Heimbacher Ausschuss bejubeltPolitik lehnt geplantes Vlattener Windpark-Repowering ab

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Heimbach lehnt Windpark Repowering ab_2

Mit zahlreichen Transparenten marschierten die Projektgegner in den Heimbacher Ratssaal.

Heimbach – Die beiden Bürgerinitiativen aus Vlatten und Berg, die gegen das geplante Repowering von acht Windrädern bei Vlatten protestieren, haben am Donnerstagabend einen ersten Teilerfolg errungen. Der Heimbacher Stadtentwicklungsausschuss sprach sich bei zwei Gegenstimmen gegen das Vorhaben aus, dort fünf jeweils fast 200 Meter hohe Windräder zu errichten. Diese Entscheidung wurde von den zahlreichen Bürgern, die zur Sitzung erschienen waren, mit lautem Jubel begrüßt.

Eine Stunde vor der Sitzung hatten die Bürgerinitiativen am Seerandweg gegen das Projekt demonstriert. Auch Kinder hielten Transparente mit der Aufschrift „Keine Windriesen“ in die Höhe. Auf anderen Plakaten war zu lesen: „Hasenfeld läuft Sturm, Solidarität mit Vlatten und Berg“ oder „Dorffrieden statt Profit“. Als dann vor Beginn der Ausschusssitzung die Bürger in den Saal strömten, zeigte auch ein Polizeibeamter Präsenz – wohl um zu verhindern, dass etwas aus dem Ruder laufen könnte.

Rechtliche Einordnung

Zu Beginn der Sitzung bat Ausschussvorsitzender Matthias Dürbaum (SPD) Dr. Felix Pauli von der Kanzlei Lenz und Johlen als juristischen Berater der Stadt Heimbach um eine rechtliche Einordnung der Problematik. Pauli wies darauf hin, dass die Stadt Heimbach zwar das Einvernehmen nach dem Baugesetzbuch verweigern könne, dass die Genehmigungsbehörde des Kreises Düren dieses jedoch ersetzen – und damit trotzdem eine Baugenehmigung erteilen könne. Pauli: „Entweder der Kreis genehmigt oder aber er lehnt ab. Im letzteren Fall könnte der Projektierer klagen.“

Er wies darauf hin, dass es nach dem Flächennutzungsplan (FNP) von 1999 in dem Projektgebiet eine Höhenbegrenzung für die Windräder von 75 Metern gebe. Im Einzelfall könne demnach von der festgelegten Maximalhöhe abgewichen werden, wenn aufgrund eines Windgutachtens dargelegt werde, dass einzelne Anlagen nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Diese Regelung wurde bereits großzügig ausgelegt. Derzeit haben die dortigen Windräder eine Höhe von bis zu 135 Metern. Die neuen Räder sollen jedoch bis zu 200 Meter hoch werden.

Bürger jubeln

Für die CDU äußerte sich anschließend Jochen Weiler, sachkundiger Bürger, Jurist und Ortsverbands-Vorsitzender, zur Problematik. Seine Partei habe wegen des Repowerings sehr mit sich gerungen. Man habe nur wenige Wochen Zeit gehabt, sich darüber eine Meinung zu bilden. Mittlerweile habe man jedoch große Bedenken. Das Projekt tangiere Denkmal- wie Landschaftsschutz und den Erholungswert der Region in unzulässiger Weise.

Sowohl die Bürgerinitiative als auch der Projektierer hatten sehr unterschiedliche Fotomontagen erstellt, um zu zeigen, wie sich die neuen Räder größenmäßig auswirken würden. Weiler vermutete, dass beide unrealistisch seien. Unter dem Jubel der Bürger verkündete er dann, dass die Union kein Einvernehmen erteilen werde.

Kultur und Tourismus sind betroffen

Holger Beck von den Grünen erklärte daraufhin, die ihm vorgelegten Gutachten könne er nachvollziehen. Lediglich die Tatsache, dass die Anlagen nicht mit der im Immissions-Gutachten vorgesehenen Leistung von 4 MW, sondern mit 4,5 MW betrieben werden sollten, hielt er für problematisch. Seine Fraktion könne deswegen aber das Einvernehmen nicht verweigern.

Josef Jörres machte es für die UWV kurz und knapp: „Mit gesundem Menschenverstand kann man dem Projekt nicht zustimmen.“

Für die SPD sagte Matthias Dürbaum, seine Fraktion sei kein Gegner von Windkraftanlagen. Man könne den betroffenen Bürgern, die gegen das Repowering seien, aber nicht vorwerfen, sie agierten nach dem St. Florians-Prinzip, denn sie hätten ja schon seit fast 20 Jahren mit den bestehenden Windrädern gelebt. Das Projekt sei schädlich für Kultur und Tourismus, und auch der Flächennutzungsplan spreche dagegen. Man stimme also nicht zu. Auch Christoph Kast von der FDP votierte dagegen.

Sitzung endete mit Eklat

Zu einem Eklat kam es, als CDU-Fraktionsvorsitzender Heinz Breuer im Rahmen der Sitzung von Bürgermeister Peter Cremer wissen wollte, wieso die Politiker am 28. März im Ausschuss nicht informiert worden seien, dass sie bis zum 20. Mai gegenüber dem Kreis eine Stellungnahme abgeben müssten. Falls der Bürgermeister Informationen zurückgehalten habe, missbillige man dies „aufs schärfste“. Cremer räumte nach einem kurzen, heftigen Disput schließlich mit Bedauern ein, dass ihm ein Fehler passiert sei. Er habe von dem Schreiben am 28. März gewusst, diese Information aber aus Versehen nicht weitergegeben. Dies trug ihm Buhrufe der Bürger ein.

Die Verwaltung wurde beauftragt, dem am 16. Mai tagenden Rat folgende Empfehlung vorzulegen: „Der Stadtentwicklungsausschuss empfiehlt der Stadtvertretung, wegen erheblicher Zweifel, dass das Vorhaben dem geltenden Planungsrecht entspricht und auch andere öffentliche Belange beeinträchtigt, das Einvernehmen zu versagen.“

Das Umweltamt des Kreises entscheidet

Wolfgang Spelthahn (CDU), der Landrat des Kreises Düren, hat natürlich auch mitbekommen, dass die Bürgerinitiative „Vlatten läuft Sturm“ allen Gegnern des Repowerings empfohlen hat, dass sie sich auch bei ihm über das Projekt beschweren sollten. Spelthahn: „Ich werde von jeder Menge Bürger persönlich angeschrieben, die mir ihre Sorgen vortragen. Das nehme ich als Landrat sehr ernst und leite alles zur Prüfung weiter.“

Um Verständnis bittet er allerdings auch dafür, dass er sich als Landrat in einer Zwickmühle befinde. Spelthahn: „Es handelt sich um ein rechtsstaatliches Verfahren. Der Kreis Düren als untere staatliche Verwaltungsbehörde hat diverse Aufsichts- und Betreuungsfunktionen. Das ist strikt von der Politik zu trennen.“

Die negativen Beurteilungen aus Heimbach, aber auch aus Zülpich und Mechernich beträfen sicherlich gewichtige Aspekte, die in die Prüfung des Vorhabens mit einfließen. „Entscheiden wird aber nicht die Politik, sondern allein das Umweltamt des Kreises Düren“, so der Landrat. Und dies werde das Amt im technischen Dezernat 4 rein nach rechtlichen Gesichtspunkten tun. Spelthahn: „Dieses muss die Argumente der Städte und Gemeinden, die Bedenken der Bürger und die Belange eines Investors unter den Gegebenheiten gesetzlicher Auflagen miteinander in Abgleich bringen.“

„Würde ich meine Meinung zum Maßstab machen, wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet“, so Spelthahn. Und: „Es ist recht einfach, Stimmung gegen etwas zu erzeugen.“ Er werbe jedoch dafür, Dinge unvoreingenommen zu prüfen. (pe)

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