Millionenschaden bei Pfeifer & LangenMitarbeiter spenden Gehalt und Überstunden

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In der Nacht brach der Damm aus angespülten Bäumen und Schutt. Dann stand die Zuckerfabrik unter Wasser.

In der Nacht brach der Damm aus angespülten Bäumen und Schutt. Dann stand die Zuckerfabrik unter Wasser.

Euskirchen – Zwölf Tage nach dem Hochwasser ist die Produktion beim Zuckerhersteller Pfeifer & Langen in Euskirchen wieder angelaufen. „Das war ein wahnsinniger Kraftakt. Vor einer Woche war das noch unvorstellbar“, sagt Britta Schumacher, Leiterin Kommunikation und Marketing bei Pfeifer & Langen. Der Fokus habe auf dem Start der Flüssigzuckerproduktion gelegen – einem der Steckenpferde des Standorts in Euskirchen.

In der Nacht brach der Damm aus angespülten Bäumen und Schutt

Normalerweise fließt die Erft hinter dem Werk an der Alfred-Nobel-Straße vorbei. In der Nacht auf den 15. Juli schwappte sie mitten durch die Fabrik. Als der vorher durch die Fluten aufgestaute Damm aus Schutt und Bäumen brach, stand das gesamte Betriebsgelände unter Wasser – teilweise bis zu eineinhalb Metern. „Die Keller sind genauso vollgelaufen wie die Werkstatt. Die Waage stand unter Wasser. Einfach alles“, berichtet die Pressesprecherin. Weil die Wassermassen in der Nacht kamen, waren die Maschinen nicht am Netz – Glück im Unglück. „Das wäre wohl ein Totalschaden geworden“, sagt Schumacher.

Die Unterführung an der B 51 in Richtung Kuchenheim war lange nicht passierbar. Hier läuft das Wasser vom Fabrikgelände auf die Straße.

Die Unterführung an der B 51 in Richtung Kuchenheim war lange nicht passierbar. Hier läuft das Wasser vom Fabrikgelände auf die Straße.

Dann wäre auch der Start der Rübenkampagne nicht zu halten gewesen. Nach dem nun aber wieder „Druck auf dem Kessel“ (Schumacher) sei, liege der Fokus auf dem Oktober. „Wenn es jemand hinbekommt, dann wir. Das ist derzeit unser Motto“, sagt Wilhelm Oberdieck, Werksleiter in Euskirchen. Er geht fest davon aus, dass die Rübenkampagne am 4. Oktober starten kann. Es werde zwar sicherlich noch einmal ein Kraftakt, aber man sei voller Zuversicht.

Belegschaft spendete Überstunden

Stützpfeiler dieser Zuversicht ist auch die Solidarität, die sich im gesamten Unternehmen breitgemacht hat. Aus der Belegschaft sind laut Schumacher bereits mehr als 2500 Überstunden gespendet worden. Ziel der Solidaritätsaktion der Mitarbeiter sei, dass sich die betroffenen Kollegen (wie viele betroffen seien, habe immer noch nicht abschließend ermittelt werden können, so Schumacher) leichter freinehmen können.

„So können sie sich problemlos um ihre Angelegenheiten kümmern – von Versicherungsunterlagen zusammensuchen, Keller ausräumen oder Angehörige unterstützen“, so Schumacher. Auch Urlaubstage und Gleitzeit seien von den Kollegen aus den fünf Fabriken abgegeben worden. Zudem haben laut Schumacher einige Mitarbeiter vor, Teile ihres Gehalts zu spenden. Auch ein Hilfsfonds sei eingerichtet worden, auf den einige Partner des Unternehmens bereits Geld eingezahlt hätten.

Das Unternehmen

Seit 1870 fertigt das Familienunternehmen Pfeifer & Langen natürlichen Zucker. Nach Angaben von Unternehmenssprecherin Britta Schumacher arbeiten weltweit etwa 2500 Menschen für Pfeifer & Langen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen mit fünf Standorten in Deutschland eigenen Angaben zufolge 860 Millionen Euro Umsatz. (tom)

Schaden in Millionenhöhe

Weil keine Silos weggerissen wurden und auch die Statik der Gebäude nicht beschädigt worden sei, geht der Schaden laut Schumacher zwar in die Millionen – sei aber in den Griff zu bekommen. Eine Elementarschadenversicherung habe das Unternehmen nicht – einzig eine für Produktionsausfälle. „Eigentlich sollten die Mitarbeiter Kraft für die Rübenkampagne tanken“, so die Unternehmenssprecherin.

Derzeit werde rund um die Uhr am Wiederaufbau des Euskirchener Werks gearbeitet. Handwerker, Techniker, Schlosser aus den eigenen Reihen seien von anderen Standorten in die Kreisstadt gekommen, um Pumpen auszubauen, Maschinen zu ersetzen.

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Solidarität auch von der Kundschaft

Trotz der teilweise zerstörten Infrastruktur hätten die Lieferketten aufrechtgehalten werden können. „Wir haben keinen einzigen Kunden gehabt, der angefangen hat zu verhandeln“, sagt Schumacher. Auch dort habe sich eine große Solidarität breitgemacht – genau wie innerhalb der Mitarbeiterschaft.

Die Partner aus der Landwirtschaft sind teilweise heftig getroffen. Enorme Ernteausfälle sind zu befürchten. Oberdieck sagt aber: „Die Zuckerrübe kann Wasser schon gut ab. Selbst wenn sie drei Tage unter Wasser gestanden hat.“

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