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Führerschein im LockdownFahrschulen dürfen nur noch sehr eingeschränkt ausbilden

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Fahrschullehrer Thomas Koch (l.) erklärt seinem Schüler kurz vor der Fahrstunde, wie das Lenkrad festzuhalten ist.

Fahrschullehrer Thomas Koch (l.) erklärt seinem Schüler kurz vor der Fahrstunde, wie das Lenkrad festzuhalten ist.

Kreis Euskirchen – Anja Kisters würde jetzt lieber hinterm Steuer sitzen. Stattdessen sitzt sie zu Hause vor dem Laptop im Heim-Studium. Kisters ist 18 Jahre alt und eine von vielen Fahrschülern und Fahrschülerinnen, die derzeit gezwungenermaßen Pause machen müssen.

Denn die Corona-Schutzverordnung trifft auch die Fahrschulen. Momentan dürfen nur die Personen Fahrstunden nehmen, die dafür berufliche Gründe vorweisen können. Berufskraftfahrer zum Beispiel. Auch diejenigen, die vor dem verschärften Lockdown im Dezember die Hälfte der erforderlichen Fahrstunden absolviert hatten, dürfen noch weiter unterrichtet werden. Das Verkehrsministerium habe diese Zahl bei 15 Fahrstunden angelegt, berichtet Thomas Koch. Er leitet die Euskirchener Fahrschule, in der auch Kisters ihren Führerschein macht. Sie war zum Zeitpunkt der Verordnung bei zwölf Fahrstunden und damit raus.

Verständnis für die Maßnahmen

Für die Maßnahmen habe sie Verständnis, sagt sie. Die Infektionszahlen müssten sinken. Dennoch befürchtet sie, dass sie durch die Pause zurückfallen wird. „Gerade am Anfang war man ja auch angespannt“, berichtet sie. Nun hat sie Sorge, dass diese Nervosität zurückkommen könnte. Sie werde sicher ein paar Fahrstunden mehr brauchen als geplant, sagt sie.

Fahrschulen müssen entscheiden

Ob ein Schüler oder eine Schülerin wirklich berufsbedingt einen Führerschein brauchen, das müssen die Fahrschulen kontrollieren. Ein Umstand den sowohl Thomas Koch als auch Manfred Milz stört. Denn es gebe dort keine Richtlinie. Der Begriff sei ähnlich schwammig wie der der Systemrelevanz, sagt Koch.

Grundsätzlich müssen sich die Fahrschulen die berufliche Notwendigkeit bescheinigen lassen. Er habe da auch schon Bescheinigungen von Eltern erhalten, berichtet Milz.

In der Theorie könne es sein, dass irgendwann einmal jemand kontrolliere, ob diese Bescheinigungen alle gültig seien, sagt Koch. Aber zunächst seien die Fahrschulen dabei auf sich allein gestellt. Hilfe gibt es derzeit nur von dem hier zuständigen Fahrlehrerverband Nordrhein, der eine Einschätzung zu den Regelungen abgibt. Die kann sich aber auch im Laufe der Zeit ändern. So zählen seit Anfang Februar für den Verband nun auch solche Fahrschüler zu den Ausnahmen, die den Führerschein für ihr Studium brauchen. (jre)

Ein Schicksal, dass sie mit vielen teilt und das auch finanzielle Folgen hat. Denn mehr Fahrstunden kosten auch mehr Geld. Darum müsse sie sich zum Glück keine Sorgen machen, sagt Kisters. Ihre Eltern finanzierten ihr den Führerschein und hätten bereits gesagt, dass es okay sei, wenn sie mehr Stunden brauche als geplant. Aber sie könne sich gut vorstellen, das es für andere nicht so einfach sei. Schließlich gebe es im Moment ja auch keine Möglichkeit sich über einen Minijob etwas dazu zu verdienen.

Finanzielle Sorgen um sein Unternehmen macht sich Koch noch nicht. Allerdings hat er wie viele andere Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Noch sei das alles zu verkraften, berichtet er. Doch wenn die Zwangspause über den 15. Februar hinaus gehe, werde es irgendwann schwierig. Denn bald seien die Fahrschüler fertig, die bereits die Hälfte der Stunden vor dem Lockdown absolviert hatten. Und es gebe nicht sehr viele, die berufsbezogen einen Führerschein machen müssten. Seit Beginn des Jahres habe er bereits ein Drittel weniger Anmeldungen verzeichnet.

„Tote Hose“ in der Fahrschule

Ähnlich sieht das auch sein Kollege Manfred Milz aus Marmagen. In vier bis acht Wochen sei bei ihm in der Fahrschule spätestens „tote Hose“. „Die Ungewissheit ist das Problem“, sagt er. Ein Satz, den man in diesen Tagen häufig hört.

Koch sieht noch ein weiteres Problem: Bald müssten die Hilfen aus dem ersten Lockdown zurückgezahlt werden. Das könne kleinere Fahrschulbetriebe in diesen Zeiten durchaus sehr belasten. Als bedrückend beschreibt auch Kisters ihre Situation. Es sei blöd so in der Schwebe zu hängen. Ein Ziel zu haben, auf das man nicht zu arbeiten.

Daran weiterarbeiten können derzeit hauptsächlich die Schüler im Theorieunterricht. Den können Koch, Milz und Kollegen nach wie vor anbieten. Allerdings nur online. Doch das werde kaum angenommen. Von zehn Schülern, sei da vielleicht einer anwesend, sagt Milz. Auch Koch berichtet, dass die Auslastung sinkt. In seiner Fahrschule findet der Theorie-Unterricht seit März dauerhaft online statt. Am Anfang sei das auch sehr nachgefragt gewesen, doch in den vergangenen Wochen sinke die Teilnehmerzahl. Und noch etwas ist ihm aufgefallen. „Die Durchfallquote bei den Theorieprüfungen geht in Richtung 50 Prozent.“ Der Anstieg sei deutlich zu spüren.

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Dennoch sieht Koch auch Vorteile beim Online-Unterricht. „So bequem wie um Moment geht es selten“, sagt er. Milz sieht das anders. Er würde lieber wieder in seinen Räumlichkeiten unterrichten. Er könne ja auch die Gruppen deutlich verkleinern und eine FFP2-Masken-Pflicht einführen. Immerhin säßen bei den derzeitigen Fahrprüfungen ja auch zum teil vier Personen in einem Auto, da könne er doch auch vier Schüler in einem 30 Quadratmeter großem Raum unterrichten.

Und noch etwas anders regt ihn auf. Er könne nur Schüler und Schülerinnen zur theoretischen Prüfung anmelden, die alle erforderlichen Unterlagen eingereicht hätten. Dazu gehöre eine gültige Bescheinigung über einen Erste-Hilfe-Kurs. Nur bietet das Deutsche Rote Kreuz im Kreis Euskirchen derzeit keine an.

Im Sommer habe es einige Kurse geben können, berichtet Rolf Klöcker vom DRK. Jedoch mit nur begrenzter Teilnehmerzahl, er könne sich vorstellen, dass einige Führerscheinanwärter da leer ausgingen. Milz stört, dass die Bescheinigung Prüfungsvoraussetzung ist. So hätten viele eine lange Pause zwischen Unterricht und Prüfung Man könne die Bescheinigung doch später nachreichen, schlägt er vor.

Die Theorieprüfungen können nämlich aktuell stattfinden. Das geschehe auf Termin beim TÜV, berichtet Koch. Natürlich mit Maske und unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln.

Kisters hat ihre Theorieprüfung bereits im vergangenen November bestanden. Und sie darf auch bald wieder hinters Steuer. Denn seit neuestem zählen auch studiumsbedingte Führerscheine zu den berufsbedingten (siehe Kasten). Auch wenn Uni-Veranstaltungen aktuell hauptsächlich Online stattfinden. Kisters ist das egal. Sie freue sich, dass sie bald wieder hinters Steuer darf.

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