Lernen mit Virtual RealityThomas-Eßer-Berufsschule bietet Schülern modernste Methoden

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Moderner Unterricht: Metallbau-Azubi Ardi Bahoui übt mit einer Virtual-Reality-Brille in der Berufsschule das Schweißen.

Moderner Unterricht: Metallbau-Azubi Ardi Bahoui übt mit einer Virtual-Reality-Brille in der Berufsschule das Schweißen.

Euskirchen – In der Thomas-Eßer-Berufsschule sprühen die Funken – allerdings nur virtuell. Was wie eine echte Schweißmaske aussieht, ist in Wirklichkeit eine Virtual-Reality-Brille. Die 80 Auszubildenden zum Metallbauer verbinden auf moderne Art die Theorie des Berufs mit der Praxis – und tauchen dafür wie an der Spielekonsole in eine ganz besondere virtuelle Welt ein. „Das Gerät ist viel genauer als ein echtes Schweißgerät. Wer in der virtuellen Welt schweißen kann, der kann es auch im Beruf“, berichtet Lehrer Thomas Beckmann.

Eintauchen in ein virtuelles Lernumfeld

Die Azubis lernen in der Berufsschule in Euskirchen also nicht aus Büchern wie eine Schweißnaht auszusehen hat, sondern können direkt mit Hilfe einer Augmented-Reality-Brille üben. Doch bevor es ans Schweißen geht, muss das Schweißverfahren, die Schweißposition und auch die zu bearbeitenden Werkstoffe gewählt werden. Das alles passiert an einem Computer. Dann können die Azubis in die virtuelle Welt eintauchen.

Durch die moderne Technik erscheint vor den Augen der Berufsschüler ein virtuelles Werkstück, das es zu schweißen gilt. Die Azubis erhalten sofort Rückmeldung, ob sie den Brenner im richtigen Winkel halten, die Schweißgeschwindigkeit richtig ist oder ob es Schweißspritzer gegeben hat. „Ein wichtiges Merkmal des Geräts ist genau diese direkte Rückmeldung und das detaillierte Aufschlüsseln der Fehler durch das integrierte Analyseprogramm“, erklärt Lehrer Beckmann.

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Azubi Mirco Meyer findet die moderne Art des Unterrichts richtig gut. „Das ist cool und macht Spaß. Gerade für einen Azubi wie mich, der im Betrieb noch nicht geschweißt hat“, sagt Meyer. Damit ist er unter den knapp 20 Azubis im ersten Ausbildungsjahr einer der wenigen, die noch kein Schweißgerät in der Hand hatten. Auch Ardi Bahoui möchte Metallbauer – mit Schwerpunkt Konstruktionstechnik – werden. Auch er hat in seinem Ausbildungsbetrieb noch kein richtiges Schweißgerät benutzt. „Das ist ein ganz anderes Lernen. Die Lehrer sind cool drauf und nehmen uns mit in eine außergewöhnliche Lernwelt“, sagt Bahoui. „Durch den Schweißsimulator erhalten auch Schüler, die im Betrieb nicht schweißen, die Möglichkeit, die prüfungsrelevante Fertigkeit des Schweißens zu erlernen und zu vertiefen“, sagt Lehrer Beckmann.

Am Schweißsimulator lässt sich gefahrenfrei das Schweißen simulieren. Es wird kein Werkstoff verbraucht. Angesichts der zu erwartenden Digitalisierung der Arbeitswelt sei der Simulator ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Methode sorgt für hohe Motivation

Die Motivation der Auszubildenden sei hoch und die Berührungsängste gering. „Erste Erfolge stellen sich schon nach kurzer Zeit ein“, berichtet der Berufsschullehrer.

Der Schweißsimulator lässt sich wie ein Computerspiel in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen bedienen: Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. Die Praxisübungen beginnen mit dem Schweißen von Auftragraupen und führen schrittweise bis zur Anfertigung von Kehlnähten und Stumpfnähten in verschiedenen Schweißpositionen.

Der Unterschied sei, so Beckmann, dass man ab dem fortgeschrittenen Level keine Korrekturen mehr angezeigt bekomme. Das habe aber auch Vorteile. So sei man weniger abgelenkt und könne sich besser auf die Schweißarbeit konzentrieren, sagt Schüler Bahouri.

Im ersten Schritt vermittelt das 20.000 Euro teure Übungsgerät die Fachkunde. Danach wird das Verständnis des Erlernten durch Multiple-Choice-Fragen überprüft, inklusive Ergebnissicherung. Erst wenn in der Theorie eine bestimmte Leistung erreicht wurde, ist der Weg frei zum nächsten Schritt, dem virtuellen Üben der jeweils dazu passenden praktischen Schweißaufgabe. Die virtuellen Schweißaufgaben können die Azubis mit Hilfe eines Beamers im Klassenraum verfolgen. „Macht einer einen Fehler ist das gut, denn alle Mit-Azubis profitieren davon“, so Beckmann: „Technisch lernen unsere Azubis auf dem gleichen Stand wie die bei Mercedes oder Volkswagen.“

Erweiterte Realität

Im eigentlichen Wortsinn ist „Augmented Reality“ eine erweiterte Realität. In der Computerszene ist häufig nur von AR die Rede. Die „virtuelle Erweiterung“ bezieht sich ausschließlich auf die visuelle Sinneswahrnehmung. Das, was man sieht, wird durch Computer auf einer Bildschirmoberfläche – beispielsweise einer Brille – mit zusätzlichen Informationen überlagert. In der virtuellen Realität hingegen wird eine komplett neue Welt erschaffen. Bei Fußballspielen kommt erweiterte Realität zum Beispiel beim Einblenden der Entfernungen des Balls zum Tor bei einem Freistoß zum Einsatz. (tom)

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