Eishockeyspiel der Montreal Canadians gegen die Nashville Predators besucht hat. Keiner habe gedacht, dass das vielleicht das letzte Spiel der Saison gewesen sei, so die 22-Jährige. Wenige Tage nach der Partie wurde die Spielzeit unterbrochen – vergleichbar mit der Pause in der Fußballbundesliga.

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Nach Hause zu fliegen, sei für sie zurzeit kein Thema. „Ich habe das Gefühl, dass die Regierung das Thema sehr ernst nimmt und alles unternimmt, damit die Erkrankungen sich in Grenzen halten“, berichtet Linscheidt, die eine Privat-Uni besucht und deshalb auch im Wohnheim bleiben darf.

„Alle öffentlichen Schulen samt ihrer Einrichtungen sind geschlossen“, berichtet sie.

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