EuskirchenDRK richtet niedrigschwellige Beratung für Flutopfer ein

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Ein niedrigschwelliges Beratungsangebot: Myriam Kemp berät Betroffene der Hochwasserkatastrophe.

Ein niedrigschwelliges Beratungsangebot: Myriam Kemp berät Betroffene der Hochwasserkatastrophe.

Euskirchen – Die Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe für die Betroffenen im Kreis Euskirchen sind vielfältig. Entsprechend breitgefächert sind auch die Hilfsangebote, die Sozialverbände, Vereine oder Kommunen seit Monaten machen. Schnell ist manch einer aber auch überfordert von den einzelnen Schritten, die getan werden müssen, um an die für ihn passende Hilfe zu kommen.

Ein niedrigschwelliges Angebot des DRK soll hier wirksam werden: Die Lotsenstelle „Perspektiven nach der Flut“ ist eine Anlaufstelle für Opfer der Flutkatastrophe, die bei der Bewältigung ihrer Probleme Unterstützung benötigen – oder manchmal auch nur ein offenes Ohr.

„Ich versuche, die passende Hilfe zu finden, unterstütze beim Ausfüllen der Anträge auf finanzielle Hilfe, vermittle bei Bedarf psychosoziale Nachversorgung oder Trockner, Kühlschränke, Heizgeräte“, erzählt Myriam Kemp. Das Netzwerk, auf das die Beraterin zurückgreifen kann, ist groß – zumal der DRK-Kreisverband Kooperationen etwa mit dem Kreisgesundheitsamt oder der DRK-Schwesternschaft pflegt.

Beratungen finden im Mehrgenerationenhaus an der Kommerner Straße statt

Myriam Kemp, die an ihrem Wohnort unmittelbar nach der Flut spontane Hilfseinsätze Freiwilliger mit organisierte und selber tatkräftig anpackte, sagt, dass ihr diese Erfahrungen nun zugute kämen. „Ich bin selber nicht betroffen gewesen, konnte aber im Kontakt mit den Menschen, denen wir geholfen haben, hautnah erfahren, welchen großen Beratungs- und Hilfebedarf sie haben“, so die studierte Medizinethikerin und Mutter zweier Kinder.

Zeitnah geholfen

Stellten die neue Lotsenstelle vor: Myriam Kemp, Boris Brandhoff und DRK-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker (v.l.).

Stellten die neue Lotsenstelle vor: Myriam Kemp, Boris Brandhoff und DRK-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker (v.l.).

Das DRK im Kreis Euskirchen ist seit Beginn der Katastrophe in die Bewältigung der Folgen eingebunden. So wurden unter anderem 2500 evakuierte Menschen in fünf Notunterkünften versorgt. Auch für Einsatzkräfte wurden täglich 1000 Essen zubereitet. An Bürger-Stützpunkten konnten sich Betroffene mit Hilfsgütern versorgen. Zeitnah entstand auch eine Bürger-Hotline. (hn)

Die Lotsenstelle ist im Team Migration/Integration des DRK angesiedelt, Beratungen finden im Mehrgenerationenhaus an der Kommerner Straße statt – persönlich oder telefonisch. Dort lockt auch ein besonderes Bonbon: Wer das Beratungsangebot in Anspruch nimmt, kann im Café Henry im Erdgeschoss kostenfrei Kaffee oder Tee trinken und eine Kleinigkeit essen.

„Wir bieten aber auch Sprechzeiten in den Rathäusern der Kommunen an, zurzeit in Weilerswist und Euskirchen, andere werden folgen“, so Rolf Klöcker. In besonderen Fällen kommt Myriam Kemp auch zu den Betroffenen nach Hause, um dann dort vor Ort zu beraten.

Die Themen, mit denen Kemp bei ihren Beratungen konfrontiert wird, sind vielfältig. „Viele haben existenzielle Nöte. Manche leben in ihren noch immer nassen Häusern, haben keine Waschmaschine oder keinen Kühlschrank mehr oder andere Dinge des Alltags, wie etwa Winterkleidung, da diese im Keller gelagert worden war“, berichtet sie. Und natürlich geht es auch ganz oft um Wiederaufbauhilfe. „Die Bedarfe“, so Rolf Klöcker, „haben sich nach der Flut von Woche zu Woche verändert.“ Zurzeit würden verstärkt Heizgeräte nachgefragt werden, da die Temperaturen fallen, die neuen Heizungsanlagen in den Häusern aber noch nicht installiert seien.

„Wir können uns vorstellen, in Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz in der Bevölkerung ein größeres Bewusstsein zu schaffen"

Die Lotsenstelle „Perspektiven nach der Flut“, die von der Aktion Mensch finanziell gefördert wird, ist zunächst bis Ende Februar 2022 befristet. „Aber wir stellen in Aussicht, dieses Angebot länger aufrechtzuerhalten – bis Februar werden die Folgen der Flut nicht abgearbeitet sein“, so Rolf Klöcker. Angedacht ist auch eine personelle Erweiterung, da das DRK zusätzlich im Bereich Präventionsarbeit tätig werden möchte.

„Wir können uns vorstellen, in Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz in der Bevölkerung ein größeres Bewusstsein zu schaffen, wie wir uns alle besser auf solche Situationen vorbereiten können“, erklärt Boris Brandhoff, Leiter des Teams Migration/Integration. Dies könnte mit kreisweiten Info-Veranstaltungen für die Bürgerinnen und Bürger gelingen.

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Letztlich müsse man sich auf Jahre einstellen, in denen den Opfern der Flutkatastrophe individuell geholfen werden müsse. „Wir haben uns kürzlich mit Kollegen an der Elbe ausgetauscht“, berichtet Rolf Klöcker. Dort, so der DRK-Kreisgeschäftsführer, habe man nach der Flutkatastrophe die letzten Hilfsangebote erst sieben Jahre später eingestellt.

Die Lotsenstelle „Perspektiven nach der Flut“ ist unter Tel. 0 22 51/ 79 11 0 oder per E-Mail erreichbar. Die Termine des offenen Beratungsangebots: montags von 9 bis 12 Uhr und mittwochs von 13 bis 16 Uhr im Euskirchener DRK-Mehrgenerationenhaus, Kommerner Straße 39. hochwasserhilfe@drk-eu.de

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