KriminalstatistikZahl der Gewaltdelikte im Kreis Euskirchen ist gestiegen

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Ihre Trauer um die erstochene 33-jährige Frau zeigten Hausbewohner und Bekannte des Opfers an.

Ihre Trauer um die erstochene 33-jährige Frau zeigten Hausbewohner und Bekannte des Opfers an.

Kreis Euskirchen – Glaubt man der Statistik, dann ist Hellenthal der absolute Hotspot für Einbrecher, denn die Einbruchsquote in der Eifelgemeinde stieg 2017 um satte 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch tatsächlich wurde statt fünfmal nur 15 Mal im Laufe eines Jahres eingebrochen.

Euskirchen ist wie bisher die Stadt mit der höchsten Kriminalität im Kreis. 46,1 Prozent aller Straftaten ereignen sich in der Kreisstadt, in Dahlem sind es gerade mal 1,27 Prozent, in Hellenthal, dem vermeintlichen Einbrecher-Hotspot, mit 2,09 Prozent auch nicht viel mehr. Nettersheim liegt mit 1,79 Prozent dazwischen. Hingegen entwickelt sich Mechernich als zweitgrößte Stadt zu einem Brennpunkt, der aber keineswegs an Euskirchen herankommt. Denn der Anteil der Delikte in Mechernich beträgt nur 11,73 Prozent am Gesamtaufkommen.

Bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für den Kreis Euskirchen stellten Polizeidirektor Christian Außem, Erster Kriminalhauptkommissar Edgar Völl und Uwe Wilde vom Führungsstab der Direktion Kriminalität die Zahlen vor und zogen trotz des Ausreißers aus Hellenthal eine beruhigende Bilanz.

Rückgang der Straftaten um 6,25 Prozent

Kurz zusammengefasst: Die Zahl der Straftaten im Verlauf des Jahres 2017 ging gegenüber 2016 um 722 auf 10.830 zurück. Das liegt mit einem Rückgang von 6,25 Prozent fast im Landestrend von minus 6,54 Prozent bei erfassten 1,373 Millionen Straftaten landesweit. Im Regierungsbezirk Köln sank die Zahl der Delikte sogar um 7,4 Prozent auf 360 541 Straftaten. Darüber freuen sich Kriminalisten, Sicherheitsexperten und Bürger gleichermaßen.

Doch es gibt auch steigende Zahlen, die die Experten erfreuen. Seit Kriminaloberrat Karl Heinz Lenzke in Euskirchen die Kripo leitet, ist die Aufklärungsrate der Verbrechen merklich gestiegen, wie Außem anerkennend anmerkte. Und das bewegt sich nicht im Promille-Bereich, sondern macht gut zehn Prozent aus. 57,71 aller Delikte wurden 2017 im Kreis aufgeklärt, 2008 waren es gerade mal 46,6 Prozent. Im Regierungsbezirk waren es gerade mal 50,45 Prozent, im Land mit 52,34 Prozent kaum mehr. Bei Gewaltdelikten liegt die Aufklärungsquote bei 80,3 Prozent. Um solch eine Quote zu erreichen, braucht es nicht nur Spürsinn und kriminalistisches Geschick, sondern auch Glück, sagte Außem.

Tötungsdelikt, Schusswaffengebrauch und drei Drogenplantagen

Aufsehen erregende Straftaten gab es einige im vergangenen Jahr: Am Karnevalssamstag wurde eine 33-Jährige in einem Wohnblock im Euskirchener Norden von ihrem Ex-Freund mit 37 Messerstichen lebensgefährlich verletzt und starb, ihr Lebenspartner, der die Tat verhindern wollte, erlitt elf Messerstiche. Der Tatverdächtige wurde wenig später in der Kessenicher Straße festgenommen und der Tat überführt. Weil das Bonner Landgericht zu der Erkenntnis kam, dass der Mann zum Zeitpunkt der Tat schuldunfähig war, wurde er in durch das Landgericht in die Psychiatrie eingewiesen.

Drei Indoor-Cannabis-Plantagen nahmen Euskirchener Rauschgiftfahnder in Wüschheim, Schönau und Rohr auseinander. Im Zuge der Ermittlungen wurden zwei weitere Hightech-Plantagen im Großraum Köln neutralisiert.

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Ein Mann, der mit einem Baseballschläger drohend auf Beamte zuging, nachdem er einen Streifenwagen mit dem Sportgerät demoliert hatte, konnte nur durch Schusswaffengebrauch gestoppt werden. Auch er wurde festgenommen und in die Psychiatrie gebracht.

Zahl der Körperverletzungen ist gestiegen

Überhaupt, so Christian Außem, nehme die Zahl der Gewaltdelikte zu, während die der Wohnungseinbrüche gegenüber 2015 um 130 auf 363 abgenommen habe. So gab es 396 Gewaltdelikte im vergangenen Jahr, das sind acht mehr als 2015. So stieg die Zahl der Wohnungsverweise nach häuslicher Gewalt von 95 auf 146, die Zahl der Körperverletzungsdelikte von 128 auf 196. Acht Sexualdelikte wurden angezeigt. Tatsächlich aber mache die Gewaltkriminalität nur 3,79 Prozent aller Straftaten aus.

Weil die Zahl der Straftaten sank, wurden auch 148 Tatverdächtige weniger ermittelt. Von den 4423 ermittelten Personen waren 76,70 Prozent männlichen Geschlechts. Bei 484 wurde Alkoholkonsum festgestellt, 345 tatverdächtige sind der Polizei zudem als Drogenkonsumenten bekannt. Zudem war mehr als Hälfte aller Tatverdächtigen schon vorher polizeilich in Erscheinung getreten. Auffallend ist auch, dass 152 Kinder im Verdacht stehen, Straftaten begangen zu haben.

Der Anteil nichtdeutscher tatverdächtiger an de Straftaten ist seit 2009 kontinuierlich von 10,9 auf mehr als 23 Prozent gestiegen. 2016 waren es 1085 nichtdeutsche Tatverdächtige, das entsprach einem Anteil von 23,74 Prozent, 2017 waren es 23,2 Prozent und 1024 Tatverdächtige. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung sei von 2009 bis 2018 von 5,25 auf sieben Prozent gestiegen.

Aufklärungsrate bei Schwarzfahrern bei fast 100 Prozent

Stark ab genommen hat laut Außem die Zahl der Menschen, die als Schwarzfahrer im Öffentlichen Nahverkehr unterwegs waren. „Da ist die Aufklärungsrate an die 100 Prozent“, sagt der Polizeidirektor mit Blick auf die Erfolgskurve der Kreispolizeibehörde bedauernd. Denn die Aufklärung dieser Straftaten geht größtenteils auf das Konto der Bundespolizei, die den Bahnverkehr überwacht.

Sorgen hingegen bereitet den Polizeibeamten im Kreis die zunehmende Zahl an Betrugsfällen, die vor allem auf Aktivitäten im Internet zurückzuführen ist. In Kall habe man an einer Tatverdächtigen mehr als 100 Internet-Betrugsfälle festmachen können.

Sorgen macht der Behörde auch die Tatsache, dass ein für die Einbruchsprävention zuständiger Mitarbeiter erkrankt ist und schon bald in den Ruhestand geht. Das habe das Serviceangebot für die Bürger stark beeinträchtigt.

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