Gemüsekisten sind der RennerNachfrage steigt um bis zu 90 Prozent

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Eine reich gefüllte Lieferkiste mit Bio-Ware präsentiert Jochen Gerden vom Dürener Biolandhof.

Eine reich gefüllte Lieferkiste mit Bio-Ware präsentiert Jochen Gerden vom Dürener Biolandhof.

  • In Zeiten von Corona boomt die Nachfrage nach Hauslieferungen von Gemüsekisten und anderen frischen Lebensmitteln.
  • Vieles deutet auf einen anhaltenden Trend hin, lokale Produzenten und Vermarkter zu unterstützen.
  • Auch im Kreis Euskirchen zeichnet sich dieser Trend deutlich ab.

Kreis Euskirchen – Schon seit 2003 fährt Jürgen Gerden vom Biolandhof Gerden in Düren seine Gemüsekisten und Bioprodukte direkt zu den Kunden, auch im Euskirchener Raum. Die ganze Familie hilft, die durch Corona um 40 bis 50 Prozent gestiegene Nachfrage nach Hauslieferungen zu bedienen. Auch studentische Hilfskräfte sind mit von der Partie. „Das ist im Moment eine riesige Anstrengung und kaum zu bewältigen“, berichtet Gerden.

Der Dürener wäre froh, wenn der Boom nicht nur ein kurzfristiger Trend ist: „Wir hoffen, dass am Ende der Corona-Einschränkungen viele gemerkt haben, wie wichtig lokale Produzenten und Händler sind und uns erhalten bleiben.“

Nachfrage ist um rund 90 Prozent angestiegen

Der Laden am Siechhaus in Zülpich bietet schon seit einigen Jahren an, Waren nach Hause zu liefern. Obst- und Gemüsekisten, Milchprodukte oder Säfte werden bis vor die Tür gebracht. Lange Zeit war die Nachfrage gering. Jetzt ist sie sprunghaft um rund 90 Prozent angestiegen, berichtet Florian Esser. Auch ihm hilft die gute Zusammenarbeit mit der ganzen Familie.

Kontaktloses Bezahlen und Liefern

Gemüsekisten werden im jeweiligen Online-Shop ausgewählt oder individuell zusammengestellt. Meist können weitere Nahrungsmittel aus dem Sortiment hinzugefügt werden. Geliefert wird in Pfandkisten, die wieder vor die Tür gestellt werden. Bezahlt wird kontaktlos per Überweisung oder Bankeinzug.

Engpässe bei Bio-Produkten gibt es zurzeit genau wie überall. Mehl, Hefe, Nudeln oder Eier erfreuen sich einer sehr hohen Nachfrage.

Neben dem Schutz vor Infektionen bietet der Lieferservice noch einen weiteren Vorteil: Anders als im Supermarkt tätigt man weniger Spontankäufe.

Interessierte erhalten auf den jeweiligen Internetseiten der Läden und Höfe mit Lieferservice weitere Informationen. (fkn)

www.bioland-gerden.de

www.siechhaus.de

www.obst-gemuesebau-frueh.de/onlineshop

www.bollheim.de

www.taubentalerhof.de

Um die Kosten für die Abnehmer gering zu halten, werden in dieser Ausnahmezeit für kleinere Bestellmengen weder Liefergebühren berechnet noch Mindestbestellmengen verlangt. Lieferengpässe bei Waren gibt es im Laden am Siechhaus bislang nicht, zumal „es jetzt ja auch immer stärker mit den heimischen Produkten losgeht“. Auch Esser hofft, dass sich die regionalen Lebensmittellieferungen nach Corona auf einem hohen Niveau halten können.

Trend zur Gemüsekiste

Dem Trend zur Gemüsekiste hat sich aktuell auch der Hof Obst-Gemüsebau Früh in Rheinbach angeschlossen, der auch das Euskirchener Gebiet beliefert. Bei Heinz-Josef Früh muss ein Mindestbestellwert von 15 Euro eingehalten werden – erst ab 25 Euro ist die Lieferung kostenlos.

Hans von Hagenow, einer von vier Geschäftsführern vom Haus Bollheim und Ortsvorsteher von Zülpich-Oberelvenich, hat nicht vorgehabt, einen Lieferservice für die Bioprodukte des Hofes auf die Beine zu stellen. „Das erfordert eine wahnsinnige Logistik“, sagt er. „Und die Mitarbeiter sind eh schon sehr belastet“, stellt er mit Blick auf die Maßnahmen, die wegen Corona ergriffen werden mussten, fest.

Bereitwillige Solidarität für Schwächere

Auf Anregung seiner Tochter hat von Hagenow folgendes Angebot initiiert: Kunden des Hofladens können für ältere und hilfsbedürftige Menschen den Einkauf übernehmen und ihnen die Ware nach Hause bringen. Auf der Homepage wurde ein Aufruf gestartet, sechs hilfsbereite Bürger meldeten sich. Jedoch: Bislang wurde dieses Angebot nicht wahrgenommen. Von Hagenows Erklärung: „Die Älteren im Dorf wollen auch gerne mal raus.“

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Wie bereitwillig die Mitmenschen in dieser Ausnahmesituation Solidarität mit den Schwächeren zeigen, erfährt Hagenow im Laden. Die Einkaufsmengen werden dort teilweise beschränkt. Wenn sich jemand dann doch den Wagen vollgeladen hat, stellt sich meist heraus, dass er für andere einkauft.

Vorteil sowohl für Kunden als auch für die Höfe

Gemüsekisten und Lieferungen heimischer Händler und Produzenten können nach diesen Beobachtungen auch langfristig ein Vorteil sowohl für Kunden als auch für die Höfe sein. Gewinner sind jetzt schon die Umwelt und der Infektionsschutz. Im Hinblick auf die Ökologie ist es ein großer Unterschied, ob 50 Haushalte zum Laden fahren oder ein Fahrzeug 50 Haushalte beliefert. Und die Verringerung direkter Kontakte zwischen Kunden und Verkäufern kann man im Hinblick auf Corona gar nicht hoch genug einschätzen.

Auch der Taubentaler Hof steigt zunehmend in den Lieferservice ein. Seine Milchprodukte werden schon längere Zeit bis an die Tür gefahren. Die Nachfrage nach diesem Lieferangebot ist in der Corona-Krise um rund 30 Prozent gestiegen, sagt Landwirt Christoph Gerden. Und das tut seinem Betrieb in Kall sehr gut. Er habe sowieso vorgehabt, die Lieferung an Endkunden in Menge und Angebot zu erweitern. Fahrer gebe es genug.

Besondere Milch für besondere Ansprüche

Gerden beliefert vor allem Großabnehmer wie Kaufland, Rewe, Edeka und Hit. Er gehört zu den wenigen Landwirten, für die sich die Milchproduktion tatsächlich noch lohnt. Das liege daran, dass er seit 2016 eine besondere Milch produziert, die A 2-Milch. „Das ist sozusagen die ursprüngliche Milch. Sie ist bekömmlicher von den Eiweißen her“, sagt er über die Milchqualität. Untersuchungen, die den Unterschied zur herkömmlichen A 1-Milch belegten, laufen zwar noch, aber viele Kunden würden bereits jetzt Wert auf die A 2-Variante legen.

Mit der Umstellung auf die besondere Milch packte Gerden auch noch ein weiteres Projekt an: Er investierte in eine Molkereianlage und kann so seine Milch selbst abfüllen und Produkte wie Quark, Natur-Joghurt und Schnittkäse herstellen. Für die nötigen Milchmengen sorgen 140 Kühe, die sich tagsüber im Weidegang befinden. Die Hühner des Taubentaler Hofes werden in einem speziellen Hühnermobil gehalten, mit dem sie von Ort zu Ort gefahren werden. Die Tiere tummeln sich so stets auf frischen Wiesen.

„Stellt uns einfach alles vor die Tür!“

Bisher können Kunden Gemüse nur auf dem Taubentaler Hof selber kaufen. Auf Anfrage wird zu den Milchprodukten aber auch Gemüse mitgeliefert. Geplant ist ein regulärer Einstieg ins Gemüsekisten-Geschäft. Nach Einschätzung des Landwirtes wollen in Zeiten der Pandemie viele Kunden nicht mehr in Geschäften einkaufen.

„Die Menschen haben wirklich Angst“, meint Gerden, der immer öfter den Satz hört: „Stellt uns einfach alles vor die Tür!“ Damit die sensiblen Milchprodukte nicht an einer sonnigen Haustür verderben, müssen sich Kunden eine Kühlbox inklusive Kühlakkus anschaffen oder von Gerden zur Verfügung stellen lassen.

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