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Eifeltherme ZikkuratAus Finanznot Geld für Familie abgezweigt

Lesezeit 4 Minuten
Die Angeklagte und ihr Verteidiger Christoph Klein: Der Anwalt beantragte, die Psychologin seiner Mandantin zu hören.

Die Angeklagte und ihr Verteidiger Christoph Klein: Der Anwalt beantragte, die Psychologin seiner Mandantin zu hören.

Euskirchen – In der Hauptverhandlung gegen die 48-jährige Marion K., die sich wegen gewerbsmäßiger Untreue vor dem Euskirchener Schöffengericht verantworten muss, kam es am Donnerstag nicht zu einem Urteil. Der ehemaligen Betriebsleiterin der „Eifel-Therme Zikkurat“ wird zur Last gelegt, in 342 Fällen insgesamt 264 440 Euro aus der Kasse des Freizeitbads „Eifel-Therme Zikkurat“ für sich abgezweigt zu haben. Das Gericht setzte die Verhandlung aus.

In einer erneuten Beweisaufnahme soll geklärt werden, wo eventuelle Restbestände des unterschlagenen Geldes geblieben sind. Außerdem soll die behandelnde Psychologin der Angeklagten über den Gemütszustand ihrer Patientin aussagen.

Im April 2011 hatte sich die ehemalige Betriebsleiterin des Bads in Begleitung ihres Anwalts der Staatsanwaltschaft Bonn gestellt. Der psychische Druck, der mit der jahrelangen Unterschlagung von Geldern aus den Einnahmen der „Eifel-Therme“ einhergegangen sei, habe sie zu diesem Schritt bewogen, so die Angeklagte vor Gericht. Vorher habe sie über knapp anderthalb Jahre eine Viertelmillion Euro in die eigene Tasche gesteckt. Der tatsächlich angerichtete Schaden liege bei einer geschätzten halben Million Euro, sagte der Vorsitzende Richter Dr. Wolfgang Schmitz-Jansen. Dafür aber fehlten die endgültigen Beweise.

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Geschädigt hatte die 48-Jährige ihren Arbeitgeber. Die Stadt Mechernich betreibt das Bad mit einer eigens dafür gegründeten Gesellschaft.

Die Eintrittsgelder der Badegäste würden täglich durch ein automatisches Registrierungsprogramm von einem Computer erfasst und aufgezeichnet. An dieser Stelle zu manipulieren, sei unmöglich, berichtete die Angeklagte dem Gericht.

Das durch Kassiererinnen oder an Zahlautomaten eingenommene Geld floss jeden Abend – Euro für Euro – durch die Hände der Ex-Betriebsleiterin. Von diesen Gesamteinnahmen habe sie einen Teil für sich behalten. Den Rest habe sie in ein von ihr selbst kreiertes Einnahmen-Blatt eingetragen, ausgedruckt und abgeheftet.

Zunächst habe sie diese gefälschten Einnahmebelege in ihrem Büro gelagert. Schließlich seien sie im Keller archiviert worden.

Verteidiger: „Die Stadt machte es ihr leicht“

Die Stadt habe es seiner Mandantin bei ihrem Betrug leicht gemacht, führte Verteidiger Christoph Klein ins Feld. Eine Kontrolle der Einnahmen habe nie stattgefunden. „Frau K. hat während ihrer gesamten achtjährigen Tätigkeit im Bad nie einen Rechnungsprüfer zu Gesicht bekommen“, betonte der Jurist: „Hätte jemand die nicht zu manipulierenden Computeraufzeichnungen über die realen Einnahmen im Bad mit den von meiner Mandantin angefertigten, getürkten Einnahmebelegen verglichen, wäre der Schwindel sofort aufgefallen.“ Diese Arbeit, so der Rechtsanwalt, habe sich aber niemand gemacht.

Warum sie eine solche Tat begangen habe, wollte Richter Schmitz-Jansen von der Angeklagten wissen.

Diese erklärte, 2006 habe sich ihre Familie in finanziellen Nöten befunden. Die Abtragungen für ein neu gebautes Haus seien nicht mehr zu schaffen gewesen. Nach dem Tod des Vaters sei dessen finanzielle Unterstützung weggebrochen. Bei ihrem damaligen Ehemann sei eine Erkrankung akut geworden, die ihn zum Pflegefall gemacht habe. Schließlich hätten monatlich 4500 Euro Einnahmen einem Ausgabenberg von 5000 Euro gegenüber gestanden.

Damals habe sie mit den Unterschlagungen begonnen, so die geständige Frau. Anfangs habe sie noch kleinere Summen entwendet. In dem angeklagten Zeitraum von 2009 bis 2011 waren es nach Hochrechnung des Gerichts durchschnittlich rund 14 000 Euro pro Monat, die von der 48-Jährigen bar entwendet wurden. „Und wo ist das ganze Geld geblieben?“, fragten unisono Staatsanwalt und Richter.

Die dem Gericht gegebene Erklärung wollte nicht einleuchten. „Das hört sich eher nach ,Robin Hood’ an, der in die Tasche der Obrigkeit greift und frei Schnauze verteilt“, warf der Staatsanwalt ein.

Seine Mandantin sei gegenüber ihrer Familie und ihren Freunden so etwas wie eine „Mutter Theresa“ gewesen, erklärte der Verteidiger. Seine Mandantin habe Freundinnen aus finanziellen Notlagen geholfen. Ein anderes Mal habe sie einer ihrer beiden Töchter ein Auto gekauft und für eine Schwägerin einen 35 000-Euro-Kredit abgelöst. An anderer Stelle habe sie einem damaligen Lebensgefährten – von ihrem Ehemann ist sie zwischenzeitlich geschieden – den Unterhalt finanziert.

Richter Schmitz-Jansen pickte zur Untermauerung seiner Zweifel den Dezember 2011 aus der Anklageschrift heraus. Damals hatte die Angeklagte 41 800 Euro von den Bad-Einnahmen für sich behalten. „Wenn wir all Ihre Ausgaben in diesem Monat, wie zum Beispiel für Weihnachtsgeschenke, zwei Ski-Urlaube und einen luxuriösen Lebensstil berücksichtigen und gegen ihre regulären monatlichen Einkünfte aufrechnen, bleibt immer noch ein Restbetrag von 35 000 Euro übrig“, rechnete Richter Schmitz-Jansen vor. Da würde das Gericht gerne wissen, wo dieser abgeblieben sei. Die Antwort der Angeklagten und ihres Anwalts brachten keine Erhellung.

Nach einem Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen waren sich die Verfahrensbeteiligten einig, die Verhandlung in einer Woche fortzusetzen. Dann soll erneut nach dem Verbleib des veruntreuten Geldes geforscht und die Psychologin zum Gesundheitszustand der Angeklagten befragt werden.

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