„Profil weiter schärfen“20 Jahre Beratungsstelle für Frauen in Euskirchen

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EU 20 Jahre Schwangerschaftsberatung

Das Team der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung feiert das 20-jährige Bestehen der Einrichtung: Laura Morof (v.l,), Karla Götze und Heike Gerhardt – es fehlt Kathrin Wegmann.

Euskirchen – Am 1. April 1999 starteten drei bis dato nicht miteinander bekannte Frauen in ihren neuen Berufsalltag als Mitarbeiterinnen einer Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung. Nachdem die katholische Kirche 1998 aus der Schwangerschaftskonfliktberatung ausgestiegen war, beschloss der Kreistag, eine neue Beratungsstelle zu installieren.

Fünf Bewerber klopften damals an: die Diakonie, das DRK, Pro Familia, die Awo und der Verein „Frauen helfen Frauen“, der bereits die Frauenberatungsstelle und das Frauenhaus in der Trägerschaft hatte. Letzterer bekam schließlich den Zuschlag. „Im Laufe der Jahre haben wir immer versucht, mit unserem Angebot auf die Bedürfnisse zu reagieren“, erzählt Karla Götze, Fachberaterin der ersten Stunde. Anfangs sei man nicht überall beliebt gewesen mit den Beratungsangeboten, vor allem bei der Sexualpädagogik an Schulen stieß man häufiger auf moralische Vorbehalte.

Themenschwerpunkt für Jugendliche wandeln sich

„Mittlerweile sind wir mit diesem Präventionsangebot fest verankert im Kreis Euskirchen“, so Götze. Die Themenschwerpunkte bei den Jugendlichen hätten sich in den Jahren gewandelt. Ging es vor 20 Jahren noch häufig um Verhütung oder um Homosexualität, sei heute etwa das Thema Pornografie sehr präsent.

„Der gesetzliche Auftrag ist damals wie heute derselbe geblieben: die Vermeidung von ungewollten Schwangerschaften“, so Götze. Schwul, lesbisch, bi und trans – der sexuellen Vielfalt versuchte die Beratungsstelle immer wieder gerecht zu werden, sei es als Anlaufstelle für Betroffene, mit Gruppenangeboten oder Flyer-Kampagnen.

Kinder alleine großziehen

Ab 2006 hätte eine Zeit lang dem Leben alleinerziehender Frauen viel Aufmerksamkeit gegolten. „Im Haus der Familie hatten wir damals gut besuchte Gruppenangebote für diese Frauen“, so Heike Gerhardt, seit der Gründung zuständig für Verwaltung und Organisation. Heute sei es nichts Außergewöhnliches mehr, Kinder alleine großzuziehen. 2007 reagierte die Beratungsstelle auf die drängende Frage vieler Eltern, ob die Impfung der Töchter gegen Gebärmutterhalskrebs sinnvoll sei.

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Weitere Themenschwerpunkte waren unter anderem Tot- oder Fehlgeburt, sexuelle Selbstbestimmung, natürliche Familienplanung, postpartale Krisen, Mädchensprechstunden und unerfüllter Kinderwunsch. Die Zahl der Schwangerschaftskonfliktberatungen blieb relativ konstant und lag immer zwischen 140 und 180 Fällen pro Jahr. „In der Anfangszeit hatten wir es im Kreis häufig mit einer schwierigen Ärzteschaft zu tun, die ungewollt Schwangeren in ihrer Praxis sehr abwertend gegenübertrat“, so Götze.

Sorge um den Stellenplan

Das habe sich gewandelt, dennoch sei das Thema Schwangerschaftsabbruch nach wie vor ein Tabu und eng verknüpft mit Begriffen wie Schuld und Moral. „Dass es im Kreisgebiet keine Möglichkeit gibt, einen Abbruch durchführen zu lassen und die Frauen teilweise sehr weit dafür fahren müssen, macht nachdenklich“, meint Götze. Im Medizinstudium komme das Thema Schwangerschaftsabbruch kaum vor, dabei sei der Eingriff einer der häufigsten chirurgischen in der Gynäkologie.

Ein schwieriges Thema in der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung ist das Bangen um die 1,5 Fachberaterstellen und die Drei-Viertel-Verwaltungsstelle. Das NRW-Ausführungsgesetz soll den Versorgungsbedarf regeln und tut dies über eine Art Punkte-Ranking. Götze: „Die Leistungen aller Beratungsstellen werden gleich bepunktet – ganz egal, mit welchen Strukturen sie konfrontiert sind.“ 

Gute Prävention bedeutet langfristig weniger Beratungsbedarf

Im ländlichen Raum sei die Sexualprävention an Schulen allein wegen der erheblich längeren Anfahrtswege zeitintensiver als in der Stadt. Beim Bewertungsschlüssel mache die Prävention aber nur 25 Prozent aus, die Beratung 60 Prozent. Es gebe, so Götze, keine Gleichwertigkeit der Leistungen – wobei eine gute Prävention langfristig weniger Beratungen nach sich ziehe.

„2020 fällt die nächste Entscheidung, ob unser Stellenplan so bleiben kann oder gekürzt werden muss“, so Gerhardt. Dass es auch in Zukunft noch viel zu tun gibt für die Beraterinnen, darin ist sich das Team einig. „Unser Profil gilt es immer weiter zu schärfen und an neue Bedarfe anpassen. Wir müssen achtsam bleiben“, so Götze weiter.

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