BördebahnElsiger lehnen Reaktivierung ab – Kosten von 15 Millionen Euro?

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Der Bahnübergang am Elsiger Ortsrand.

Der Bahnübergang am Elsiger Ortsrand.

  • Die Bördebahn in Euskirchen soll im Jahr 2020 in den Regelbetrieb gehen
  • Kritiker aus dem Dorf Elsig lehnen die Reaktivierung der Bahn strikt ab – sie fordern eine Kosten-Nutzen-Analyse
  • Recherchen eines Elsiger Bürgers ergaben Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro – das Geld solle besser in die regionale Infrastruktur fließen

Elsig – Momentan fährt die Bördebahn nur an den Wochenenden und feiertags zwischen Euskirchen und Düren. Bis sie die Städte auch werktags verbindet, wird noch mehr als ein Jahr vergehen. Nachdem Verzögerungen eingetreten waren, ist der Beginn des Vorlaufbetriebs, wie es im Fachjargon heißt, für Dezember 2019 vorgesehen. Der Regelbetrieb – mit Einstundentakt und kürzerer Fahrzeit – soll ein Jahr später folgen. Angestrebt werden nach Angaben des Kreises Euskirchen 35 bis 40 Minuten pro Strecke. Derzeit sind die Fahrgäste zwischen Euskirchen und Düren ungefähr eine Stunde unterwegs.

Während der Kreis von einer Attraktivierung im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) spricht, lehnen der Elsiger Heinz Gall und andere Kritiker aus dem Dorf die Reaktivierung der Bördebahn strikt ab. Seine Recherchen, so Gall, hätten ergeben, dass die Reaktivierung mit rund 15 Millionen Euro zu Buche schlage. Er meint, dass man diesen Betrag besser anlegen könne, um die regionale Infrastruktur zu verbessern, so Gall.

„Besser Busverbindungen ausbauen“

Dass Bund und Land das Gros der Kosten übernehmen, tue nichts zur Sache. Projekte müssten doch nicht deshalb in die Tat umgesetzt werden, weil es Zuschüsse gebe: „Bei den Fördermitteln handelt es sich ja auch um Steuergelder.“

Vorwürfe gegen den Betreiber

Saskia Gall-Röhrig und Andreas Röhrig, die in der Nähe des Bahnübergangs am Elsiger Ortsrand wohnen, erheben Vorwürfe gegen die Rurtalbahn GmbH, die die Bördebahn betreibt. Der Bahnübergang werde nicht ordnungsgemäß gesichert, so Röhrig: „Am Übergang Elsiger Straße stoppt die Bahn jedes Mal, ein Mann steigt aus und stellt sicher, dass die Gleise frei sind. An der Delphinstraße ist das zuletzt häufig nicht so gewesen.“

Eine Stichprobe dieser Zeitung bestätigte diese Beobachtung. Die Bahn verringerte lediglich ihr Tempo. Die Redaktion befragte dazu die zuständige Aufsichtsbehörde, das Landesverkehrsministerium. Eine Sprecherin erklärte, dass an Übergängen ohne technische Sicherung eine Postensicherung vorgeschrieben sei: „Das bedeutet, dass eine Person, die auf dem Zug mitfährt, vor Ort aussteigt und den Übergang vor Querung des Zuges sichert. Erst dann kann der Zug weiterfahren.“

Die Rurtalbahn hat zwischenzeitlich reagiert. Christoph Göddecke, Geschäftsbereichsleiter Infrastruktur, sagte auf Anfrage, alle betroffenen Mitarbeiter seien per Dienstanweisung noch einmal auf die Vorschriften hingewiesen worden. Er werde persönlich überprüfen, ob die Anweisung in Elsig eingehalten werde. (ejb)

Gall vermisst eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse: „Wer soll überhaupt mit der Bahn fahren?“ Hier kommen die Buslinien ins Spiel, an die Elsig angebunden ist. Wenn die Bördebahn erst einmal im Regelbetrieb fahre, werde das Busangebot auf den Linien 298 und 810 wohl reduziert, um Parallelverkehre zu vermeiden: „Dann hätte Elsig zwar einen Bahnhaltepunkt. Aber was ist mit den Dörfern in der Umgebung? Sie werden dann seltener als heute vom Bus bedient, liegen aber je nachdem so weit entfernt von unserem Haltepunkt entfernt, dass die Bewohner eher direkt mit dem Auto nach Euskirchen fahren, als in Elsig auf die Bahn umzusteigen.“

„Mit dem Geld würde man besser die Busverbindungen ausbauen, anstatt sie zu reduzieren“, so Gall: „Warum ist Elsig zum Beispiel nicht an das Stadtbus-Netz angebunden?“ Käme es dazu, könnte man eine Bushaltestelle am Dorfplatz einrichten. Momentan gebe es nur den Haltepunkt an der B 56, der nicht zentral liege. Galls Credo: „Der Bus ist unter dem Strich flexibler und kostengünstiger als die Bördebahn – und außerdem ökologischer. Denn Busse fahren eines Tages mit Strom, die Bahn dagegen wahrscheinlich nicht.“ Gall und seine Mitstreiter, darunter Klaus Pohl, Sabine Friedhoff, Saskia Gall-Röhrig und Andreas Röhrig, fordern auch Lärmschutzmaßnahmen sowie Aussagen zu der Frage, wie der Park-and-Ride-Platz erschlossen werden soll, der eventuell in der Verlängerung der Delphinstraße gebaut werden soll.

Keine erhöhten Aufwendungen für den Kreis

Dazu Saskia Gall-Röhrig: „Entweder muss dafür die Delphinstraße ausgebaut werden, die heute ein Wirtschaftsweg ist, oder die Autos fahren durch die Pfarrer-Leuchter-Straße. Dann wären die Anlieger dort die Leidtragenden.“ Unabhängig von den Fragen, die sich in Elsig ergeben, verweist Kreissprecher Andres darauf, dass eine Studie die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ der Reaktivierung nachweise.

Für den Kreis Euskirchen ergäben sich „keine erhöhten Aufwendungen“. Grundsätzlich gelte außerdem, dass Kommunen mit einer Schienenverkehrsanbindung deutlich attraktiver für Pendler seien als solche mit einer Busanbindung. An Vorarbeiten und Planungen ist auch die Stadt Euskirchen beteiligt. So soll der Ausschuss für Tiefbau und Verkehr, der an diesem Donnerstag tagt (17 Uhr, Rathaus), dem Ausbau der beiden Bahnübergänge in Elsig zustimmen. Die Bahnlinie kreuzt dort zum einen am Ortsrand einen Wirtschaftsweg in Verlängerung der Delphinstraße, zum anderen mitten im Ort die Elsiger Straße.

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Beide Übergänge sollen moderne Schrankenanlagen erhalten. Die Stadt muss ein Drittel der Gesamtkosten übernehmen, die sich Schätzungen zufolge auf rund 1,5 Millionen Euro belaufen. Im Gegenzug kann sie mit etwa 350 000 Euro an Fördermitteln rechnen. Am Bau des Haltepunkts, der in Elsig entstehen soll, muss die Stadt sich nicht beteiligen. Er wird laut Planung zwischen den beiden Bahnübergängen gebaut. Die Reisezeit von dort aus zum Bahnhof Euskirchen betrage künftig sechs Minuten, so Kreispressesprecher Wolfgang Andres. Der Bus brauche heute 14 Minuten.

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