Euskirchener Jungs über Alkohol„Alkohol gehört einfach zum Feiern dazu“

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Trinken bis zum Filmriss: Auf jeder Party gebe es mindestens einen oder eine, die sich komplett mit Alkohol abschießen, so die drei jungen Männer aus dem Kreisgebiet.

Trinken bis zum Filmriss: Auf jeder Party gebe es mindestens einen oder eine, die sich komplett mit Alkohol abschießen, so die drei jungen Männer aus dem Kreisgebiet.

Euskirchen – Die drei Jungs, die sich mit Thomas Stihl, Suchtberater der Caritas Euskirchen, und mir zum Gespräch über ihre Alkoholkonsumgewohnheiten verabredet haben, gehören sicherlich nicht zu jenen, die sich regelmäßig abschießen. Sie wirken besonnen, wissen um die Gefahren und haben medizinische Grundkenntnisse. Justus (17) trinkt sowieso kaum etwas, Frederick und Paul, beide 16, nur in Maßen.

„Ich bin eher die Krankenschwester im Freundeskreis, also derjenige, der bei Partys dann die Volltrunkenen im Arm hält, wenn sie sich übergeben, und neben ihnen sitzen bleibt, wenn sie irgendwo rumliegen und einschlafen“, schmunzelt Frederick (alle Namen geändert). Der 16-Jährige weiter: „Ich trinke schon gerne mit meinen Leuten, aber ich kann Nein sagen, wenn’s genug ist. Und vor allem kann ich auch ohne Alk Spaß haben.“

Dass Alkohol einfach dazu gehört, wenn es ums Feiern geht, darin sind sich die Jugendlichen einig. „Das ist fest verankert, das kann man schlecht erklären“, meint Frederick und er fügt an: „Das ist Tradition. An Karneval zum Beispiel trinken eben alle, auch die Erwachsenen. Warum dann nicht auch wir?“ Strikte Alkoholverbote, wie sie zum Beispiel in Schulen an Weiberfastnacht gelten, werden als Herausforderung gewertet: Wer es schafft, trotz scharfer Kontrollen ein paar Kurze in die Schulfeier zu schmuggeln, wird gefeiert. „Naja, und dann glühen natürlich auch viele einfach vor – das heißt, sie trinken einfach vor der Schule. Und weil man da wenig Zeit hat und es schnell gehen muss, greift man zu Hochprozentigem.“

Thomas Stihl hört den Jungs aufmerksam zu. „Ich höre schon raus, dass das Saufen eine gewisse Funktion hat – anders drauf kommen, lockerer werden, Frust oder Trauer ertränken.“ Die Jungs bejahen. Pascal und Frederick geben zu, dass das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit der Anzahl der Getränke wächst. „Wenn man so Arm in Arm zusammensteht, dann erzählt man sich plötzlich mehr als im Normalzustand. Die Hemmschwelle sinkt einfach“, erklären Paul und Frederick. Vielleicht gerade für Jungs von Bedeutung, fällt es ihnen doch deutlich schwerer über ihre Gefühle zu reden als Mädchen.

Hellhörig werde ich, als die Teenager behaupten, man würde es ihnen aber auch verdammt einfach machen, an den für sie verbotenen Stoff zu kommen: „Im Supermarkt sprechen wir einfach Ältere an, vorzugsweise Männer zwischen 20 und 30 Jahren, die sich noch jugendlich fühlen. Die sagen nie Nein, wenn man sie nett fragt, ob sie einem den Wodka gerade kaufen können.“ Beliebt sei es auch, in Kiosken oder Imbissbuden einfach ein bisschen mehr Geld auf die Theke zu legen, wenn der Verkäufer den Schnaps nicht ohne Weiteres herausgeben will. „Vor ein paar Tagen waren wir in einer Bar in Euskirchen. Als wir härtere Drinks bestellt haben, wurden wir nur gefragt, ob wir schon 18 Jahre alt sind – was wir natürlich bejaht haben, und dann bekamen wir auch, was wir wollten.“

Gegen Ende des Gesprächs gibt Frederick unumwunden zu, dass ihm Alkohol gar nicht schmecke und er davon ausgehe, dass es eigentlich allen Jugendlichen so geht. „Es geht allein um die Wirkung. Und deshalb trinken Jugendliche auch lieber Hochprozentiges, das wirkt eben schneller als Bier.“

Bechern eigentlich nur die Jungs, wenn sie gemeinsam Spaß haben wollen und feiern, will ich wissen. Die drei Jugendlichen lachen lauthals: „Nein, sicher nicht, die Mädels saufen manchmal sogar noch mehr! Vor allem sind sie viel schneller voll!“ Sofort fliegen Namen durch den Raum von jenen, die spektakuläre Abstürze hatten. Ob sie Mädchen mögen, die so betrunken sind? Nein, eher nicht, geben die Jungs zu. „Mädchen finden besoffene Jungs aber auch alles andere als attraktiv“, gibt Thomas Stihl zu Bedenken.

Ich möchte wissen, ob schon mal jemand den Notruf gewählt hat, wenn sich jemand so hat volllaufen lassen, dass faktisch eine Alkoholvergiftung vorlag. Die Jungs verneinen. Da gebe es eine gewisse Scheu, geben sie zu, schließlich würde man demjenigen eine Menge Ärger einhandeln.

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